Pflanzen kämpfen mit raffinierten Mitteln gegen Schädlinge

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Fraßschäden an Limabohnen-Blättern. Links nach Behandlung mit Jasmonsäure, rechts unbehandelte Blätter. Quelle: Max-Planck-Gesellschaft

26.03.2007  - 

Pflanzen haben einen ausgeklügelten Weg entwickelt, sich gegen Schädlinge wie Raupen und Käfer zu verteidigen: Mit der gezielten Produktion von Duftstoffen locken sie bei einem Befall die Feinde ihrer Feinde an, also hungrige Raubinsekten, die die Blattfresser vernichten. Diese Kommunikation haben Martin Heil von der Universität Duisburg-Essen und sein Kollege Juan Carlos Silva Bueno nun erstmals unter natürlichen Umständen untersucht. Wie sie im Fachmagazin Proceedings of the National Academies of Science (PNAS) (Online-Ausgabe, 7. März 2007 berichten, regt dieser Duft offenbar auch die Nektarproduktion der Nachbarpflanzen an und schützt sie ebenfalls vor einem Befall durch Parasiten. Dass Pflanzen sich durch selbst produzierten Blattnektar vor Fraßfeinden schützen, könnte neue Möglichkeiten beim biologischen Pflanzenschutz bieten.

Zahlreiche Pflanzen reagieren auf Fraßschäden durch Insekten mit der Produktion von Duftstoffen (volatile organic compounds, VOCs) oder extrafloralem Nektar (EFN), also Nektar aus Nicht-Blütenpflanzen. Beide Reaktionen signalisieren Fraßschädlinge auf der Pflanze und locken daher Raubinsekten wie Wespen oder Ameisen an, die die Feinde der Pflanze ihrerseits als Nahrung nutzen. Dieses Anlocken der Feinde von Feinden ist somit eine indirekte Verteidigung der Pflanze und funktioniert als eine Art Immunsystem, mit dem sich die Pflanze gegen den Angriff durch Parasiten gezielt zur Wehr setzt. Dieses Phänomen der wechselseitigen Beeinflussung aufeinander bezeichnet man auch als Mutualismus, oder auch lockere Symbiose, also eine Beziehung, die für beide Lebewesen vorteilhaft ist, wobei sich die Partner aber ohne weiteres wieder trennen und einzeln leben können.

Wie die Forscher um Heil von der Universität Duisburg-Essen in PNAS berichten, hatten bisherige Feldstudien an der Limabohne (Phaseolus lunatus) in Mexiko bereits gezeigt, dass dieser Mechanismus der Pflanze in der Natur wirklich nutzt. Die neuen Experimente haben nun bewiesen, dass die Pflanzen darüber hinaus über die Nektarproduktion auch mit benachbarten Pflanzen „kommunizieren“. Wenn die Forscher die Duftproduktion einer Pflanze mit dem Pflanzenhormon Jasmonsäure anregten, konnten sie folgendes beobachten: Gab die Pflanze VOCs ab, aktivierten benachbarte Pflanzen ihre EFN-Sekretion, obwohl sie selbst noch gar keine Fressschäden hatten. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass die Limabohne die ausgesendete Information ihrer bereits attackierten Nachbarpflanzen also nutzen kann, um ihre eigene Abwehr entsprechend anzupassen. In Experimenten konnten sie zeigen, dass Limabohnen, die sich neben angefressenen Ranken befinden, besser wachsen und weniger angefressen werden. „Aber wieso warnt eine Pflanze damit ihre Nachbarin, die ja auch Konkurrentin ist“, fragt sich der Botaniker und Pflanzenökologe Heil, der vor seiner Berufung nach Duisburg-Essen im Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde, mit dem speziell junge Nachwuchswissenschaftler für fünf Jahre ein Weg zu einer wissenschaftlichen Selbstständigkeit mit der Leitung einer eigenen Nachwuchsgruppe eröffnet werden soll.

Duftstoffe sind die Hormone der Pflanzen

Das Phänomen der „Talking Trees“, also der Kommunikation zwischen Pflanzen, ist Wissenschaftlern schon länger bekannt. Bisher ist es aber nicht gelungen, herauszufinden, welches Mittel sie zur Kommunikation nutzen. „Den Gasfluss zwischen beschädigten und unbeschädigten Teilen hat bisher einfach keiner kontrolliert. Duft könnte das übertragende Signal sein“, schließt Professor Heil aus seinen Forschungen an der Limabohne in Mexiko. „Eigentlich dienen die Duftstoffe dazu, die Nachbarblätter innerhalb der eigenen Pflanze zu warnen“, erklärt er. Duftstoffe haben in der Pflanze dann die gleiche Funktion wie Hormone im menschlichen Körper. Wenn dieser Duft auch eine fremde Pflanze in unmittelbarer Nachbarschaft erreicht, deutet diese das Signal und beginnt ebenfalls mit der Nektarproduktion, um sich prophylaktisch vor dem Übergriff der blattfressenden Insekten zu schützen.

Natürliche Schädlingsbekämpfung statt Chemie?

Die Erkenntnis, dass Pflanzen sich durch selbst produzierten Blattnektar vor Fraßfeinden schützen, könnte nun neue Möglichkeiten beim biologischen Pflanzenschutz bieten. Daher wollen Heil und seine Kollegen jetzt prüfen, ob sich die gezielte Stimulation der Blattnektar-Produktion oder die Zucht von Blattnektar produzierenden Pflanzen als natürliche Form der Schädlingsbekämpfung nutzen lässt. Dass dies ein vielversprechender Weg ist, zeigen ähnliche Studien am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena, die die Duftkommunikation bei Schädlingsbefall anhand von Maispflanzen untersuchen. Vor einem Jahr berichteten sie ebenfalls in PNAS, dass diese Fähigkeit sogar nur in einem einzigen Gen lokalisiert ist.

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Weiterführende Informationen

Pflanzen haben einen raffinierten Mechanismus entwickelt, sich vor Schädlingen zu schützen: Mit der gezielten Abgabe von bestimmten Duftstoffen locken sie die Feinde ihrer Feinde an und verteidigen sich damit bei Schädlingsbefall selbst. Diesen Mechanismus haben jetzt Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemische Ökologie in Jena gemeinsam mit Schweizer Kollegen der Universität Neuchatel am Beispiel der Maispflanze biochemisch untersucht.

Pflanzen locken bei Gefahr die Feinde ihrer Feinde an

Lehrstuhl von Prof. Martin Heil an der Universität Essen

Abstract der Originalveröffentlichung in PNAS