Bioproduktion mit sauberen Ergebnissen
10.04.2009 -
Biotechnologische Verfahren sind in der Industrie auf dem Vormarsch. Besonders im medizinischen Bereich werden schon viele Wirkstoffe von Mikroorganismen oder in Zellen hergestellt. Das ist oft effizienter und umwelfreundlicher, hat aber auch seine Tücken. Oft wird es am Schluss des Produktionsprozesses besonders knifflig. Wie lassen sich die produzierten Stoffe sauber von ihren biologischen Produzenten trennen? Ein Verbundprojekt aus Unternehmen und Forschungsinstitutionen will jetzt die Aufreinigungsmethoden verbessern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Arbeiten mit 1,2 Millionen Euro.
Biotechnologische Verfahren sind aus Industrie und Medizin kaum mehr wegzudenken. So stellen Zellen und Mikroorganismen die verschiedensten Stoffe oft effizienter und umweltfreundlicher her, als das auf chemischem Wege möglich wäre. Ein bekanntes Beispiel ist das von Diabetikern benötigte Insulin, das von gentechnisch veränderten Bakterien in speziellen Tanks produziert wird. Da diese Fermenter auch in vielen anderen biotechnologischen Prozessen eingesetzt werden, ist ihre Verbesserung seit Jahren eines der Hauptanliegen der Hersteller.
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Bei der Herstellung von biotechnologischen Arzneimitteln unterscheiden Experten zwischen dem Up-Stream und dem Down-Stream. Beide Prozesse sind für die Qualität des Produktes entscheidend: Beim Up-Stream kommt es darauf an, ein biologisches Produktionssystem wie Mikroorganismen oder Säugetierzellen so maßzuschneidern, dass am Ende die gewünschten Eiweiße hergestellt werden – inklusive aller für die therapeutische Wirksamkeit erforderlichen Eigenschaften. Dieser Prozess muss zudem so gestaltet sein, dass er im industriellen Maßstab in Fermentern erfolgen kann, die üblicherweise ein Fassungsvermögen von 500 bis mehreren tausend Litern aufweisen.
Im Down-Stream-Prozess wiederum müssen die Wirkstoffe so aufgereinigt werden, dass sie für einen therapeutischen Einsatz in Frage kommen: Schließlich entsteht durch die Mikroorganismen oder Säugetierzellen zunächst eine Art Brühe, in der neben den gewünschten Substanzen auch eine Vielzahl anderer Beiprodukte zu finden sind. Mittels mechanischer und thermischer Techniken wie Zentrifugation und Kristallation muss hierbei eine möglichst schnelle und saubere Aufreinigung erfolgen. Insbesondere bei der Herstellung von Medikamenten spielen diese Prozesse eine immer wichtigere Rolle.
Sieben Partner aus Industrie und Forschung
Um sie zu perfektionieren, haben sich jetzt drei Unternehmen mit Forschern von Universitäten und dem Magdeburger Max-Planck- Institut zusammengetan. Der Verbund will die Effektivität der Aufreinigung und damit die Qualität biotechnologisch gewonnener Substanzen steigern. Das BMBF unterstützt die Forschungsarbeiten, die im Oktober 2008 angelaufen sind, im Rahmen der Fördermaßnahme "Wettbewerb zur Stärkung des Produktionsstandortes in der Biotechnologie - Entwicklung neuer Aufreinigungsmethoden".
Die sieben Projektpartner erhalten über die dreijährige Laufzeit bis 2011 insgesamt 1,2 Millionen Euro. Beteiligt sind die EMC microcollections GmbH aus Tübingen, die IDT Biologika GmbH aus Dessau-Roßlau, die Merckle Biotec GmbH aus Ulm, Udo Reichl vom Lehrstuhl für Bioprozesstechnik und Andreas Seidel-Morgenstern vom Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Stefan Laufer vom Lehrstuhl für Pharmazeutische/Medizinische Chemie der Eberhard Karls Universität Tübingen sowie Kai Sundmacher vom Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg.
Impfstoffproduktion in Hühnereiern schwer zu steuern
In erster Linie wollen die Firmen und akademischen Institutionen gemeinsam Aufreinigungsmethoden für Medikamente finden, die mit besonderen Zuckerstrukturen ausgestattet sind. Solche sogenannten Glykoproteine sind für Arzneimittelhersteller immer wichtiger, weil sie besser und zielgerichteter wirken (mehr...). Die Zuckerstrukturen spielen auch bei der Herstellung von Biosimilars eine große Rolle - also bei Nachahmerpräparaten von Biotech-Arzneien, deren Orginalpatent abgelaufen ist. Für sie müssen nun auch adäquate Aufreinigungsmethoden gefunden werden. Mit Hilfe von neuen Trägermaterialien, die sich später leichter von den Substanzen trennen lassen, soll die Produktion von Glykoproteinen vereinfacht werden. Dieser Schritt wird durch den Einsatz mathematischer Modelle unterstützt.
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Ein weiterer Schwerpunkt sind Verfahren zur verbesserten Aufreinigung von Influenzaviren und viralen Glykoproteinen für die Impfstoffherstellung. Die Mehrzahl aller zugelassenen Influenzaimpfstoffe wird gegenwärtig immer noch in bebrüteten Hühnereiern produziert. Das hat gleich mehrere gravierende Nachteile: Zum einen lässt sich die Produktion in Hühnereiern nur schwer steuern und ist mengenmäßig begrenzt. Zum anderen können die in den Hühnereiern produzierten Eiweiße bei einigen Menschen allergische Reaktionen hervorrufen. Darüber hinaus sind solche Impstoffe bei einer Epidemie nicht schnell genug verfügbar. Deshalb wird gegenwärtig die Impfstoffproduktion von einer Vielzahl der Produzenten auf Säugetierzellen umgestellt (mehr...). Wie bei anderen Wirkstoffen auch muss der entstehende Impfstoff dabei ebenfalls aufgereinigt und von allen biologischen Zellresten getrennt werden. Die bisher angewandte Aufreinigungsprozesse für Influenzaviren basieren aber nahezu ausschließlich auf schwer steuerbaren Prozessen. Der Verbund will nun Biopolymere einsetzen, die eine regelmäßige und besser beherrschbare Aufreinigung versprechen. Bis sie in der Impfstoffpoduktion im industriellen Maßstab eingesetzt werden können, ist aber noch viel Forschungsarbeit nötig.