Fotogene Hefe

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Die Alte Universität Marburg „fotografiert“ mit einem Film lichtempfindlicher Hefezellen in der Kulturschale. Quelle: Chemistry & Biology, Renicke et al.

19.04.2013  - 

Einen lichtempfindlichen Rasen aus Hefezellen haben Mikrobiologen der Philipps-Universität Marburg produziert. Dabei haben sie Werkzeuge aus dem aufstrebenden Forschungszweig der Optogenetik eingesetzt. Der Mikrobenfilm lässt sich nun wie Fotopapier belichten– die Forscher haben zum Beispiel die Alte Aula ihrer Universität in beeindruckender Auflösung durch die Hefe abgebildet. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im Fachjournal Chemistry & Biology (2013, Online-Vorabveröffentlichung). 

Prozesse in der Zelle durch Licht von außen steuern – dieses Ziel verfolgt die Optogenetik. Diese Trenddisziplin wird in der Biotechnologie bisher weitgehend genutzt, um die Bildung bestimmter Proteine zu manipulieren. Marburger Zellforscher haben eine Technik entwickelt, den gegensätzlichen Prozess mit Licht zu regulieren: den gezielten Abbau der Eiweiße. Dieser Mechanismus ist aus der Natur bereits gut bekannt. Bestimmte Pflanzenzellen etwa leiten über den lichtinduzierten Proteinabbau die Blütenbildung ein.

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Eiweißabbau per Erleuchtung

Den zelleigenen Abbau übernimmt ein Proteinkomplex namens Proteasom, der die Zieleiweiße in Fragmente teilt. Mikrobiologen um Christof Taxis und Lars-Oliver Essen haben sich dieses zelleigene Programm  zunutze gemacht indem sie das ausgewählte Protein mit einem molekularen Marker als Zielobjekt für die Proteinschere kennzeichnen. Dazu haben die Wissenschaftler zunächst den zelleigenen Lichtsensor der Pflanzenzellen mit einer selbst konstruierten Erkennungssequenz für das Proteasom verknüpft. Das Produkt ist das sogenannte psd-Modul (photosensitive degron). Als Degron bezeichnen Genetiker eine spezielle Erbgut-Sequenz, die den Startpunkt des Proteinabbaus angibt. Dieses psd-Modul wird anschließend mit dem Zielprotein gekoppelt. Bestrahlt man die Zelle mit blauem Licht, verändert der Lichtsensor seine räumliche Struktur, wodurch die Erkennungssequenz für die Abbaumaschinerie zugänglich wird. Das Proteasom baut infolgedessen das gesamte Modul samt Zieleiweiß ab.

Folge 108 porträtiert den Optogenetiker Peter Hegemann.Quelle: biotechnologie.tv

Mit Hefen Fotos schießen

Wie gut das psd-degron funktioniert haben die Forscher effektvoll bei Experimenten mit Bäckerhefe-Zellen (Saccharomyces cerevisiae) veranschaulicht:  Ein bestimmtes Protein, dessen Abbau die Bildung eines roten Farbstoffes bewirkt, versahen sie mit dem psd-Modul. Über eine Schicht dieser Hefezellen legten sie ein Schwarz-Weiß-Fotonegativ der Alten Universität Marburg und bestrahlten es mit blauem Licht. Mit erstaunlich guter Auflösung bildete der rote Farbstoff der beleuchteten Zellen das Positiv des Motivs in der Kulturschale ab. In einem ähnlichen Versuch hinderten die Mikrobiologen die Hefe daran zu wachsen und bildeten so ein Sternmotiv ab. Ihr Photosensor-Marker-Konstrukt kombinierten sie dieses Mal mit einem Wachstumsfaktor der Einzeller, sodass diese bei Bestrahlung nur im schützenden Schatten der Sternschablone gedeihen konnten - Beispiele, die zeigen, welche Vielseitigkeit im Ansatz der Marburger Wissenschaftler steckt.

© biotechnologie.de/bs

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