Innovationsakademie Biotechnologie sucht Gründer von morgen

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Das große Ziel der Innovationsakademie: ein Geschäftsmodell in der Biotechnologie entwickeln und reich werden. Quelle: biotechnologie.de

15.11.2011  - 

„Es geht hier nicht um die Idee“, sagt Peter Schneider von der Agentur Future Camp, der die Innovationsakademie Biotechnologie organisiert hat. „Die Frage ist: Wie werde ich Millionär?“ Am 14. November brachte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 50 Menschen aus ganz Deutschland zusammen, die sich für Gründungen in der Biotechnologie interessieren. Unternehmer, die schon einmal gegründet haben, Berater, die anderen helfen zu gründen, und junge Menschen, die gerne ein Unternehmen auf die Beine stellen würden. In einem eintägigen Workshop wurden Ideen lanciert, Konzepte geschmiedet und Kontakte geknüpft.



 

„Die zwei Welten der Wirtschaft und Wissenschaft sollen sich hier erst einmal beschnuppern“, sagt Schneider, der zusammen mit seinem Kollegen Harald Ostermann als Moderator durch den Tag führt. „Vielleicht finden sich ja Paarungen, die eine Idee weiterentwickeln wollen.“ An Ideen für biotechnologische Wunderprodukte herrscht an diesem Tag wahrlich kein Mangel. Dutzende von Vorschlägen hängen in der heimeligen Galerie der Kalkscheune im Herzen von Berlin an bunten Zetteln an einer Wäscheleine und warteten auf Teilnehmer, die sich für sie begeistern. Die Zettel sind ein Überbleibsel von der ersten Innovationsakademie Biotechnologie aus dem vergangenen Jahr. 2010 entschloss sich das BMBF, im Rahmen der deutschlandweiten Gründerwoche eine eigene Innovationsakademie speziell für die Biotechnologie anzubieten (mehr...). "Wir hoffen, dass wir mit der Innovationsakademie ein inspirierendes Umfeld bieten, auch ungewöhnliche Ideen zu verfolgen", betonte Bundesforschungsministerin Annette Schavan im Vorfeld der Veranstaltung.

Stimmungszahnpasta und essbarer Schmuck 

Die einzelnen Teams mussten ihre Geschäftsideen in der großen Runde vorstellen und verteidigen.Lightbox-Link
Die einzelnen Teams mussten ihre Geschäftsideen in der großen Runde vorstellen und verteidigen.Quelle: biotechnologie.de

Im Sinne der GO-Bio-Förderinitiative, mit der seit 2005 Gründungen in der Biotechnologie unterstützt werden, sollen die Teilnehmer der Akademie die Möglichkeit bekommen, vielversprechende, lebenswissenschaftliche Geschäftsideen zu identifizieren und eventuell dann auch weiter zu verfolgen. Offen ist die Akademie auch für Nicht-Biotechnologen. „Ich will hier einfach mehr über Businessmodelle und das Gründen an sich erfahren“, sagt zum Beispiel Philipp Hunsche, der Politikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft studiert und vor einigen Minuten als Sprecher eines Teams aus der Aufwärmrunde das fiktive Projekt einer Stimmungszahnpasta vorgestellt hat, die morgens aktiviert und abends entspannt. Weitere Projekte aus der ersten Runde, die vielleicht bald, vielleicht aber auch nie umgesetzt werden, ist essbarer Schmuck für gestresste Mütter, eine Uhr, die Vitalparameter misst oder Gourmet-Essen und Schlafboxen, die ins Büro geliefert werden.

Nur wenige Ideen schaffen es bis zum Markt. Aus den elf Teams, die sich 2010 rund um ein Projekt formiert hatten, wurden fünf von einer Jury für eine weitere Förderung von bis zu 500.000 Euro ausgewählt. Dabei geht es um so unterschiedliche Vorhaben wie der schnellen Desinfektion von Kathetern noch im OP-Saal, einen Schnelltest auf Histamin-Belastung in Lebensmitteln, einem Smartphone-gestützten Diagnosesystem für unterschiedliche Erkrankungen, einer Identifizierung von unterschiedlichen Patientengruppen zur individuellen Nachsorge bei Darmkrebs und um Enzyme, die Zellulose zu Zucker abbauen können. Das letztgenannte Thema verfolgen auch die diesjährigen Gewinner des internationalen iGEM-Wettbewerbs (mehr...). In der jetzt angelaufenen zweiten Phase geht es darum, die technische Machbarkeit zu zeigen.

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"Wer würde mir welche Idee abkaufen?"

