BioBrowser: Kleine Eiweiße ganz groß

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Auf einer speziellen Leinwand lassen sich die Eiweiße dreidimensional und millionenfach vergrößert darstellen. Quelle: Fraunhofer Austria

02.09.2009  - 

Ob es nun um die Wirksamkeit von Impfstoffen oder die Schädlichkeit von Giften geht, meist hilft den Forschern ein Blick auf die Gestalt der Moleküle, die im Spiel sind. Das geschieht über spezielle Computerprogramme. Den Wissenschaftlern des Fraunhofer Instituts für Graphische Datenverarbeitung waren die bestehenden Werkzeuge aber nicht gut genug. Deshalb haben sie BioBrowser entwickelt. Das kostenlose Programm erstellt vollautomatisch Modelle auch der kompliziertesten Proteine. Am Bildschirm oder auf der Leinwand lassen die sich dann aus jedem Blickwinkel studieren.



Eiweiße sind in der Zelle die Mädchen für alles. Sie verleihen der Zelle nicht nur Struktur, sondern sind die molekularen „Maschinen“, die Stoffe transportieren, Ionen pumpen, chemische Reaktionen katalysieren und Signalstoffe erkennen. Eiweiße bestehen aus Aminosäure-Bausteinen, die zu Ketten verbunden sind. Ihre unterschiedlichen Funktionen erhalten Eiweiße durch ihre räumliche Anordnung. Die Kette aus Aminosäuren faltet sich nach einem komplexen und jeweils ganz eigenen Muster, das bestimmt, wie das Eiweiß mit anderen Molekülen interagiert.

Die Bedienoberfläche des BioBrowsers ist möglichst einfach gehalten.Lightbox-Link
Die Bedienoberfläche des BioBrowsers ist möglichst einfach gehalten.Quelle: Fraunhofer Austria

Dreidimensionale Struktur ist entscheidend

Da die dreidimensionale Struktur der Eiweiße so entscheidend ist, versucht die Wissenschaft schon seit jeher, ihre Gestalt möglichst genau vorherzusagen. Forscher der Fraunhofer Austria Research haben jetzt ein Programm vorgestellt, mit dem die Simulation biologischer Moleküle in noch nie dagewesener Qualität möglich sein soll. Der Fraunhofer Austria Research Geschäftsbereich Visual Computing ist ein Schwesterunternehmen des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung in Darmstadt. Die Grazer Wissenschaftler störte, dass bei den bisher verbreiteten Softwareanwendungen die Darstellung des simulierten Eiweißes und die Qualität der Graphik für wissenschaftliche Zwecke oft nicht ausreichte - insbesondere wenn größere Moleküle, die aus mehreren zehntausend Atomen bestehen können, visualisiert und untersucht werden sollen.

BioBrowser

Der kostenlos erhältliche BioBrowser verwendet moderne Shadertechniken, um hohe Auflösungen und Vergrößerungen zu gewährleisten. Dabei kann der Nutzer zwischen den für Strukturbiologen wichtigsten Darstellungstypen (Ball and Stick, Sticks, Spacefill, Ribbons und Abrollflächen) wechseln.
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Das Eiweiß aus allen Winkeln betrachten 

Der "BioBrowser" soll das nun ändern. Aus den Forschungsdaten der Molekularbiologen errechnet das Programm nach Angaben der Fraunhofer-Entwickler selbständig die 3D-Modelle von kompliziert aufgebauten Proteinen und stellt sie auf Knopfdruck dar. Dabei kann der Nutzer zwischen den für Strukturbiologen wichtigsten Darstellungstypen (Ball and Stick, Sticks, Spacefill, Ribbons und Abrollflächen) wählen. Die Forscher können das Molekül drehen und aus allen Winkeln betrachten, beliebig vergrößern sowie bestimmte Bereiche auswählen.

Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung

Das Fraunhofer IGD wurde 1987 gegründet. Mittlerweile arbeiten am Standort Darmstadt 150 Mitarbeiter. Der Geschäftsbereich Visual Computing wurde 2008 in Kooperation mit der Technischen Universität Graz eingerichtet.

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Besonders stolz sind die Entwickler auf die durchgehend hohe Auflösungsqualität und die Leistungsfähigkeit des BioBrowsers. So könnten die dargestellten Moleküle problemlos auch mehr als 50 000 Atome umfassen. "Bei der Untersuchung von Molekülen entsteht eine riesige unüberschaubare Datenflut. BioBrowser verwandelt diese Daten in anschauliche Bilder und macht die Verbindung zwischen unterschiedlichen Molekülen sichtbar", sagt Eva Eggeling vom Geschäftsbereich Visual Computing.

Ein Geschäft will Eggeling dabei aber gar nicht machen. Das Angebot ist umsonst. Auf Anfrage erhalten interessierte Forscher einen Link und können das Programm direkt nutzen. Zudem können sie mit den Mitarbeitern in Graz einen Termin vereinbaren, um die Proteine auf einer speziellen 3D-Projektionswand studieren zu können. Die Grazer Forscher hoffen, der Molekularbiologie und Medizinentwicklung hierdurch neue Impulse zu geben. Momentan arbeiten sie daran, die Bedienoberfläche zu erweitern und zu verbessern. Mit dem Feedback der ersten wissenschaftlichen Nutzer überprüfen die Grazer, ob sie weitere Funktionen ergänzen müssen.

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