Wochenrückblick KW 46

21.11.2011

Alzheimer: Verräterische Eiweiße in der Nase

Verräterische Eiweiß-Ablagerungen in der Nasenschleimhaut könnten dabei helfen, eine Alzheimer-Demenz frühzeitig zu erkennen.

Das fanden Wissenschaftler in Darmstadt heraus. Wie die Technische Universität am 16. November bekannt gab, lagert sich das Alzheimer-Protein Tau auch in der Nasenschleimhaut ab und kann mit einem jetzt entwickelten Diagnoseverfahren Jahre vor Krankheitsausbruch sichtbar gemacht werden. Das Protein Tau ist nach Ansicht von Forscher maßgeblich an der Entstehung der Alzheimer-Demenz beteiligt. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zum fortschreitenden Absterben von Gehirnzellen. Die Folgen sind Symptome wie Gedächtnisverlust und Orientierungsstörungen, die im Verlauf der Krankheit immer mehr zunehmen. Die Arbeitsgruppe von Boris Schmidt am Clemens-Schöpf-Institut der TU Darmstadt hat nun herausgefunden, dass sich Ablagerungen dieses Proteins möglicherweise bereits vor Krankheitsausbruch in der Nasenschleimhaut nachweisen lassen. „Bisher war lediglich bekannt, dass sich die schädlichen Ablagerungen in den Nervenzellen der Augen zeigen“, so Schmidt. „Daher wurde eine Diagnose per Retina-Scan (mehr...) favorisiert. Dabei sollen fluoreszierende Farbstoffe die Ablagerungen im Auge sichtbar machen.“ Bei Forschungsarbeiten am Farbstoff stellten die Forscher fest, dass dieser auch Ablagerungen in der Nasenschleimhaut sichtbar macht: „Wir haben Tau-Ablagerungen in der Riechschleimhaut und in den Bowman-Drüsen gefunden, die unter anderem das Nasensekret produzieren“, so Schmidt.

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News: Alzheimer: Protein vergisst richtigen Aufenthaltsort

Menschen: André Fischer: Hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge

Da die Veränderungen in der Nasenschleimhaut sehr hoch mit den bei Alzheimer auftretenden Veränderungen korrelieren, erlaube die Untersuchung der Nasenschleimhaut bisher genauere Aussagen über das Krankheitsstadium als ein Retina-Scan. „Ein solcher Zusammenhang konnte bei den Ablagerungen im Auge bislang nicht festgestellt werden“, sagt Schmidt. Zudem würden die Patienten durch die Nasen-Untersuchung weit weniger beeinträchtigt als durch einen Netzhautscan. Eine Vorsorgeuntersuchung könnte auch durch ein Nasenspray erfolgen. In einer klinischen Studie untersuchen die Darmstädter Wissenschaftler nun zunächst die Nasenschleimhaut von 100 Verstorbenen, um den frühestmöglichen Diagnosezeitpunkt feststellen zu können. Die Alzheimer-Krankheit ist nicht heilbar, heutige Therapien können nur das Fortschreiten der Krankheit verzögern. Damit besteht die größte Hoffnung der Patienten in einer frühzeitigen Diagnose. Diese erfolgt momentan über radiologische Verfahren, Berichte von Angehörigen und Gedächtnistests. Das Problem dabei: Wenn die ersten Symptome auftreten, ist das Gehirn bereits stark beschädigt.

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Neuer Interferon-Hemmstoff dank Computersimulation

Mittels Computersimulationen haben Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) einen Interferon-Hemmstoff entdeckt.

Die Substanz soll nun als Leitstruktur für die Medikamentenentwicklung gegen Krankheiten wie die Autoimmunkrankheit Lupus erythematodes dienen. Das berichten die Forscher im Fachmagazin Angewandte Chemie (Online-Veröffentlichung 16. November 2011).

