BMBF investiert 100 Millionen Euro in weiße Biotechnologie

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In der weißen Biotechnologie werden Ansätze erforscht, die Tricks von Mikroorganismen für industrielle Zwecke zu nutzen. Quelle: BRAIN AG

21.12.2006  - 

Mikroorganismen sind teilweise extreme Überlebenskünstler der Natur und haben sich im Laufe ihrer Entwicklung die vielfältigsten Eigenschaften angeeignet. Unternehmen der weißen Biotechnologie greifen auf diese nahezu unerschöpfliche Quelle zurück und versuchen, die Tricks der Mikroorganismen für industrielle Prozesse im Chemie- oder Pharmabereich zu nutzen. Um die Forschung der weißen Biotechnologie in Deutschland nachhaltig zu unterstützen und zusätzliche Gelder aus der Wirtschaft zu mobilisieren, stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden fünf Jahren insgesamt 100 Millionen Euro zur Verfügung. Die Gelder fließen dabei in zwei Förderinitiativen: "GenomikPlus - Genomforschung an Mikroorganismen" und "BioIndustries 2021".

Seien es Enzyme für die Waschmittelproduktion oder Bakterien für die Medikamentenherstellung - schon heute entstehen durch die Verbindung aus Lebens- und Ingenieurwissenschaften eine Vielzahl von industriellen Produkten mithilfe von biotechnologischen Verfahren. Wie die Firmenumfrage von biotechnologie.de Anfang des Jahres ergeben hat, waren zum Jahresende 2005 rund 60 Unternehmen (von insgesamt rund 500 Biotech-Firmen) in der weißen Biotechnologie beschäftigt. Und die Entwicklung geht immer weiter voran. So ermöglicht das zunehmende Verständnis der physiologischen und regulatorischen Vorgänge von Zellen einen immer breiteren Einsatz biologischer Systeme für technische Lösungen, um industrielle Produktionen und Verfahren umweltschonender oder wirtschaftlicher zu gestalten. Aus diesem Grund erfährt die weiße Biotechnologie derzeit eine rasante Entwicklung und Experten schätzen das weltweite Umsatzvolumen bis zum Jahr 2010 auf weltweit 50 Milliarden Euro. Bislang ist das Potenzial der weißen Biotechnologie in Branchen wie der Chemie-, Pharma-, Textil-, Papier- und Lebensmittelindustrie aber noch längst nicht ausgeschöpft. Einer der Gründe wird in dem hohen technologischen und wirtschaftlichen Risiko gesehen, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung von Hochschulen und Forschungsinstituten bis hin zur Anwendungsreife zu entwickeln.

Um das Tempo zu beschleunigen, haben sich nun 16 Unternehmen aus der Pharma-, Chemie- und Ernährungsindustrie und der Biotechnologie im „Industrieverbund Mikrobioelle Genomforschung“ unter einem Dach zusammengeschlossen. Großkonzerne wie Degussa, Bayer, Schering, Südzucker, Henkel oder Milupa arbeiten dabei Hand in Hand mit forschenden Biotech-Unternehmen wie Brain oder Direvo. Die Idee für eine gemeinsame Vorgehensweise entstand aus dem BMBF-Förderprogramm GenoMik heraus, in dessen Rahmen seit 2001 Wissenschaftler an Hochschulen und in Unternehmen gemeinsam Projekte zur Genomforschung an Mikroorganismen durchführten. Nun wird dieses Programm als "GenoMikPlus" bis zum Jahr 2009 weitergeführt - für die ersten Projekte hat das BMBF bereits 21 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig kooperieren die darin eingebundenen Wirtschaftsvertreter im gemeinsamen Industrieverbund, um das Potenzial von Mikroorganismen und deren genombasierte Analyse effektiver für die Industrie weiterzuentwickeln und steuern hierzu ebenfalls 21 Millionen Euro bei.

Um eine enge Verzahnung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geht es auch in der BMBF-Initiative "BioIndustries 2021". Hierbei sollen bis zu drei strategische Cluster in Deutschland mit bis zu 60 Millionen Euro für fünf Jahre unterstützt werden, um die Lücke zwischen universitärer Grundlagenforschung auf der einen und Anwendungen von Mikroorganismen in der Industrie auf der anderen Seite zu schließen. Oberstes Ziel ist hier die Einbindung der verschiedensten Beteiligten – neben Forschungseinrichtungen und Unternehmen auch Banken oder Wagniskapitalgeber. In einer ersten Stufe des Wettbewerbs wird die Erstellung eines Cluster-Konzeptes gefördert. Bis zum 8. November 2006 konnten die Bewerber ihre Ideenskizzen einreichen - jetzt hat eine internationale Jury die besten sechs ausgewählt. Mit einem Zuschuss von bis zu 30.000 Euro sollen sie in den nächsten Monaten ihre Konzepte weiterentwickeln. Daraus werden dann in der zweiten Stufe des Wettbewerbs die besten drei Konzepte zur Förderung ausgewahlt. Insgesamt stehen dem BMBF 60 Millionen Euro zur Verfügung, die in den kommenden fünf Jahren investiert werden können. Ebensoviele Gelder sollen dabei aus der Wirtschaft mobilisiert werden.

Folgende Cluster-Initiativen werden in der ersten Stufe BioIndustrie 2021 gefördert:

"Industrielle Prozesse mit biogenen Building Blocks und Performance Proteinen"
BioM Biotech Cluster Development GmbH, 82152 Martinsried


"Cyclische Peptide und Depsipeptide aus höheren Pilzen: Eine wenig untersuchte Wirkstoff-Gruppe mit vielversprechenden Anwendungsmöglichkeiten in Landwirtschaft, Pharma und Tiergesundheit"
Institut für Biotechnologie und Wirkstoff-Forschung, 67663 Kaiserslautern


"Integrierte BioIndustrie: Entwicklung eines Clusterkonzepts zur Entwickung einer Strategie zum Einsatz der Weißen Biotechnologie in ausgewählten Industriebranchen"

Frankfurt Bio Tech Alliance e.V., 60438 Frankfurt


"Weiße Biotechnologie für Innovation und Nachhaltigkeit WeBINa2021"

Creavis Science to Business Center  Biotechnologie, 45764  Marl

"Nachhaltige Biokatalyse auf neuen Wegen"
TUTech Innovation GmbH, 21079 Hamburg


"Biopolymere / Biowerkstoffe: lösungsorientiert - länderübergreifend - kompetent"

BIOPRO Baden-Württemberg GmbH, 70174 Stuttgart

GenoMikPlus

BMBF-Förderprogramm GenoMik-Plus: Tricks der Mikroorganismen nutzen

In drei Kompetenzzentren in Göttingen, Bielefeld und Würzburg haben sich im Rahmen des Förderprogramms "GenoMik" Forscher in Deutschland auf mikrobielle Genomforschung spezialisiert. Diese Projekte werden nun als "GenoMikPlus"-Programm fortgeführt und mit 21 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt.

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