Kanzlerin weiht Bioraffinerie-Zentrum in Leuna ein

Im neuen Bioraffinerie-Forschungszentrum CBP werden Verfahren entwickelt, um aus Biomasse chemische Grundstoffe für die Industrie zu gewinnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel weihte die Anlage am 2. Oktober ein. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Im neuen Bioraffinerie-Forschungszentrum CBP werden Verfahren entwickelt, um aus Biomasse chemische Grundstoffe für die Industrie zu gewinnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel weihte die Anlage ein, flankiert von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (2. v.r.) und Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer (1. v.r.). Quelle: Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP)

04.10.2012  - 

Es war ein feierlicher Auftakt mit Kanzlerin: In Leuna hat Angela Merkel am 2. Oktober das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) nach 20 Monaten Bauzeit in Betrieb genommen. In dem europaweit einzigartigen Bioraffinerie-Forschungszentrum werden Verfahren entwickelt, mit denen sich aus Biomasse chemische Grundstoffe für die Industrie gewinnen lassen. Dazu werden chemische und biotechnologische Verfahren miteinander kombiniert. Ingesamt wurden 53 Millionen Euro in das Vorzeigeprojekt investiert, das nun Forschern aus Wissenschaft und Industrie für ihre Vorhaben zur Verfügung steht. Mit dem CBP geht auch das innovative Kernstück des diesen Januar vom BMBF gekürten Spitzenclusters "BioEconomy" in Betrieb (mehr...). Merkel bezeichnete das CBP als Meilenstein auf dem Weg zur Bioökonomie.

In ihrer Rede beim Festakt lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel das Engagement von Wissenschaft und Wirtschaft am Chemiestandort Leuna als herausragendes Beispiel für den Aufbau Ost. Mit dem neuen Fraunhofer-Zentrum CBP komme nun ein weiterer innovativer Partner dazu, der Unternehmen begleite, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Es gehe um einen tiefgreifenden Strukturwandel – nämlich die Entwicklung einer neuen Rohstoffbasis für die derzeit noch Erdöl-dominierte Chemieindustrie: „Biomasse wird sich langsam einfügen – evolutionär, Schritt für Schritt –und damit also nachwachsende Rohstoffe und organische Reste“, so Merkel.

Fraunhofer CBP

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Die Festrede der Bundeskanzlerin zur CBP-Eröffnung: hier klicken

Biomasse habe auch einen Anteil am Energie-Mix der Zukunft. Die Bundeskanzlerin erinnerte aber auch an das Dilemma zwischen Tank und Teller. Vorrang habe es, die Weltbevölkerung mit Nahrung zu versorgen.

Vision einer biobasierten Wirtschaft

Deshalb sei es auch wichtig, dass das CBP in Leuna hauptsächlich mit Holz arbeite und damit keine Stoffe einsetze, die der Lebensmittelproduktion verloren gehen.

„Wir brauchen nachhaltig angebaute Biomasse für unsere Kraftwerke, Raffinerien und Fabriken“, betonte Merkel bei der Einweihung des CBP.Lightbox-Link
„Wir brauchen nachhaltig angebaute Biomasse für unsere Kraftwerke, Raffinerien und Fabriken“, betonte Merkel bei der Einweihung des CBP.Quelle: Fraunhofer CBP

„Wir brauchen nachhaltig angebaute Biomasse für unsere Kraftwerke, Raffinerien und Fabriken“, betonte Merkel. „Die Vision die uns leitet, ist die einer biobasierten Wirtschaft“, so die Kanzlerin, und verdeutlichte dies anhand der Bedeutung von Mikroorganismen, die schon heute wichtige Produzenten von Waschmittelenzymen, Arzneimitteln oder Kosmetikprodukten seien. Auf dem Weg, nachwachsende Energiequellen und Rohstoffe zu erschließen, sei das Bioraffinerie-Forschungszentrum in Leuna und der Spitzencluster BioEconomy ein Meilenstein.