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News: Immuntherapie mit DNA-Schnipseln wirksam

News:Typ III-Interferon schützt Darmzellen vor Viren

In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Institute of Pharmaceutical Science der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich screenten die Immunologen um Nachwuchsgruppenleiterin Zoe Waibler mehr als 500.000 Substanzen. Statt wie üblich per Assay erfolgte die Suche diesmal per Computer: Mit spezieller Software wurden jene Substanzen herausgefiltert, für die eine Wechselwirkung mit dem Interferonrezeptor vorhergesagt werden konnte. „Innovative Ansätze zur computergestützten Proteinstrukturanalyse haben uns die entscheidenden Hinweise gegeben, wo und wie wir suchen müssen", sagte Gisbert Schneider von der ETH Zürich. Nur die sechs vielversprechendsten Kandidaten wurden ausgewählt und von den PEI-Forschern in Zellkulturassays eingesetzt. Zwei Testsubstanzen schieden jedoch schon gleich zu Beginn wegen mangelnder Löslichkeit aus. Unter den vier verbliebenen niedermolekularen Hemmstoffen landeten die Forscher gleich einen Volltreffer: „Wir waren selbst überrascht von der unglaublich guten Ausbeute aus der Verbindung unserer beider Methoden", berichtet Waibler. Einziges Problem: In hohen Konzentrationen wirkt die Substanz toxisch. Der nächste Schritt wird daher sein, aus der neu entdeckten Leitsubstanz weitere Kandidaten zu entwickeln, die selektiv und noch spezifischer die Bindung von Interferon an den Rezeptor hemmen würden und auch in hohen Konzentrationen keine Toxizität aufweisen, kündigten die Forscher an.

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US-Verteidigungsministerium fördert Curevacs Impfstoffforschung

Die Tübinger Curevac GmbH beteiligt sich an einer internationalen Forschungsallianz zur Impfstoffentwicklung.

Wie das Unternehmen am 15. November bekannt gab, will Curevac künftig zusammen mit dem französischen Weltmarktführer Sanofi Pasteur und dem ebenfalls französischen  Unternehmen In-Cell-Art an Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten arbeiten.

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Wirtschaft: Branchenbarometer: Gute Stimmung und Hilfe zur Selbsthilfe

Wirtschaft: Curevac wirbt 27,6 Millionen ein

Finanziert wird die Forschung von der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA). Die Agentur des amerikanischen Verteidigungsministeriums unterstützt das Vorhaben mit 33,1 Millionen US-Dollar. Curevacs Empfehlung für die Forschungsallianz ist seine hauseigene RNActive-Technologieplattform mit deren Hilfe in dem auf vier Jahre befristeten Projekt mRNA-basierte Impfstoffe entwickelt werden sollen. „Wir freuen uns, dass Sanofi Pasteur das immense Potenzial der Technologieplattform erkannt hat“, sagte Ingmar Hoerr, Geschäftsführer von CureVac. „Im Rahmen dieser mehrjährigen Zusammenarbeit können wir unsere Technologieplattform ganz wesentlich stärken und für kommerzielle Impfungen ausbauen.“Mit dem Branchenprimus haben sich die Tübinger auch gleich auf die Bedingungen geeinigt, zu denen Sanofi die aus dem Programm hervorgegangenen Impfstoffe einlizenzieren kann. Demnach erhält CureVac für jeden Krankheitserreger eine Vorauszahlung sowie Forschungsmittel und Zahlungen für die Erreichung bestimmter klinischer, regulatorischer und kommerzieller Meilensteine. Während Sanofi die weltweit exklusiven Vermarktungsrechte für alle vom DARPA-Programm erfassten Impfstoffe erhält, bleiben alle weiteren Rechte an der dem Projekt zugrundeliegenden Technik bei Curevac.

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EU-Projekt zur nächsten Generation von Enzymen

Der Chemiekonzern BASF wird Mitglied im EU-Forschungsprojekt Bionexgen (Next Generation of Biocatalysts).

Wie das Unternehmen am 14. November mitteilte, wollen die Ludwigshafener im Rahmen des Projektes nach neuen Enzymen forschen. Diese sollen aus nachwachsenden Rohstoffen funktionelle Polymere herstellen. Aus Stärke sollen so Hochleistungspolymere entstehen.

