Ruth Freitag: Bringt Hochleistungszellen zum Leuchten

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Ruth Freitag, Professorin am Lehrstuhl für Bioprozesstechnik an der Universität Bayreuth, bringt Zellen zum Leuchten. Quelle: R. Freitag

03.11.2010  - 

Ruth Freitag hat eine elegante und kostengünstige Methode entwickelt, um – im übertragenen Sinne - die molekulare Spreu vom Weizen zu trennen. Im Fokus steht die Herstellung hocheffizienter Zelllinien, die als Produktionsmaschinerie für therapeutisch wirksame Proteine wie Insulin oder Wachstumsfaktoren dienen. Mit dem neuen Verfahren kann die Professorin der Universität Bayreuth schnell und simpel die im Promillebereich liegenden, proteinproduzierenden Hochleistungszellen von denjenigen Zellen trennen, die kaum oder gar nichts herstellen. Dabei spielt ein nobelpreisgekröntes Protein die Hauptrolle.

Eigentlich galt Ruth Freitags Interesse zunächst nicht der Biologie:  In den 70er Jahren interessierte sie sich viel mehr für Mechanismen  von Molekülen und studierte Chemie in Hannover. Heute eröffnet die 1961 in Bremen geborene Spezialistin für Bioprozesstechnik mit ihrer Technik sowohl der Forschung als auch der Wirtschaft neue Perspektiven. Denn die Produktion vieler Medikamente erfolgt heute mithilfe von Bakterien oder Zellen. Ruth Freitag arbeitet vor allem mit speziellen tierischen Zellen, die vom Hamster stammen. Die Vorteile dieser CHO-Zellen liegen aus ihrer Sicht auf der Hand. „Tierische Zellen machen einen für den Menschen optimaleren Feinschliff und daraus hergestellte Proteine sind somit noch besser verträglich“,  sagt die Leiterin einer 12köpfigen Arbeitsgruppe.  

Lehrstuhl für Bioprozesstechnik

Unter dem Motto "Von der Forschung in die Anwendung" arbeitet das Team von Ruth Freitag am Lehrstuhl für Bioprozesstechnik an der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften der Universität Bayreuth.

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Ruth Freitag hat die zellulären Produzenten schon seit ihrer Zeit als Nachwuchswissenschaftler an der Yale Universität (USA) im Visier. Ihr Ziel: therapeutische Eiweiße hocheffizient damit herstellen und die Prozesse bestmöglich optimieren. „Zur Herstellung muss zunächst das Gen von Interesse in die Wirtszelle eingeschleust werden und sich in die Erbsubstanz einbauen,“ erläutert die Professorin am Lehrstuhl für Bioprozesstechnik an der Universität Bayreuth. Und genau hier liegt die Crux: Der ideale Einbau des neuen „Kochrezepts“ in das Erbgut der Zelle kommt nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit vor. „Die Erfolgquote im Sinne einer wirklich guten Produktionszelle liegt im Promillebereich,“ erläutert die Forscherin. Und diese erfolgreich transfizierten Zellen müssen nun noch aus der „Suppe“ von Milliarden schlecht produzierender Zellen gefischt und vermehrt werden. Genau diese Aufgabe erfordert eine Eselsgeduld und sehr viel Zeit: Vor allem Wissenschaftler an Universitäten, die ohne Hochdurchsatzgeräte ihre Arbeit verrichten, benötigen oft Monate bis Jahre, ehe eine gute Zelllinie hergestellt ist.   

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Turboproduzenten: Zielprotein und GFP gehen Hand in Hand in eine Zelle

Die Idee, wie sich Hochleistungszellen besonders gut auffinden lassen, hat  Ruth Freitag zu der Zeit entwickelt, als sie an der ETH in Lausanne (Schweiz) als Professorin gearbeitet hat. Ihr Helfer ist ein ganze besonderes Eiweiß: das grün fluoreszierende und nobelpreisgekrönte Green Fluorescent Protein (GFP). „Wir koppeln das Gen des Zielproteins mit dem des grün leuchtenden Proteins,“ erklärt Freitag, die inzwischen auch dreifache Mutter ist. Bei einer erfolgreichen Transfektion bauen die Zellen so beide Gene in ihr Erbgut ein und leuchten dann umso mehr, je besser sie produzieren. "Das kann man schon mit bloßem Auge unter dem Mikroskop erkennen“, so die Forscherin. Und was passiert mit dem GFP? Auch hier hat Freitag  gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen Valérie Jérome und Denise Freimark eine elegante Lösung gefunden: Man nehme eine GFP-Variante, die in der Zelle bleibt, während das Protein von Interesse in den Überstand abgegeben wird.   

Autorin: Andrea van Bergen

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