Schneller Mikroben-Check beim Zahnarzt

Mit sterilen Papierspitzen entnimmt der Zahnarzt Mikroben-Proben aus den Zahnzwischenräumen. Auf einem Chip wird das Material auf die Präsenz von elf Parodontitis-Erregern geprüft. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Mit sterilen Papierspitzen entnimmt der Zahnarzt Mikroben-Proben aus den Zahnzwischenräumen. Auf einem Chip wird das Material auf die Präsenz von elf Parodontitis-Erregern geprüft. Quelle: Fraunhofer IZI

31.01.2013  - 

Bis zu 700 verschiedene Bakterienarten tummeln sich im menschlichen Mund als Teil der natürlichen Mundflora. Gefährlich kann es hingegen werden, wenn elf ganz bestimmte Bakterien im Mund vorkommen. Sie können eine Parodontitis-Erkrankung auslösen, die im schlimmsten Fall zu Zahnverlust führen kann. Bislang ist der Nachweis dieser Mikroben zeitaufwändig und nur in externen Labors durchführbar. Fraunhofer-Forscher wollen den Bakterientest nun beschleunigen: Sie haben einen diagnostischen Chip entwickelt, mit dem eine Parodontitis bereits während des Zahnarztbesuchs festgestellt werden könnte.

Ob beim Zähneputzen oder beim kräftigen Biss in den Apfel: Zahnfleischbluten gehört für manche Menschen schon zum Alltag. Was viele nicht wissen: ein blutendes Zahnfleisch könnte auf eine entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates hindeuten. Etwa 12 Millionen Deutsche leiden an einer Parodontitis - oft gänzlich unbemerkt. Auslöser für diese Entzündung sind bestimmte Mikroben. Sie fühlen sich vor allem in Zahnzwischenräumen und Zahntaschen wohl und greifen hier den Knochen an. Mit der Zeit lockern sich dadurch die Zähne und können ausfallen. Besteht der Verdacht auf eine Parodontitis muss der Zahnarzt bislang von Patienten entnommene Proben erst an ein externes Labor schicken. In den Auftragslaboren werden dann die notwendigen Analysen zum Nachweis von besonders krankheitserregenden Bakterien durchgeführt. Für den Patienten bedeutet das eine ungewisse Wartezeit bis die Ergebnisse feststehen. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) tüfteln derzeit an einer schnelleren Nachweismethode, die einmal Einzug in deutsche Zahnarztpraxen finden könnte.

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Mikroben-Nachweis in nur 30 Minuten

„Bislang dauert eine Analyse rund vier bis sechs Stunden. Mit dem Parochip benötigt man weniger als 30 Minuten“, so Projektleiter Dirk Kuhlmeier. Der Leipziger Forscher hat in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie das Lab-on-a-Chip-Modell ParoChip entwickelt. Bisher gibt es ihn nur als Prototyp, einer CD-ähnlichen Plastikscheibe mit elf Vertiefungen (Mehr dazu in der aktuellen Folge von biotechnologie.tv). „In diese Kammern gibt der Zahnarzt die Proben des Patienten, die er mit zahnstocherähnlicher Papierspitzen entnimmt. Da die notwenigen Reagenzien in den Kammern bereits gefriergetrocknet vorliegen, ist die Analyse besonders schnell.“ Jede der Vertiefungen steht hierbei für einen der elf Parodontitis-Erreger. Selbst geringste DNA-Sequenzen dieser Mikroben können durch die anschließende durchgeführte Realtime-PCR aufgespürt werden. Um die dafür notwendigen extrem schnellen Temperaturwechsel zu ermöglichen, wird der scheibenförmige Kunststoff-Chip auf einen Metallheizblock mit drei Temperaturbereichen gesteckt und automatisch über diese Bereiche gedreht. Nach nur 30 Minuten hat das Gerät die Analyse beendet. So weiß der Zahnarzt bereits nach dieser kurzen Zeit, welche Parodontitis-Erreger vorliegen und kann die antibiotische Behandlung entsprechend abstimmen.In der 107. Folge von biotechnologie.de geht es unter anderem um einen Paradontitis-Chip, der Mundkeime erkennt.Quelle: biotechnologie.tv Der ParoChip hat auch noch einen weiteren Vorteil, so Dirk Kuhlmeier: „Die Kunststoffscheiben lassen sich kostengünstig fertigen und nach dem Gebrauch kann man sie wie Einmalhandschuhe entsorgen. Da so viele zusätzliche Arbeitsschritte wegfallen, kann der ParoChip letztendlich auch zur Kostenreduktion im Gesundheitswesen beitragen.“

Auch EHEC und Norovirus nachweisbar

Mit Hilfe eines Fluoreszenzsignals kann zudem bestimmt werden, wie viele Mikroben einer Art im Mund vorkommen und somit die Schwere der Erkrankung festgestellt werden. Dirk Kuhlmeier ist überzeugt, dass sein Chip-System deshalb auch für anderen Krankheitserreger einsetzbar wäre: „Da wir mit dem angeschlossenen optischen Messsystem Bakterien quantifizieren können, eignet sich ParoChip auch für den Nachweis von anderen Infektionserregern wie bei einer Blutvergiftung oder Lebensmittelkeimen.“ Im Visier hat der Forscher vom Leipziger IZI hier vor allem EHEC und Noroviren. Der schnelle Nachweis ist auch bei schweren Fällen von Parodontitis wichtig: gelangen die aggressiven Bakterien in den Blutkreislauf kann dies ein Krankheitsherd für den ganzen Körper sein. Zudem gilt eine Parodontitis auch als Risikofaktor für Herz-Kreislaufschädigungen, Schlaganfälle und Diabetes.

© biotechnologie.de/al

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