Krebsantikörper aus Deutschland erhält US-Zulassung

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Die Bite-Antikörper von Micromet werden eingesetzt, um eine seltene Leukämieform zu behandeln, die akute lymphatische Leukämie (ALL). Quelle: Vashidonsk/wikimedia commons

09.12.2014  - 

Nur zweieinhalb Monate nach der Einreichung des Zulassungsantrages hat die US-Aufsichtsbehörde FDA grünes Licht für das Biotech-Medikament Blinatumomab erteilt. Damit hat es der ursprünglich in den Laboren der Micromet AG in München entwickelte Antikörper im Rekordtempo auf den Markt geschafft. Seit der Übernahme der Firma durch den US-Biotech-Konzern Amgen im Jahr 2012 gehört die Krebsarznei zur Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie ins Portfolio der Amerikaner.

Bei Blinatumomab handelt es sich um einen künstlichen bispezifischen Antikörper, der auf der Basis der sogenannten BiTE-Technologie entwickelt wurde. Konventionelle therapeutische Antikörper markieren Krebszellen lediglich und setzen sie der menschlichen Immunabwehr aus. Wird die Antikörper-Therapie allerdings abgesetzt, so klingt auch der medizinische Effekt ab. Experten sprechen von passiven Immuntherapien. Das ehemalige Münchner Biotech-Unternehmen Micromet hatte es aber geschafft, die Antikörper so schrumpfen zu lassen, dass sie Tumorzelle und Killerzellen des Immunsystems in direkte Nachbarschaft zueinander bringen können. So richtet sich Blinatumomab wie ein Adapter gleichzeitig gegen den CD3-Rezeptor von T-Zellen und gegen das Oberflächenprotein CD19 auf den Tumorzellen. Die T-Zellen werden auf diese Weise aktiviert, sie gehen gezielt gegen die Krebszellen vor und zerstören sie. 

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Seit 30 Jahren kein neues Medikament
Mit der Übernahme des Nasdaq-notierten Unternehmens hatte sich im Juni 2012  der US-amerikanische Biotech-Konzern Amgen für 880 Millionen Euro den Zugriff auf das in Bayern entwickelte Molekül gesichert (mehr...). Die Amerikaner setzen den Bite-Antikörper zunächst bei bestimmten Formen der akuten lymphatischen Leukämie ein. Er soll Patienten zugute kommen, denen mit konventioneller Chemotherapie nicht mehr geholfen werden kann. Das ist unter normalen Umständen ein Todesurteil für die Patienten. Seit 30 Jahren wurde kein neues Medikament für solch Schwersterkrankte mehr zugelassen. Die Folge: kaum mehr als 7 Prozent dieser Blutkrebspatienten überlebten das wichtige Fünfjahresintervall. Auf dem diesjährigen Asco-Kongress in den USA vorgestellte Daten konnten zeigen, dass bei etwa 43 Prozent der mit Blinatumomab behandelten Patienten eine komplette Remission oder eine vollständige Remission mit einer weitgehenden Normalisierung des Blutbildes erreicht werden konnte.

Bei Blinatumomab werden zwei Antikörper zu einem „Adapter“ kombiniert, der ein Binden der T-Zelle an die Krebszelle ermöglicht.Lightbox-Link
Bei Blinatumomab werden zwei Antikörper zu einem „Adapter“ kombiniert, der ein Binden der T-Zelle an die Krebszelle ermöglicht.Quelle: Universitätsklinikum Würzburg

Krebsantikörper in Pionierrolle
Mit der nun erfolgten Zulassung durch die FDA hat es das ehemalige Leitprojekt der Münchner Micromet AG schneller als gedacht auf den Markt geschafft. Durch die Entscheidung dürfte dem Immunmolekül einmal mehr eine Pionierrolle zufallen. Es ist nicht nur der erste zugelassene BiTE-Antikörper, sondern auch die erste einer Reihe von vielversprechenden Immuntherapien, die den Behandlungsstandard völlig verändern dürften. Das hat auch die FDA erkannt. „Immuntherapien, insbesondere Blincyto mit seinem einzigartigen Wirkmechanismus, sind besonders vielversprechend für den Einsatz bei Patienten mit Leukämie“, so Richard Pazdur, der als Hämatologie-Spezialist bei der FDA arbeitet. Erst Ende Juli hatte die Behörde dem Antikörper die begehrte „Breakthrough Therapy Designation“ zugesprochen. Dadurch wurde eine Zulassungsprüfung bereits auf der Basis von Phase II vorgenommen. Auch bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA wurde ein entsprechendes Dossier eingereicht.Für Amgen dürfte sich die millionenschwere Übernahme Micromet schneller bezahlt machen als gedacht. Nach der Zulassung von Blinatumomab plant Amgen, die Entwicklung einer Reihe weiterer BiTE-Antikörper voranzutreiben.

© biotechnologie.de/sw

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