BioPharma-Wettbewerb: 100 Millionen Euro für drei Siegerkonsortien

Alle BioPharma-Gewinner auf einen Blick:  Ihnen stehen zunächst jeweils 20 Millionen Euro zur Verfügung. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Alle BioPharma-Gewinner auf einen Blick: Ihnen stehen zunächst jeweils 20 Millionen Euro zur Verfügung.

29.09.2008  - 

Bei der Entwicklung neuer Medikamente ist die Biotechnologie nicht mehr wegzudenken, doch bislang stammen nur wenige Biotech-Präparate aus Deutschland. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Sommer 2007 den BioPharma-Wettbewerb gestartet. Unternehmerisch geführte Konsortien aus Wissenschaft und Wirtschaft waren aufgerufen, Ideen für neuartige strategische Konzepte vorzulegen, die die Entwicklung von Medikamenten effizienter machen.

Im Jahr 2007 haben nach Angaben des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (VfA) Medikamente aus Biotechnologie-Laboren mit 4 Milliarden Euro zu 15% des Gesamtumsatzes der Pharmaindustrie in Deutschland beigetragen. So werden biotechnologische Impfstoffe zur Prävention von Krankheiten verwendet oder rekombinante Proteine zur Behandlung von Patienten mit chronischen, schweren und seltenen Krankheiten eingesetzt. Fast alle heutzutage erhältlichen Biotechnologie-basierten Medikamente stammen allerdings nicht aus Deutschland. Aus diesem Grund hatte das BMBF vor einem Jahr die Pharma-Initiative für Deutschland ins Leben gerufen. Wichtigstes Element ist der BioPharma-Strategiewettbewerb.  "An deutschen Instituten wird exzellente Grundlagenforschung geleistet. Damit aus den guten Ideen der Forscherinnen und Forscher auch Medikamente und Therapien werden, brauchen wir eine bessere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Dazu geben wir Impulse", sagte BMBF-Staatssekretär Frieder Meyer-Krahmer bei der BioPharma-Preisverleihung in Berlin. Aus seiner Sicht sei damit die Basis geschaffen, um den Standort Deutschland voranzubringen. „Wir werden damit langfristig vielleicht nicht die Apotheke der Welt, aber zumindest eine der Apotheken der Welt“, so Meyer-Kramer zuversichtlich.

Nach der Preisverleihung gab es reichlich Stoff für Gespräche im Foyer der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin.Lightbox-Link
Nach der Preisverleihung gab es reichlich Stoff für Gespräche im Foyer der Kaiserin-Friedrich-Stiftung in Berlin.Quelle: biotechnologie.de
Große Resonanz: 37 Bewerbungen gingen an den Start

Beim BioPharma-Wettbewerb waren Konsortien aus kleinen und großen Unternehmen, sowie Partnern aus Wissenschaft und Klinik gefragt, die sich mit einer gemeinsamen Strategie für eine effektive Medikamentenentwicklung einsetzen. Die Resonanz war groß: Insgesamt 37 Bewerbungen gingen in der ersten Runde ein. Eine international besetzte, unabhängige Jury wählte daraus schließlich im Januar 2008 zehn Konsortien aus, die für vier Monate bis zu 100.000 Euro erhalten haben, um detaillierte Konzepte auszuarbeiten.