Die Idee seit 2007 vorangetrieben

„Das neue Fraunhofer-Zentrum als Innovationsschmiede schließt die Lücke zwischen Labor und industrieller Umsetzung bei der Nutzung nachwachsender Rohstoffe", sagte Reimund Neugebauer, der seit Oktober Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft ist. „Mit dem Fraunhofer CBP werden zudem Prozesse möglich, die vielfach rohstoff- und energieeffizienter als die petrochemischen Verfahren sind." In das Fraunhofer-Zentrum in Leuna wurden bislang 53 Millionen Euro investiert, insbesondere durch das Land Sachsen-Anhalt und mehrere Bundesministerien (mehr...). Mit dem Fraunhofer CPB entstehe „eine europaweit einmalige Plattform zur Entwicklung neuer Verfahren bis in marktrelevante Dimensionen mit direkter Anbindung an die chemische Industrie“, sagte Thomas Hirth, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart. Er hatte 2007 die Idee für das Bioraffinerie-Forschungszentrum entwickelt und seitdem weiter vorangetrieben. Zudem ist er wissenschaftlicher Koordinator des Spitzenclusters BioEconomy (mehr...). „Indem wir Verfahren aus Chemie und Biotechnologie kombinieren, wollen wir die nachwachsenden Rohstoffe möglichst umfassend nutzen“, sagte Hirth.

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Das soll durch sogenannte Koppelproduktion und Kaskadennutzung gelingen. „Die 60 Partner im Cluster BioEconomy bilden zudem die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoff Buchenholz bis hin zu wertvollen chemischen Grundstoffen und Werkstoffen ab“, sagte Hirth. Das Fraunhofer CBP wird gemeinsam von Wissenschaftlern des Fraunhofer IGB und des Fraunhofer Instituts für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal betrieben. 19 Mitarbeiter sind am CBP bereits tätig. Bis 2015 sei das Zentrum bereits mit Projekten ausgelastet.  „Wir wollen Leuna zur Hochburg der Bioökonomie machen“, sagte Hirth in Anlehnung an ein Zitat von Carl Bosch, der einst mit einem ähnlichen Anspruch den Chemie-Standort Leuna groß gemacht hatte. 
Anlagenmodule flexibel kombinierbar

Der CBP-Neubau im Chemiepark Leuna ist auf einer 2000 Quadratmeter großen Fläche entstanden und umfasst ein Hauptgebäude mit mehren Technika und Laborräumen. Fünf verschiedene Prozessanlagen stehen nach dem Modell einer Bioraffinerie als separat zu betreibende oder je nach Bedarf einfach zu kombinierende Module bereit.

Der Neubau des CBP in Leuna hat 53 Millionen Euro gekostet, die vornehmlich vom Bund und Land Sachsen-Anhalt investiert wurden.Lightbox-Link
Der Neubau des CBP in Leuna hat 53 Millionen Euro gekostet, die vornehmlich vom Bund und Land Sachsen-Anhalt investiert wurden.Quelle: Fraunhofer CBP

In einem Modul wird aus Holzhackschnitzeln Lignocellulose gewonnen und  in verwertbare Zwischenprodukte aufgetrennt. Es ensteht Organosolv-Lignin, das als Bindemittel in Faserplatten Phenol-Formaldehydharze oder als Werkstoff Kunststoffe ersetzen kann. Außerdem entstehen die Zucker Glucose und Xylose. Diese Zuckermoleküle wiederum können im CBP-Modul Fermentation als Kohlenstoffquelle für biotechnologische Prozesse eingesetzt werden, um verschiedene Chemikalien herzustellen. Eine Tonne Holz kann pro Woche am Fraunhofer CBP verarbeitet werden. Im Modul technische Enzyme und Fermentation ist eine europaweit einmalige Multifunktionsanlage für biotechnologische Fermentationen entstanden. Kernstück sind Bioreaktoren unterschiedlicher Größe, mit denen sich Produktionsschritte von 10 Litern Reaktorinhalt auf einen größeren Maßstab über 100 Liter und 1.000 Litern bis auf den industriell relevanten Maßstab von 10.000 Litern erhöhen lassen. „Von großem Vorteil ist, dass die gesamte Anlage je nach Aufgabenstellung flexibel einsetzbar ist, indem die verschiedenen Apparate beliebig miteinander verbunden werden können", erläutert Gerd Unkelbach, Leiter der Projektgruppe am CBP Leuna.

© biotechnologie.de/pg

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