Einen Becher Joghurt gegen Krebs

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Besonders viel Resveratrol enthält die Haut von roten Weintrauben. Quelle: Nutrition Research Center

13.03.2009  - 

Resveratrol kommt bisher nur in einigen Pflanzen vor - wie dem Knöterich und der Weintraube. Wenn die Untersuchungen eines deutschen Forscherverbunds in den kommenden drei Jahren aber positiv verlaufen, könnte der Naturstoff Resveratrol auch bald in Joghurt oder Getränken zu finden sein. Denn dem Naturstoff wird nachgesagt, möglicherweise die Ausbreitung von Krebs zu unterbinden. Lebensmittel mit Resveratrol wären daher ein Paradebeispiel für "Functional Food", also Nahrungsmittel mit Zusatznutzen. Das BMBF unterstützt die Kooperation zwischen Forschung und der Wirtschaft mit 200.000 Euro. Zunächst wollen die Forscher herausfinden, ob Resveratrol tatsächlich die Entwicklung von Darmkrebs unterbinden kann.

Resveratrol - das "Wundermittel aus der Natur": Der sekundäre Pflanzenstoff aus der Gruppe der Polyphenole, der zum Beispiel in Weintrauben vorkommt, hat in den vergangenen Jahren große Hoffnungen ausgelöst. Bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen wurden dem Antioxidans in diversen Studien schon  segensreiche Wirkungen zugeschrieben. So soll Resveratrol nicht nur bei Arteriosklerose, Herzkrankheiten, Arthritis und einigen Autoimmunkrankheiten helfen, sondern auch das Leben verlängern. Auch als natürlicher Krebskiller wird die Substanz gehandelt. Denn unter Laborbedingungen hat sich gezeigt, dass Resveratrol die Abtötung von Krebszellen unterstützen kann.

Tumorzellen vermeiden den programmierten Zelltod

Beschädigte oder entartete Zellen werden im Körper eigentlich in den Selbstmord getrieben. Gewisse Botenstoffe lösen eine Kaskade von Ereignissen aus, die zum programmierten Zelltod führen, der sogenannten Apoptose. Tumorzellen, die aufgrund ihrer unkontrollierten Wucherung eigentlich aussortiert werden müssten, haben  allerdings einen Weg gefunden, der Apoptose zu entgehen. Dabei ist ihnen unter anderem die Substanz NF-κB (Nukleärer Faktor kappa B) behilflich. NF-κB ist bei vielen zellulären Vorgängen im Körper anzutreffen und regelt das Auslesen von mehreren Genen. In Tumorzellen verhindert NF-κB die Apoptose.

Resveratrol

Im japanischen Staudenknöterich wurde die Substanz aus der Gruppe der Polyphenole erstmals nachgewiesen. Die Pflanze wird in der traditionellen japanischen und chinesischen Medizin zur Behandlung von Hautentzündungen und Herzerkrankungen angewandt. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Resveratrol, als der US-Forscher David Sinclair 2003 in Nature (2003, Ausg. 425, S. 191-196) berichtete, dass das Flavanoid durch Kalorienentzug die Lebensspanne der Bierhefe Saccharomyces cerevisiae deutlich verlängerte. In den USA gibt es mittlerweile Resveratrolpräparate als Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen.

Nun kommt Resveratrol ins Spiel. Das Antioxidans wird von Pflanzen zur Abwehr von Pilzen, Bakterien oder Umweltgiften eingesetzt. Für Krebszellen scheint es dagegen eher schädlich zu sein. Wie aus einigen Studien hervorgeht, könnte Resveratrol unter bestimtmen Umständen nämlich NF-κB hemmen und damit den Weg frei zu machen für den programmierten Zelltod der Tumorzellen. Ein Forschungsverbund will diese Hinweise nun überprüfen.

Funktionale Lebensmittel mit Zusatznutzen

Wissenschaftler der Tierärztlichen Hochschule Hannover, der Technischen Universität Braunschweig, der Universität Potsdam sowie der Breko GmbH wollen in den nächsten drei Jahren die krebspräventive Wirkung von Stoffen prüfen, die mit dem Antioxidans Resveratrol verwandt sind.  Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt "Oligomere Resveratrole als neue Functional Food Ingredients" im Rahmen der Fördermaßnahme „Biomedizinische Ernährungsforschung“ mit 200.000 Euro.

"Sekundäre Pflanzenstoffe zählen zu den Hoffnungsträgern in der Chemoprävention von Krebserkrankungen", erklärt Professor Steinberg, Leiter des Instituts für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Resveratrol ist beispielsweise in Weintrauben, Himbeeren oder Erdnüssen enthalten. Die höchsten Konzentration konnten bisher in roten Weintrauben nachgewiesen werden.

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Förderbeispiel: In vino fungus est

Doch selbst der regelmäßige Genuss von frischgepresstem roten Traubensaft dürfte nach Ansicht von Wissenschaftler nicht ausreichen, um einen nennenswerte Wirkung zu erzielen. Wenn es nun gelänge, den Stoff in größeren Mengen zu isolieren, könnte er in Lebensmittel wie Joghurts oder Getränken zum Einsatz kommen und der Vorbeugung von Krebs dienen. Das hoffen die Wissenschaftler des Verbundprojekts, die sich zunächst auf die Prävention von Darmkrebs konzentrieren wollen.

Nanoverkapselung schützt den Wirkstoff

Eine gute Quelle zur Gewinnung des notwendigen Resveratrols sind Weinrebensprösslinge, die beim Zurückschneiden der Reben in großer Menge anfallen. Die Breko GmbH hat für den Markt der Narhungsergänzungsmittel einen Weinrebenextrakt entwickelt, der verschiedene Resveratrolverbindungen enthält. Um die Aufnahme im Körper zu verbessern, wurde dieser Extrakt nanoverkapselt. Nanoverkapselungen haben die Funktion, den Wirkstoff zu umschließen und ihn erst an einem bestimmten Ort freizusetzen, an dem er kontrolliert seine Wirkung entfalten kann.

BREKO GmbH

Das Bremer Unternehmen Breko stellt Weine, Spirituosen und Nahrungsergänzungsmittel für die Industrie her.

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Der Weinrebenextrakt und die verkapselte Form dieses Extraktes sollen in dem Projekt untersucht und verglichen werden, um zu zeigen, ob die Verbindungen geeignet sind, in funktionellen Lebensmitteln als krebsverhinderndes Mittel eingesetzt zu werden. Einige der Resveratrolverbindungen, die in den Extrakten vorkommen sind noch wenig erforscht. Es gibt aber Voruntersuchungen, die darauf hinweisen, dass sie zum Teil sogar ein größeres krebspräventives Potential haben könnten als Resveratrol selbst.

Die Wissenschaftler hoffen, mit den nanoverkapselten Resveratrolverbindungen Kolorektalkarzinom, also Krebs im Dick- und Mastdarm, vorbeugen zu können. Darmkrebs ist die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Die Zahl der Menschen, die hierzulande jährlich an dieser Krebsart erkrankt, wird auf über 70.000 geschätzt. Rund 31.000 Menschen sterben jährlich an Darmkrebs.Das Kolorektalkarzinom tritt zu 95 Prozent nach dem 50. Lebensjahr auf. Nur fünf bis zehn Prozent dieser Tumore sind genetisch bedingt, mindestens 90 Prozent sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Einfluss von Umwelt- und Ernährungsfaktoren zurückzuführen. Das lässt die Forscher hoffen, dass die Einnahme geeigneter Substanzen eventuell die Entstehung von Tumoren unterbinden kann. 

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