Humangenom: Zehn Jahre nach der ersten Sequenz

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Am 26. Juni 2000 wurde die erste Arbeitsversion des entschlüsselten menschlichen Erbguts präsentiert. Schon bald sollen die Genome von vielen tausend Menschen entziffert werden. Quelle: National Human Genome Research Institute

25.06.2010  - 

Vor zehn Jahren ist die Genomforschung mit einem Paukenschlag ins Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit gerückt: Am 26. Juni 2000 präsentierte der US-Unternehmer Craig Venter gemeinsam mit seinem staatlich geförderten Forscher-Konkurrenten Francis Collins eine erste Rohversion des entschlüsselten menschlichen Erbguts. Eine Dekade nach der Zeremonie im Weißen Haus hat sich der Hype um den Humancode gelegt, erst allmählich hält das Wissen um die Erbinformation Einzug in die Medizin. Die größten Auswirkungen sind einer aktuellen Wissenschaftler-Umfrage des Fachmagazins Nature (24. Juni 2010, Bd. 465, S. 1000) zufolge die rasanten Fortschritte in der Sequenziertechnik und in der Bioinformatik. Pünktlich zum Humangenom-Jubiläum starten neue Mega-Projekte: In dem Projekt UK10K sollen die Genome von 10.000 Briten entschlüsselt werden. Und das BMBF wird mit insgesamt 15 Millionen Euro weitere Verbundprojekte im Rahmen des Internationalen Krebsgenomkonsortiums fördern.

Historische Termine sind in der Forschung rar. Der 26. Juni 2000 markiert einen echten Meilenstein in der Genomforschung:  US-Präsident Bill Clinton hatte die beiden Forscher Craig Venter und Francis Collins eigens in den East Room des Weißen Hauses geladen. Seite an Seite verkündeten die beiden Rivalen einen Erfolg: Die erste Entzifferung des menschlichen Erbguts war geschafft. Zwar handelte es sich seinerzeit noch um eine grobe und lückenhafte Karte der Abfolge der insgesamt drei Milliarden Bausteine der menschlichen DNA. Dennoch frohlockte der US-Präsident: „Ohne Zweifel halten wir hiermit die wichtigste und wundervollste Karte in den Händen, die Menschen jemals erstellt haben. Die Genomwissenschaft wird die Diagnose, Prävention und die Behandlung der meisten, wenn nicht aller menschlichen Krankheiten revolutionieren.“

Das Genom befeuerte vor allem die Grundlagenforschung

Zehn Jahre später ist es deutlich ruhiger um das menschliche Genom geworden. Die angekündigte Revolution im Kampf gegen Krankheiten kommt zumindest nur langsam in Gang. Erst nach und nach scheint das Wissen um die humane Genomsequenz medizinisch Früchte zu tragen:

Dossier: Zehn Jahre Humangenom

Zum Zehnjährigen der ersten menschlichen Erbgut-Sequenz hat die Redaktion von biotechnologie.de  umfangreiches Hintergrundmaterial zusammengestellt. Darin finden Sie mehr Informationen zum historischen Wettlauf um den ersten Humancode, was Forscher aus unserem Erbgut gelesen haben und wie das Humangenomprojekt Forschung und Medizin beeinflusst hat.

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Auf Basis des Gen-Katalogs werden inzwischen neue Medikamente entwickelt. Für bestimmte Genvarianten sind molekulare Tests für die Vorsorge und die Therapieplanung entstanden. Doch immer noch vergehen Jahre bis sie Anwendung im klinischen Alltag finden. Dieser Ansicht sind zumindest mehr als 900 Biowissenschaftler und Mediziner, die die Fachzeitschrift Nature anlässlich des Genom-Jubiläums befragt hat. Nahezu 60 Prozent der Befragten sehen vor allem die biologische Grundlagenforschung als den größten Nutznießer des damaligen Mammutprojekts. Nur für 20 Prozent der Befragten trifft das auch für das Gebiet der klinischen Medizin zu. Die größten Auswirkungen hatte das Humane Genomprojekt nach Ansicht der Experten auf die Weiterentwicklung der Sequenzierungstechniken und den Bereich der Bioinformatik. Für das Gros der befragten Wissenschaftler (35 Prozent) wird die personalisierte Medizin, die Menschen anhand ihres individuellen DNA-Profils behandeln will, erst in zehn bis 20 Jahren Routine im Krankenhausalltag werden.

Rasante Sequenzierer ermöglichen neue Mega-Projekte

Das Humagenom-Projekt (HUGO) brachte neben den Aussichten auf Fortschritte in der Medizin auch vor allem rasante Verbesserungen in der Sequenziertechnik. Schaffte eine moderne Sequenziermaschine im Jahr 2000 gerade einmal 6.000 DNA-Bausteine pro Tag, bewältigen Automaten der neuesten Generation 30 Milliarden Nukleotide. Im Schnitt hat sich die Lesegeschwindigkeit um den Faktor 50.000 beschleunigt. Mithilfe der enormen Lesepower hoffen Forscher nun, mit hoher Präzision im Genom eines jeden Patienten nach krankmachenden oder gesundheitsförderlichen Genvarianten zu fahnden. 

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Dossier: Jubiläum-Zehn Jahre Humangenom

Mit der neuen Technik werden neue Mega-Genomprojekte möglich, die vorher undenkbar schienen. Um die genetischen Ursachen von Tumorerkrankungen besser zu verstehen, will zum Beispiel das „Internationale Krebsgenom-Konsortium“ (ICGC) die Genome von 50 Krebsarten entschlüsseln. Wie am 22. Juni bekannt wurde, werden sich nun insgesamt drei deutsche Forschungsverbünde an dem internationalen Mega-Projekt beteiligen. Schon seit Januar diesen Jahres beschäftigt sich einer der Verbünde mit der Genom-Analyse von kindlichen Hirntumoren (mehr...). Neu hinzu kommen nun Forschungsverbünde zu Prostatakrebs und zu malignen Non-Hodgkin-Lymphomen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt die beiden neuen Projekte mit insgesamt 15 Millionen Euro. Das Zentrum für die Genom-Sequenzierung wird das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg sein. Erst kürzlich gab das DKFZ bekannt, es werde in Kooperation mit der Firma Life Technologies die größte Sequenzierungskapazität bundesweit aufbauen (mehr...).

Zum Jubiläum 10.000 britische Genome im Visier

Pünktlich zum zehnjährigen Humangenom-Jubiläum kündigte auch die britische Forschungsförderinstitution Wellcome Trust den Start eines ehrgeizigen Megaprojekts an. Unter dem Titel „UK10K“ sollen in den nächsten drei Jahren die  Erbinformationen von 10.000 britischen Patienten entschlüsselt werden. Für das Projekt soll das wichtigste Sequenzier-Zentrum auf der Insel, das Wellcome Trust Sanger Institute, insgesamt 10,5 Millionen britische Pfund (12,7 Mio. Euro) erhalten.

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