Vom Produkt sind die rund 50 Unternehmer, Beratungsexperten, Technologietransferspezialisten oder Jungwissenschaftler in der Kalkscheune in Berlin an diesem Tag aber noch weit entfernt. Möglichst lange von einer konkreten Produktvorstellung entfernt zu bleiben, ist aber gar kein Mangel, sondern eines der Ziele der Innovationsakademie. „Die meisten Gründungsteams haben eine Technologie und suchen dann den Markt dafür“, sagt Matthias Kölbel, der im Referat Bioökonomie des BMBF unter anderem für das GO-Bio-Initiative zuständig ist. „Wir drehen das um. Zunächst sollen sich die Teams überlegen: Wer würde mir welche Idee abkaufen? Erst dann kommt die Frage der technischen Realisierung.“ Zudem sei es meist nicht die erste Idee, die zündet. „Die besten Ideen, aus denen auch etwas wird, haben meist andere“, so Kölbel. Erfolgreich Gründer müssten deshalb nicht unbedingt gute Ideen haben, es gehe vielmehr darum, aussichtsreiche Konzepte zu erkennen.

GO-Bio

2005 hat das BMBF erstmals die Gründungsoffensive GO-Bio aufgelegt. Ziel dieses Wettbewerbs ist es, Forschungsteams auf ihrem Weg von der vielversprechenden Idee zum marktfähigen Produkt zu unterstützen. Derzeit läuft die fünfte Runde, Einsendeschluss ist der 15. Dezember 2011.

www.go-bio.de

Um die Sinne zu schulen, waren bei dem Workshop auch gestandene Unternehmer zur Stelle, wie etwa Detlev Riesner, Mitgründer von so erfolgreichen Biotech-Unternehmen wie Qiagen und Evotec. Während Riesner eher vor Ort war, um seine Erfahrung zu teilen, gab es für andere Experten auch ganz handfeste Gründe. „Ich bin hier auch aus Eigennutz da“, sagt etwa Joachim Dyck, der Geschäftsführer der LifeSciences-Managmentberatung Tetra.Sphere. „Ich suche nach neuen Projekten und habe auch schon einige interessante Leute gesehen.“

Unternehmer, Experten für Technologietransfer und Managementberater halfen den jungen Wissenschaftlern beim Entwurf eines Businessplans (v.l.: Wirtschaftsexperte Lars Dähne, Unternehmensberater Carsten Mahrenholz und Unternehmerin Barbara Mayer).Lightbox-Link
Unternehmer, Experten für Technologietransfer und Managementberater halfen den jungen Wissenschaftlern beim Entwurf eines Businessplans (v.l.: Wirtschaftsexperte Lars Dähne, Unternehmensberater Carsten Mahrenholz und Unternehmerin Barbara Mayer).Quelle: biotechnologie.de

Gründen will keiner

Ob die Akademie einmal konkrete Früchte in Form von Produkten trägt, bleibt abzuwarten. Den Veranstaltern geht es auch eher um eine Änderung der Einstellung von Wissenschaftlern, die sich immer noch selten als Unternehmensgründer sehen. „Auch bei den heutigen Teilnehmern haben sich einige noch kaum mit der Idee befasst“, sagt Christian Tidona, Leiter des Biotech-Clusters Rhein-Neckar und Dozent. „Wenn ich meine Studenten frage, warum sie studiert haben, geben 90 Prozent als Perspektive die akademische Forschung an und nur zehn Prozent die Wirtschaft, etwa als Angestellte in einem Pharmaunternehmen.“ Gründen wolle keiner. „In Israel oder den USA ist das genau andersherum. Die wollen alle gründen“, so Tidona.

Das Bundesforschungsministerium engagiert sich schon seit längerer Zeit für den Gründernachwuchs in Deutschland. Während die Innovationsakademie in ihrem zweiten Jahr noch relativ neu ist, fördert das BMBF bereits seit 2003 den Online Wettbewerb „Jugend gründet“. Dort werden alle Geschäftsideen aus allen Bereichen spielerisch weiterentwickelt. Bei der Wettbewerbsrunde 2010/2011 haben über 3.500 Jugendliche teilgenommen. Und nicht alle müssen zu Seriengründern werden wie etwa Horst Domdey, Leiter des BioM Biotech Clusters, der ebenfalls auf der Akademie anwesend war und sich als Experte für Projektteams zur Verfügung stellte. „Ich bin hier, um die Erfahrungen von 40 Unternehmensgründungen weiterzugeben.“ 

© biotechnologie.de/cm

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