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Wirtschaft: BASF beantragt Zulassung für weitere Biotech-Kartoffel

Wirtschaft: 288,5 Millionen Euro für zweiten High-Tech-Gründerfonds

 „Mit den richtigen Enzymen können wir die Eigenschaften von Biopolymeren so verändern, dass sie in zahlreichen Produkten eingesetzt werden könnten, wie etwa in Waschmitteln oder in Hilfsstoffen für die Bauindustrie“, erläutert Kai Baldenius, Leiter der Biokatalyseforschung bei BASF. Außerdem suche der Konzern nach Möglichkeiten zur biokatalytischen Herstellung von Aminen, einem wichtigen Hilfsstoff für die Produktion von Feinchemikalien und Kunststoffen.„Das Projekt bringt 17 Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, die das gemeinsame Ziel haben, eine neue Generation von Biokatalysatoren für nachhaltigere Herstellungsprozesse in der chemischen Industrie zu entwickeln“, sagt Projektleiter Nicholas Turner, Direktor des Centre of Excellence in Biocatalysis, Biotransformations and Biocatalytic Manufacture (CoEBio3) der Universität Manchester. Neben BASF sind an dem Projekt aus Deutschland noch das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie, die Galab Laboratories GmbH und die Universität Stuttgart beteiligt. Im Rahmen des Projektes erhält Bionexgen europäische Fördermittel in Höhe von 7,7 Millionen. Euro. Das Projekt läuft bis zum Februar 2014.

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Gen entscheidet über Bein- oder Flugmuskeln

Einen entscheidenden Schalter für die Bildung von Flugmuskeln bei Insekten haben Biochemiker aus Martinsried identifiziert.

Spalt hilft den Fliegen abzuheben. Ohne das Gen bleiben sie auf der Erde.Lightbox-Link
Spalt hilft den Fliegen abzuheben. Ohne das Gen bleiben sie auf der Erde.Quelle: Frank Schnorrer/MPI für Biochemie
 Wie sie im Fachmagazin Nature (2011, Bd. 479, S. 267-438) berichten, entscheidet ein Gen namens „Spalt“, ob die Tiere Flug- oder Beinmuskeln ausbilden. Größe ist nicht alles, wenn es ums Fliegen geht: Im Verhältnis zu ihrer Körpergröße sind die Flügel der Taufliege Drosophila melanogaster ausgesprochen klein. Dass die Insekten trotzdem abheben, liegt am schnellen Flügelschlag, ausgeführt durch einen genetisch besonders gestalteten Muskel.  Die Flugmuskeln werden nicht nur durch Nervenimpulse gesteuert, sondern auch durch Spannung. Fliegen haben zwei Kategorien von Flugmuskeln: Die Protagonisten ziehen die Flügel nach unten und dehnen dabei die Antagonisten, die dann kontrahieren und damit die Flügel wieder nach oben ziehen. So entsteht ein stabiler Kreislauf –bis zu 200 Mal in der Sekunde spannen und entspannen sich die Flügel der meisten fliegenden Insekten. Zum Vergleich: Ein Hochleistungssprinter bewegt seine Beine „nur“ einige Male pro Sekunde.

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News: Forscher katalogisieren die Regisseure des Genoms

