Rostock eröffnet Zentrum für Stammzelltherapie im Herz

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Im Referenz- und Translationszentrum sollen nicht nur neue Stammzelltherapien entwickelt, sondern auch zur Zulassung gebracht werden. Quelle: Universität Rostock

23.04.2009  - 

Stammzellen sind die Alleskönner unter den Zellen. Deshalb sind sie besonders für die regenerative Medizin interessant. In Rostock arbeiten Forscher seit mehreren Jahren daran, mit Hilfe von Stammzellen beschädigte Herzen zu reparieren. Das "Referenz- und Translationszentrum für kardiale Stammzelltherapie" (RTC) soll jetzt dafür sorgen, dass neue Behandlungsmethoden nicht nur entdeckt, sondern auch relativ schnell zugelassen und angewendet werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt die Arbeit des Zentrums in den nächsten drei Jahren mit 3,4 Millionen Euro.




Die Idee, dass Stammzellen dem Körper helfen könnten, Verluste durch Krankheiten wieder zu ersetzen, ist nicht neu. Bereits 1968 wurde die erste Stammzelltransplantation durchgeführt. Dazu wurden die Zellen benutzt, die für die Blutbildung und das Immunsystem zuständig sind. Der Einsatz von Blutstammzellen ist auch heute noch das am besten erforschte und erfolgreichste Gebiet der Stammzelltherapie. Der Gebrauch von Stammzellen zur Reparatur des Herzens ist noch im experimentellen Stadium und wird weltweit intensiv erforscht. Auch in Deutschland arbeiten viele Arbeitsgruppen an diesem Thema. 

So hatten Kardiologen des Max-Delbrück-Centrums und der Charite in Berlin Ende 2008 bei Mäusen nachgewiesen, dass sich das Herz nach einem Infarkt selbst regenerieren kann. Nebenbei gelang den Forschern der endgültige Beweis, dass es tatsächlich Stammzellen im erwachsenen Herzen gibt. Bisher waren diese Zellen nicht klar charakterisiert (mehr...).

Das Zentrum für kardiale Stammzelltherapie ist im Biomedizinischen Forschungszentrum in Rostock angesiedelt. Lightbox-Link
Das Zentrum für kardiale Stammzelltherapie ist im Biomedizinischen Forschungszentrum in Rostock angesiedelt. Quelle: Universität Rostock
Eine Arbeitsgruppe um Wolfgang-Michael Franz von der Ludwig-Maximilians-Universität München konnte die Regenerationsfähigkeit des Herzens nachweislich steigern - und zwar mit einer Lieferung von Stammzellen. Die Forscher lockten Stammzellen aus dem Rückenmark von Mäusen ins Herz, wo diese dann geschädigte Gewebe ersetzten (mehr...).
Am Karolinska-Institut in Stockholm konnten Wissenschaftler wiederum nachweisen, dass sich das Herz während des ganzen Lebens kontinuierlich regeneriert - allerdings in recht geringem Umfang. Laut der Untersuchung werden jedes Jahr etwa ein Prozent aller Herzzellen erneuert, bei einem 75-Jährigen sinkt diese Rate auf ein halbes Prozent.

Patienteneigene Stammzellen sollen das Herz reparieren

Jetzt wird die Forschungsdisziplin weiter gestärkt. Am 24. April eröffnet an der Rostocker Universität ein Kompetenzzentrum für kardiale Stammzelltherapien. Wissenschaftler und Ärzte um Gustav Steinhoff wollen am "Referenz- und Translationszentrum für kardiale Stammzelltherapie" (RTC) neue Behandlungsmethoden mit Stammzellen für Herzkrankheiten erforschen und anwenden. Bei der Stammzelltherapie, wie sie in Rostock praktiziert wird, werden patienteneigene (autologe) adulte Stammzellen aus dem Rückenmark direkt in das Herzmuskelgewebe eingespritzt. Vor Ort sollen sie helfen, zerstörtes oder geschwächtes Gewebe zu regenerieren.

Referenz- und Translationszentrum für kardiale Stammzelltherapie
Das RTC will grundlegende, angewandte und klinische Forschung an Stammzellen zusammenführen, um schließlich standardisierte Therapien zu entwickeln.
Zum RTC: hier klicken

An der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie in Rostock wurden bis heute bereits 100 Herzpatientenmit Stammzellen behandelt. Zusammen mit den dortigen Medizinern will das RTC zudem eine multizentrische klinische Studie vorbereiten, die systematisch Belege bringen soll, ob die Anwendung von Stammzellen nach einem Herzinfarkt das zerstörte Gewebe zu regenerieren imstande ist. Das wird in der Fachwelt nämlich nach wie vor heiß diskutiert.

Das RTC wurde im Herbst 2008, ausgehend von der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie und den Forschungslaboratorien für kardialen Gewebe- und Organersatz (FKGO), mit finanzieller Unterstützung von Bund (Bundesministerium für Bildung und Forschung), Land (Wirtschaftsministerium Mecklenburg Vorpommern) und Industrie gegründet.

3,4 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre

Das RTC ist eines der fünf Schwerpunktzentren für Regenerative Medizin in Deutschland und überdies aktiv an der Regenerative Medicines Initiative Germany (RMIG) beteiligt. Seinen Sitz hat das RTC im Biomedizinischen Forschungszentrum der Universität Rostock. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Einrichtung über die nächsten drei Jahre mit 3,4 Millionen Euro.

Schwerpunktzentren Regenerative Medizin

Neben dem RTC gibt es in Deutschland noch vier weitere Schwerpunktzentren für Regenerative Medizin.

Berlin-Brandenburg Center for Regenerative Therapies
BCRT

Center for Regenerative Therapies Dresden

CRTD

Translational Centre for Regenerative Medicine Leipzig

TRM
Regenerative Biology and Reconstructive Therapy Hannover
REBIRTH

In dieser Zeit werden zwei Ziele verfolgt: Einerseits soll die in Rostock initiierte kardiale Stammzelltherapie weiterentwickelt werden, so dass sie als qualitätsgesicherte und standardisierte Therapie bei entsprechender Indikation überall eingesetzt werden kann. Dafür müssen die Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie den gesetzlichen Vorgaben entsprechend nachgewiesen werden. Dies geschieht im Rahmen von  klinischen Studien und  begleitender Forschung. Begleitend widmen sich die Forscher grundlegenden Fragen der Stammzelltherapie: Noch ist nämlich gar nicht bekannt, wie genau die ins Herz eingebrachten Stammzellen wirken.

Standards für Stammzelltherapien entwickeln

Das zweite Ziel ist eine Standardisierung des Translationsprozesses. Als Translationszentrum begleitet das RTC den komplexen Prozess von der Grundlagenforschung und frühen Entwicklung bis hin zur Zulassung und Anwendung von Stammzellen als standardisierte und qualitätsgesicherte Therapie. Stammzelltherapien gelten nach neuester Gesetzeslage als „Arzneimittel für neuartige Therapien“.

Der Prozess von der Grundlagenforschung bis zum Einsatz als Medikament oder Verfahren ( Translation) ist für Wissenschaftler, die Industrie und auch die Genehmigungsbehörden Neuland. Am Beispiel der kardialen Stammzelltherapie wird das RTC daher in enger Zusammenarbeit mit allen relevanten Stellen Standards definieren. Die in Rostock entwickelten Methoden und Verfahren sollen zukünftig für weitere Projekte auf dem Gebiet der Stammzellforschung als Referenz dienen.

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