Aus den zehn Finalisten wurden nun drei Siegerkonsortien im feierlichen Rahmen in Berlin gekürt: das Max-Planck Drug Discovery & Development Center, NeuoAllianz und Neu2. Für sie stellt das BMBF in den kommenden fünf Jahren insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung. Die Vergabe der Gelder erfolgt dabei in zwei Stufen. „ Auf diese Weise sollen die Konsortien zunächst einmal eine kritische Masse schaffen. Nach drei Jahren erfolgt eine Zwischenevaluation“, erläuterte Juryvorsitzender Manfred Zoltobrocki. So gibt es in einer ersten Runde jeweils 20 Millionen Euro pro Team. Nach drei Jahren erfolgt eine Evaluation, nach der über die möglichen weiteren 40 Millionen Euro entschieden wird. „Die Qualität der Bewerbungen war sehr hoch“, sagte Juryvorsitzender Manfred Zoltobrocki, Geschäftsführer der Lux Biosciences GmbH. „Da auch die Konzepte der Siegerkonsortien mit Risiken verbunden sind, wollten wir die Chance nutzen, nach drei Jahren zu sehen, wie erfolgreich die Sieger in der Realität sind. Das ist quasi ein Wettbewerb im Wettbewerb, der auch Ansporn sein soll“, so Zoltobrocki.

Juryvorsitzender Manfred Zoltobrocki stellte die drei Siegerkonsortien vor.Lightbox-Link
Juryvorsitzender Manfred Zoltobrocki stellte die drei Siegerkonsortien vor.Quelle: biotechnologie.de
Unternehmensverbände begrüßen Wettbewerb

Die Unternehmensverbände von Pharma- und Biotechnologiebranche begrüßten den Wettbewerb. „Initiativen wie diese fallen in Deutschland auf einen fruchtbaren Boden. Immerhin sind bei der Produktion von Biopharmazeutika bereits weltweit die Nr. 2 nach den USA“, betonte Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller. Um diese Position zu halten, seien aber weitere Kraftanstrengungen nötig. „Allein in Deutschland fließen täglich 12 Millionen Euro in die Erforschung neuer Arzneimittel. Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Euro so effizient wie möglich ausgegeben wird“. Auch der im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) vertretene Mittelstand bewertete den Wettbewerb positiv. „Biopharmazeutika sind für uns eine Chance für die Zukunft, insbesondere auch im Hinblick auf Biosimilars“, sagte Richard Ammer, stellv. Vorsitzender des BPI. Aus Sicht der Biotechnologie-Firmen setzt BioPharma am richtigen Hebel an. „Er unterstützt die Zusammenarbeit zwischen Pharma-Industrie und Biotech-Branche. Das wird Deutschland helfen, den Platz an der Weltspitze der Medikamentenentwicklung zurückzuerobern“, sagte Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland.

Matthias Stein-Gerlach und Jörn Erselius von Max-Planck-Innovation GmbH koordinieren das prämierte DDC.Lightbox-Link
Matthias Stein-Gerlach und Jörn Erselius von Max-Planck-Innovation GmbH koordinieren das prämierte DDC.Quelle: biotechnologie.de
Max Planck Drug Discovery & Development Center

Zu den Siegern gehört unter anderem das  „Max Planck Drug Discovery & Development Center“ (DDC). Das von der Max-Planck-Innovation koordinierte Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, kommerziell interessante, frühe therapeutische Forschungsprojekte aus Max-Planck-Instituten und anderen Forschungseinrichtungen effizienter als bisher zum Markt zu führen. Das Center besteht aus zwei Bausteinen: dem bereits im Juni in Dortmund gegründeten Lead Discovery Center  sowie der Development GmbH, die zum Jahreswechsel 2008/2009 gestartet werden soll.  Letztere soll vor allem über einen Fonds finanziert werden, in dem private Investoren sowie die Pharma-Industrie eingebunden sind.  „Wir haben bereits von vielen Seiten positive Signale erhalten. Wir peilen ein Volumen von etwa 100 Millionen Euro an“, erläuterte Matthias Stein-Gerlach von der Max-Planck-Innovation GmbH. Wer den Fonds führen wird, soll im November bekanntgegeben werden. Das Fundraising übernimmt Inventive Capital aus London.
Mehr Informationen zum Siegerkonsortium

Alexander Pfeifer und Christa Müller vom Pharmazentrum Bonn stoßen auf den Sieg ihres Konsortiums NeuroAllianz an.  Lightbox-Link
Alexander Pfeifer und Christa Müller vom Pharmazentrum Bonn stoßen auf den Sieg ihres Konsortiums NeuroAllianz an. Quelle: biotechnologie.de
Neuroallianz

