Parasiten-Blocker bei Tomatenpflanzen entdeckt

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Bei der Buntnessel gelingt dem Teufelszwirn die Infektion. Mit seinen Saugorganen, den Haustorien, entzieht er der Wirtspflanze Nährstoffe, Wasser und Kohlenhydrate. Quelle: Ursula Fürst/ZMBP, Universität Tübingen

03.08.2016  - 

Pflanzliche Parasiten wie der Teufelszwirn zapfen Nutzpflanzen an, saugen an ihnen und können so ganze Ernten vernichten. Doch es gibt auch Gewächse, denen der Schmarotzer nichts anhaben kann. Wie Tübinger Pflanzenforscher im Fachjournal Science (2016, Bd. 353, S.478) berichten, besitzen Tomaten ein molekulares System, das die bedrohlichen Pflanzenparasiten erkennt und ihnen wirksam das Handwerk legt.

Teufelszwirn, Hexenseiden oder Kletterhur. Der Volksmund kennt viele Namen für die Schmarotzerpflanze Cuscuta reflexa. Sie windet sich über den Boden am Spross empor und saugt sich an Pflanzen fest, um ihr Nährstoffe, Wasser und Kohlenhydrate zu entziehen. Während der Parasit wächst und gedeiht, fehlt dem Wirt jegliche Kraft, Blüten oder Früchte zu bilden. Die Folge: die Pflanze stirbt ab, es kommt zu Ernteausfällen. Doch es gibt auch Nutzpflanzen, denen der Teufelszwirn nichts anhaben kann: die Tomate. Das Nachtschattengewächs gehört zu den wenigen resistenten Arten, an deren Spross der Parasit nicht einwachsen kann, weil die befallenen Pflanzen mithilfe eines korkig-holzigen Schutzgewebes den Angreifer abwehren. In diesem Fall ist es der Teufelszwirn, der abstirbt, weil er durch den verwehrten Zugriff nicht an die notwendigen Nährstoffe kommt.

Parasiten erkennen und abwehren

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Wie Tomaten den Schmarotzer abwehren hat ein Team um Markus Albert vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen gemeinsam mit Cyril Zipfel und Matthew Smoker vom Sainsbury Laboratory im englischen Norwich jetzt herausgefunden. Um hinter den Mechanismus zu kommen, kreuzten die Forscher die Kulturtomate mit der wilden Tomatenart Solanum pennellii. Wie die Wissenschaftler in Science berichten, stießen sie dabei auf ein Gen, das die Tomate vor dem ungebetenen Gast schützt. „Im Erbgut der Tomate kodiert es für einen Rezeptor, der auf der Oberfläche der Tomatenzellen sitzt. Er erkennt ein molekulares Muster des Teufelszwirns“, erklärt Markus Albert. Der Rezeptor funktioniert dann wie ein molekularer Schalter, der eine Immunantwort der Tomate auslöst, sobald die Ankunft des Schmarotzers bekannt ist. Die Resistenz der Wirtspflanze wird dabei in einer Art gesteigert, dass der Parasit keine Chance, sich festzusaugen.

Neue resistente Nutzpflanzen züchten

Mit der gleichen Waffe schützen sich Tomatenpflanzen übrigens auch vor Krankheitserregern, Insekten oder Spinnentiere. Dass der Mechanismus auch als Parasitenbremse wirkt, hat die Forscher jedoch überrascht. Normalerweise stehen sich Parasit und Wirt als Pflanzen aus Sicht der Evolution sehr nahe – „zumindest im Vergleich mit den Modellen Pflanze und Mikrobe oder Pflanze und Insekt“, sagt Albert. Neu ist auch, dass es einen Mechanismus gibt, mit dem Pflanzen andere Pflanzen als fremd erkennen. Die Tübinger Forscher liefern damit einen Ansatzpunkt, den Dialog zwischen Pflanzen auf zellulärer Ebene besser zu verstehen. „Außerdem stehen durch diese Entdeckung Pflanzenforschern neue Möglichkeiten zur Verfügung, Nutzpflanzen zu kreieren, die für parasitische Pflanzen weniger anfällig sind“, sagt Albert.

© bioökonomie.de/bb + pg

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