Runder Tisch: Gentechnik bleibt weiter Gesprächsstoff
21.05.2009 -
Überraschungen gab es keine, dafür umso mehr Diskussionen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) zeigte sich zufrieden mit dem ersten Runden Tisch zum Thema Pflanzenbiotechnologie und Gentechnik. "Es ist richtig, dass dieser Dialog geführt wird", sagte sie nach Ende der mehrstündigen Veranstaltung in der Nordrhein-Westfälischen Landesvertretung am 20. Mai. Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sprach ebenfalls von einem wichtigen Dialog. Beide wollen ihn mit einer weiteren Veranstaltung zur Sicherheitsforschung im Juli fortsetzen.
Zum erstmals einberufenen Runden Tisch waren rund 30 Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und Kirchen eingeladen. So konnten Firmen wie KWS oder BASF ebenso ihre Sicht der aktuellen Situation darstellen, wie Pflanzenforscher aus öffentlichen Forschungseinrichtungen, Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche sowie Verbände wie BÖLW, DNR oder BLL. Schavan lobte die Expertenrunde für ihr "Bemühen um eine sachliche Diskussion" Die Atmosphäre sei "leidenschaftlich" gewesen. Sowohl Gegner als Bewürworter der Gentechnik hätten die Bedeutung der Forschung herovrgehoben. "Schlagabtausch allein reicht jedoch nicht", sagte Schavan und betonte: "Für beide Seiten kann es ein 'Weiter so' nicht geben."
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Mit Blick auf künftige Herausforderungen sind aus ihrer Sicht Entscheidungen gefragt. "Wir wollen eine verantwortungsbewusste und zukunftsfähige Weiterentwicklung der Pflanzengenetik", erklärte sie. Auch Aigner betonte, die Biotechnologie könne einen Beitrag leisten, "Energie und Ressourcen zu sparen, gesünderes Tierfutter oder Pflanzen der Zukunft zu erzeugen". Gleichzeitig sprach sie sich jedoch dafür aus, bei gentechnisch veränderten Pflanzen verstärkt vom Anbau unterm Glasdach Gebrauch zu machen. Wegen des Verbots des gentechnisch veränderten Mais MON810 in Deutschland, das Aigner vor einigen Wochen ausgesprochen hatte (mehr..), initiierte Schavan den Runden Tisch. "Alle Beteiligten sind sich ihrer Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt wie auch für das Wohlergehen nachfolgender Generationen bewusst", betonte Schavan nach dem Treffen in der Landesvertretung von NRW. "Wir haben miteinander sehr intensiv, offen und fair diskutiert." Dies sei ein "gelungener Auftakt für einen neuen Dialog über eine wichtige Zukunftstechnologie".
Unterschiedliches Echo der Teilnehmer
Diese Einschätzung teilte auch ein Großtteil der Teilnehmer aus Wissenschaft und Wirtschaft. "Frau Schavan hat deutlich gezeigt, dass sie etwas ändern will", sagte Ingolf Schuphan, Professor an der RWTH Aachen und vielfacher Koordinator von Projekten zur biologischen Sicherheitsforschung nach Ende der Veranstaltung. Etwas vorsichtiger zeigte sich Inge Broer, Professorin für Agrobiotechnologie an der Universität Rostock: "Veranstaltungen wie diese könnten der Anfang für ein Umdenken sein. Wichtig wäre allerdings eine Anerkennung von wissenschaftlichen Ergebnissen." So komme es aus ihrer Sicht vor allem darauf an, dass die Politik mit ihren Entscheidungen nicht die Glaubwürdigkeit von wissenschaftlichen Einrichtungen und Behörden untergräbt. BASF-Vorstand Stefan Marcinowski mahnte eine Deeskalation im Umgang miteinander und eine Rückkehr zu naturwissenschaftlichen Maßstäben bei der Risikobewertung an. In diesem Sinne sei der Runde Tisch der richtige Weg, so Marcinowski.
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Die Gegner der grünen Gentechnik wiederum kritisierten die Zusammensetzung des Runden Tisches als "zu einseitig" und vermissten insbesondere Vertreter aus Entwicklungsorganisationen. Dies wäre vor allem beim Thema Welternährung, um das es unter anderem ging, wichtig gewesen, monierte Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), nach der Veranstaltung. "Wenn die nächste Runde nicht ausgewogener zusammengesetzt ist, hat es keinen Sinn dahin zu gehen", sagte auch Vizepräsident Hartmut Vogtmann vom Dachverband der Natur- und Umweltschutzverbände DNR. Man wolle kein Feigenblatt sein, betonte er. Weihbischof Bernd Uhl von der Erzdiözese Freiburg indes betonte, dass er nun deutlich nachdenklicher sei, was das Thema Welternährung betrifft. Man könne hier nicht allein von einem Verteilungsproblem sprechen, so Uhl.
Standpunkte |
Bundesforschungsministern Annette Schavan in der "Financial Times Deutschland": hier klicken Bundeslandwirtschaftsministern Ilse Aigner im "Hamburger Abendblatt": hier klicken |
Zugleich räumte auch die Forschungsministerin ein, dass die Gentechnik allein das Problem der Welternährung nicht lösen werden könne. Fragen wie Gerechtigkeit und Regierungshandeln spielen aus ihrer Sicht ebenfalls eine wichtige Rolle. Zugleich sei die Gentechnik lediglich eine von vielen Methoden, die in der Züchtung genutzt werde. Aigner warnte zudem davor, zu große Versprechungen mit der Gentechnik zu verknüpfen, etwa den Kampf gegen den Hunger in der Welt. Hier sei es auch nötig, den Bauern einen besseren Zugang zu Wasser und Land zu verschaffen. In einem nächsten Schritt wollen beide Ministerinnen die biologische Sicherheitsforschung bei einer nächsten Veranstaltung näher ins Visier nehmen. Hierzu wurde ein weiteres Treffen im Juli angekündigt.