Das ebenfalls prämierte Konsortium „Neuroallianz“ hat wiederum ein strategisches Partnerschaftsmodell zwischen öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen, Pharma-Industrie, Biotechnologie-Firmen sowie regulatorischer Behörde entworfen, das alle Glieder der Wertschöpfungskette abbildet. Die zwölf Beteiligten  – darunter Schwarz Pharma als Pharmapartner – wollen sowohl therapeutische als auch diagnostische Ansätze zur Behandlung von neurodegenerativen Erkrankungen von der Forschung bis zum Markt bringen. „Der thematische Fokus ergibt sich aus dem Know-How, der in unserer Region bereits vorhanden ist und den wir weiter stärken wollen“, sagte Christa Müller vom Pharma-Zentrum Bonn als eine der Koordinatoren des Verbundes. „Anders als sonst oft bei Public-Private-Partnerships im biomedizinischen Umfeld üblich, sind wir, also die akademischen Partner, auf Augenhöhe und an allen Stufen der Entwicklung beteiligt“, so Müller. Dies habe bei der Vorauswahl der Partner eine entscheidende Rolle gespielt, ergänzt Alexander Pfeifer, ebenfalls vom Pharmazentrum Bonn. Ein weiterer Schwerpunkt des Konsortiums liegt bei der Aus- und Weiterbildung. So soll der wissenschaftliche Nachwuchs bereits früh an industrierelevante Fragestellungen der Arzneimittelentwicklung herangeführt werden.
Mehr Informationen zum Siegerkonsortium

Roland Martin vom UKE und Timm Jessen von bionamics freuen sich über die 20 Millionen für ihr Konsortium Neu2.Lightbox-Link
Roland Martin vom UKE und Timm Jessen von bionamics freuen sich über die 20 Millionen für ihr Konsortium Neu2.Quelle: biotechnologie.de
Neue Wirkstoffe gegen neurologische Erkrankungen (Neu2)

Große Freude gab es auch in Norddeutschland. Das zunächst auf die Krankheit Multiple Sklerose fokussierte Konsortium Neu2 hat sich zum Ziel gesetzt, therapeutische und diagnostische Ansätze zur Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose von der Grundlagenforschung bis zum Markt zu bringen. Beteiligt sind unter anderem das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Evotec und die Merck KGaA. Mit der bionamics GmbH soll ein inhaltlich unbeteiligter Partner die Koordinierung übernehmen. Dort wird auch ein Fonds angesiedelt sein, der sich aus Gelder von Merck sowie der ebenfalls beteiligten IBP AG gespeist wird. Letztere verwaltet Kapital der Deutschen Bank, das in deutsche IP investiert wird. „Bisher wurde dort in der Biotechnologie kein Geld ausgegeben, das soll sich jetzt ändern“, sagt Timm Jessen, Geschäftsführer der bionamics und Koordinator des Konsortiums. Vom Volumen her werde ein zweistelliger Betrag anvisiert, deutlich mehr sei jedoch von Merck zu erwarten. „Die Gelder werden projektweise angelegt und bereits jetzt beginnen die Verhandlungen darüber, wer in welche investiert“, so Jessen. Das Konsortium versteht sich als Modell für den Aufbau eines risikofinanzierten Life-Science-Projekt-Portfolios, das sich in seiner Anfangszeit innerhalb der neurologischen Erkrankungen auf eine Indikation konzentriert. Jessen: „Wenn es sich trägt, dann sind wir für weitere Partner offen“
Mehr Informationen zum Siegerkonsortium


Gewinner

Die Gewinner des BioPharma-Wettbewerbs im Überblick:

Max-Planck Drug Discovery & Development Center: mehr
NeuroAllianz: mehr
Neu2 : mehr

Mehr Infos zum BioPharma-Wettbewerb hier