Holger Zinke: Pionier der Weißen Biotechnologie
27.10.2008 -
Nachhaltigkeit. Was für viele nach einem abgenutzten Politikerwort klingt, ist für Holger Zinke eine Herzensangelegenheit. „Nachhaltigkeit ist nicht nur richtig, sondern auch wichtig“, ist so einer seiner Sätze. Bei dem 45-Jährigen stehen sie nicht im luftleeren Raum. Die Biologisierung der Industrie, der Einsatz ressourcenschonender Biokatalysatoren – Zinke hatte dieses Thema bereits vor 15 Jahren auf der Agenda, als der Begriff der Weißen Biotechnologie noch gar nicht erfunden war.
Heute ist Zinke Chef der BRAIN AG im hessischen Zwingenberg. Ein Vorzeigeunternehmen, das sich als vergleichsweise kleiner Akteur zwischen den großen Konzernen behauptet und für die Nutzung des natürlichen Werkzeugkastens wirbt. Mit Erfolg. Über die Jahre hinweg hat Zinke sein Unternehmen zum Wachsen gebracht – auf inzwischen rund 70 Mitarbeiter. 50 Kooperationen hat die BRAIN AG bereits gestemmt. Kaum ein namhafter Industriekonzern, der nicht Kunde bei den Zwingenbergern ist.
BRAIN AG |
Gegründet 1993, ist Holger Zinkes Biotechnologie-Unternehmen mittlerweile zu einem der erfolgreichsten Vertreter der Branche aufgestiegen. Zur Webseite der BRAIN AG: www.brain-biotech.de |
Auszeichnung mit Deutschem Umweltpreis 2008
Diese Entwicklung war der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) nun eine besondere Würdigung wert. DBU-Generalsekretär Fritz Brickwedde hat Holger Zinke persönlich für den mit 500.000 Euro dotierten Deutschen Umweltpreis 2008 vorgeschlagen. Der Unternehmer teilt sich die Auszeichnung mit Ernst Ulrich von Weizsäcker, dem Chef der Bren School für Umweltwissenschaften in Santa Barbara, USA. Beide haben den Preis am 26. Oktober in einer Festveranstaltung in Rostock aus den Händen von Bundespräsident Horst Köhler erhalten. „Die Weiße Biotechnologie wird bei uns nicht zum ersten Mal mit dem Preis bedacht“, sagt Stefanie Heiden, Referatsleiterin Biotechnologie bei der DBU.
Schon immer habe man die in der Öffentlichkeit oftmals umstrittene Biotechnologie in allen ihren Facetten unterstützt. Beim Umweltpreis sei es in diesem Jahr vor allem um die Kombination aus Ökologie, Ökonomie und Sozialem gegangen. „Während Ernst Ulrich Weizäcker hierbei den ökologisch-theoretischen Überbau vertritt, steht Holger Zinke für Unternehmertum mit Augenmaß. Beide sind in diesem Sinne Pioniere und Schrittmacher des nachhaltigen Wirtschaftens“, fasst Heiden zusammen.
In der Branche wird der Preis auch als Signal verstanden. „Wir freuen uns für Holger Zinke und für die Weiße Biotechnologie, die damit noch ein weiteres Stück ins öffentliche Rampenlicht rückt“, sagt Alfred Oberholz, Vorstandmitglied Evonik Industries AG. „Zinke ist ein ungeschliffener Edelstein, davon müsste es noch mehr geben.“ Viele, die mit Holger Zinke zusammenarbeiten, schätzen seinen Pragmatismus, seine Orientierung auf Ergebnisse. „Das zeichnet ihn wirklich aus“, findet Karl-Heinz Maurer von der Henkel AG & Co. KGaA, der ebenso wie Zinke zum Kreis der Initiatoren des Industrieverbunds Mikrobielle Genomik (IMG) gehört. Maurer sieht in Zinke aber auch einen hervorragenden Öffentlichkeitsarbeiter: „Als einer der wenigen Unternehmer in Deutschland, die sich ausschließlich mit Weißer Biotechnologie beschäftigen, gibt Holger Zinke dem Thema ein Gesicht.“
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Wie der Zufall zur Biologie führt
Für Zinke ist der Preis vor allem Bestätigung seines eingeschlagenen Kurses: „Eine solche Auszeichnung zu erhalten, ist überwältigend und gibt natürlich enormen Rückenwind.“ Rückenwind für eine Entwicklung, die nicht immer geradlinig verlaufen ist. Die Biologie nämlich ist dem Sohn eines Uhrmachers per Zufall über den Weg gelaufen. So hat ein Buch der Photosynthese beim 19-jährigen Bundeswehrsoldaten Zinke überhaupt erst die Begeisterung geweckt. „Vorher wollte ich Brücken bauen und Bauingenieur werden“, sagt Zinke. Das Thema Aufbauen lässt ihn aber auch an der TU Darmstadt nicht los, wo der Biologe mit Schwerpunkt Mikrobiologie bei Professor Hans Günter Gassen „summa cum laude“ promoviert hat. Der 30-Jährige dachte, dass „es auch ein Leben außerhalb des Labors geben muss“.
Das Unternehmen „Biotechnology Research And Information Network (BRAIN)“ entstand. Ohne Businessplan und Finanzinvestoren – und ohne Labore. „Wir waren zunächst eine reine Beratungsgesellschaft, haben langsam Partnerschaften aufgebaut. Aber irgendwann mussten die entwickelten Konzepte auch umgesetzt werden“, erinnert sich Zinke. Dann erst sei auch die technologische Komponente der Firma etabliert worden. Die Suche nach neuen Räumlichkeiten mit Platz für Labore führt den begeisterten Fan historischer Technik und Architektur schließlich in die hessische Provinz nach Zwingenberg, zu einem alten Industriebau im Bauhausstil. „Dieses Haus hat unsere Unternehmenskultur stark beeinflusst“, ist sich Zinke sicher. Und es deutet an, wo er die Zukunft seiner Firma sieht: „Eines Tages wollen wir ein Industrieunternehmen sein.“