News: Leuchtmolekül erlaubt Einblick in das Gehirn der Fruchtfliege

Die Flugmuskeln der Taufliege bestehen aus besonderen Myofibrillen, Bestandteile der Muskelfasern, welche die Kontraktion des Muskels als Antwort auf die angelegte Spannung beim Flügelschlag ermöglichen.  Die Wissenschaftler um Frank Schnorrer vom Max-Planck-Institut für Biochemie haben herausgefunden, dass das Gen Spalt den Aufbau dieser Fibrillen steuert. Es liefert den Bauplan für einen Transkriptionsfaktor, der die passenden Proteine zum Flugmuskelaufbau produziert. Die richtige Übersetzung ist essentiell in der Bildung der Flugmuskeln: Fehlt spalt im Fliegenorganismus, so reagieren die Flugmuskeln nicht mehr auf Spannung und verhalten sich wie normale Beinmuskeln. Die Tiere sind zwar lebensfähig, können aber nicht fliegen. Für die Humanmedizin könnten diese Ergebnisse ebenfalls wichtig werden. Zwar besteht keine Chance, beim Menschen Flugmuskeln auszubilden, wie Schnorrer, Leiter der Forschungsgruppe Muskeldynamik am MPI Martinsried erklärt: „ Aber der menschliche Herzmuskel bildet spalt und die Spannung in der Herzkammer beeinflusst die Stärke des Herzschlags . Ob spalt eine Rolle bei der Regulation des Herzschlags spielt, muss allerdings noch erforscht werden.“

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Kompetenznetz Multiple Sklerose wird ausgebaut

Das Kompetenznetz Multiple Sklerose der Bundesregierung geht in die zweite Runde: Die aktuelle Ausschreibung fördert vor allem die Diagnose- und Therapieforschung einschließlich klinischer  Studien.

Geflecht von Nervenzellen. Bei MS-Kranken wird die Schutzschicht um die Nervenscheiden zerstört.Lightbox-Link
Geflecht von Nervenzellen. Bei MS-Kranken wird die Schutzschicht um die Nervenscheiden zerstört.Quelle: Haut-Laser-Venen
Das krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKN MS) wird seit 2009 vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert. Die Entzündung des zentralen Nervensystems, von der deutschlandweit etwa 122 000 Menschen betroffen sind, zeichnet sich besonders durch die Vielfalt ihrer Symptome aus. Ein Ziel des Kompetenznetzes ist es deshalb, große, langfristig angelegte Kohortenstudien, Bio- und Bilddatenbanken von Patienten zu etablieren. Auf Basis dieser Kohorten können sich interdisziplinäre Forschungsprojekte mit den Ursachen, dem Verlauf sowie möglichen Therapien für MS befassen. Die Ausschreibung richtet sich an Forschungseinrichtungen und Hochschulen sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).Die Förderung erfolgt auf Grundlage von verbünden. In einem Verbund schließen sich Partner mit Projekten zusammen, die zunächst auf drei Jahre befristet sind. Hierfür können sich auch Partner bewerben, die bereits in der ersten Förderphase bezuschusst wurden und jetzt ihre Zusammenarbeit intensivieren. Dabei kann die bisherige Verbundsstruktur verändert oder aufgelöst werden. Eine hohe Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit und vernetzten Forschung ist Antragsvoraussetzung. Weitere Schwerpunkte für mögliche Anträge bilden die Forschung zu Versorgung, Epidemiologie, Gesundheitsökonomie, Ätiologie und Pathogenese der MS.  Die Ursachen der MS sind bis heute weitgehend unbekannt. Als gesichert gilt, dass es sich um eine entzündliche Erkrankung handelt, bei der die Schutzschicht der Nervenfasern zerstört wird. Diese schubweise auftretende, höchstwahrscheinlich autoimmune Reaktion basiert nach bisherigen Forschungen auf genetischen Anlagen, Umwelteinflüssen  und Fehlregulationen des Immunsystems. Das Kompetenznetz MS setzt sich deshalb aus drei Verbünden zusammen, die sich den folgenden Aspekten der Krankheit widmen:

  • Ursachen und Verlauf (UNDERSTANDMS),
  • Diagnostik, Therapie und Versorgung durch den Aufbau von Biodatenbanken (CONTROLMS),
  • Aufbau eines Patientenregisters für Kinder, um den Verlauf der Erkrankung bei Heranwachsenden zu erforschen (CHILDRENMS)

Bewerber können noch bis zum 7. Februar 2012 ihre Projektskizzen einreichen (Ansprechpartner ist der Projektträger im DLR).

Zur Ausschreibung auf der BMBF-Webseite: hier klicken

Zur Webseite des Kompetenznetzes Multiple Sklerose: hier klicken

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