Künstliche Luftröhre aus dem Labor funktioniert

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Fraunhofer-Forscherin Heike Mertsching (re.) mit ihrer Doktorandin Johanna Schanz im Labor. Quelle: Dirk Mahler/Fraunhofer Institut

24.07.2009  - 

Patienten mit großen Luftröhrenverletzungen hatten bislang kaum die Chance, ohne dauerhafte und intensive Krankenhausbehandlung zu überleben. Wissenschaftler um Heike Mertsching vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik haben nun einen Ausweg gefunden. Die Spezialisten für Regenerative Medizin haben ein Verfahren entwickeln, mit dem sich menschliche Luftröhren im Labor züchten lassen. Jetzt berichten sie von ersten Erfolgen.

Wer duch einen Unfall und eine Krebserkrankung Verletzungen an der Luftröhre erleidet, dem kann vielfach kaum geholfen werden. Lediglich kleine Defekte lassen sich chirurgisch behandeln. Künstliche Prothesen oder Spenderorgane kommen für ein sensibles Organ wie die Luftröhre jedoch nicht in Frage. Patienten mit großen Verletzungen können deshalb nur überleben, wenn sie sich in eine dauerhafte und intensive Krankenhausbehandlung begeben.

Hintergrund

Sie wollen mehr über die Züchtung künstlkicher Luftröhren erfahren? Dann schauen Sie auf den Webseiten der Forscher.

Mehr Infos beim Fraunhofer IGB: hier klicken

Mehr Infos bei der Klinik Schillerhöhe: hier klicken

Mehr Informationen auf der gemeinsamen Projektseite: www.artificial-organs.net

Schweinedarm als Ausgangsbasis

Diesem Problem wollten die Forscher um Heike Mertsching am IGB nun angehen. Ihre Idee: Warum nicht eine künstliche Luftröhre im Labor heranzüchten, die den Patienten später implantiert werden kann? Die Wissenschaftler sind Experten auf dem Regenerativen Medizin und des Tissue Engineering, also dem künstlichen Erzeugen von lebendem Gewebe - am besten mithilfe von Gewebe des Patienten, so dass es zu keinen Abstoßungsreaktionen durch das Immunsystem kommt.

Als Ausgangsbasis für die künstliche Luftröhre haben die Wissenschaftler ein Stück gewaschenen Schweinedarm verwendet, aus dem alle tierischen Zellen entfernt werden. Zurück bleibt eine zellfreie Trägerstruktur, deren Zusammensetzung derjenigen menschlichen Gewebes ähnelt. "Auf dieser Trägerstruktur siedeln wir Zellen aus dem Oberschenkel des Patienten an und kultivieren diese in speziellen Zellgewächshäusern, so genannten Bioreaktoren", erklärt Mertsching. Innerhalb von vier bis fünf Wochen entsteht so ein körpereigenes Gewebe des Patienten. Dieses wird mit einem eigenen Blutgefäßsystem ausgestattet, so dass es bei der Transplantation an den Blutkreislauf des Patienten angeschlossen werden kann. Wie die Forscher nun gemeinsam mit Ärzten von der Klinik Schillerhöhe, einem Standort des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart, in einer Pressemitteilung berichten, hat ein erster Betroffener von einer solchen künstlich gezüchteten Luftröhre profitieren können. „Er konnte acht Tage nach der Operation die Klinik verlassen und kann seither wieder ohne Luftröhrenschnitt atmen und sprechen“, erläutert Thorsten Walles, der als Arzt an der Klinik Schillerhöhe die Entwicklung gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut vorantreibt. Die Nachsorgeuntersuchungen hätten zudem gezeigt, so der Mediziner, dass das künstlich hergestellte Luftröhrengewebe unproblematisch angenommen wurde.

Forscher um Heike Walles vom Fraunhofer IGB haben eine künstliche Leber im Labor entwickelt.Quelle: Fraunhofer GesellschaftKlinische Studie läuft
Seit Anfang Juli läuft nun eine klinische Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative  "Entwicklung und Validierung von Methoden und Verfahren der Regenerationstechnologien für den Einsatz in der Medizin" finanziell unterstützt wird.

Erst kürzlich wurde Fraunhofer-Forscherin Mertsching zudem – gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Schanz – für die Entwicklung eines künstlichen Lebermodells mit dem Preis „Technik für den Menschen“ von der Fraunhofer-Gesellschaft ausgezeichnet (mehr...). Auch hier diente der Schweinedarm als Ausgangsbasis, um eine funktionierende Leber im Labor heranzuzüchten. Die beiden Forscherinnen konnten zeigen, dass sich damit die Wirkung von Medikamenten effizient testen lässt. Nun soll das Modell als neue Alternative zum Tierversuch für den Markt weiterentwickelt werden.

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