Wochenrückblick KW 46

18.11.2013

Hunde stammen von europäischen Wölfen ab

Ob Terrier, Dackel oder Bernhardiner - ihr gemeinsamer Vorfahre ist offenbar der europäische Wolf. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Ob Terrier, Dackel oder Bernhardiner - ihr gemeinsamer Vorfahre ist offenbar der europäische Wolf. Quelle: flickr/liverpoolhls CC-BY-2.0

Mithilfe von Erbgutanalysen haben Paläogenetiker die geografische Abstammung aller heute lebenden Hunde geklärt: Demnach sind europäische Wölfe die Urahnen der beliebten Haustiere.

An dem internationalen Forscherteam, koordiniert durch Olaf Thalmann von der Universität Turku in Finnland, waren auch Forscher aus Tübingen und Bonn beteiligt. Sie berichten in der Fachzeitschrift Science (2013, Bd. 342, S. 871). Bisher war umstritten, wann und wo der Wolf zum Hund wurde: Die Domestikation schien vor 15.000 Jahren in Ostasien begonnen zu haben, doch die ältesten Überreste von hundeartigen Tieren stammten aus Europa und Sibirien bereits aus der Zeit vor etwa 30.000 Jahren.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Hunde helfen Genetikern bei Erforschung einer Hautkrankheit

News: MERS: Virus-Spuren im Dromedar

Danach stammen alle heute lebenden Hunde von europäischen Vorfahren ab. Erste Ansätze, die Abstammungslinien des Hundes zu klären, legten nahe, dass ihre Vorfahren im Mittleren Osten oder in Ostasien gelebt hatten. In der neuen Studie haben die Forscher erstmals in einer umfassenden genetischen Analyse 18 prähistorische Hundeartige und Wölfe mit 77 modernen Hunden und 49 Wölfen verglichen, darunter so verschiedene Tiere wie den Basenji aus Zentralafrika, den australischen Wildhund Dingo, die in Nordamerika verbreiteten Kojoten als wilde Hundeart sowie mehrere chinesische Hunderassen. Bei den prähistorischen Hunden erwiesen sich vor allem Hundeknochen aus dem 14.700 Jahre alten Doppelgrab eines Mannes und einer Frau in Oberkassel bei Bonn als bedeutsam. Hinzu kommt ein 12.500 Jahre alter Hundefund aus der Karsteinhöhle bei Mechernich in Nordrhein-Westfalen. Grundlage der Studie war das Erbgut der Mitochondrien, Zellorganellen, die neben dem Zellkern eigene Gene besitzen. Die Forscher nutzten die genetischen Daten, um zu bestimmen, wo und wann sich Hunde von Wölfen abgespalten haben. „Ich war verblüfft, wie deutlich herauskam, dass die heute lebenden Hunde alle auf gemeinsame Stammbäume zurückgehen, nämlich vier Abstammungslinien, die alle in Europa ihren Anfang nahmen“, sagt Olaf Thalmann. Ein Großteil der Proben von Hunden aus aller Welt ließ sich einer Abstammungslinie zuordnen, die enge Verwandtschaft zu einem prähistorischen Wolf aus dem Kesslerloch zeigt, einer Höhle im Schweizer Kanton Schaffhausen. Aus den molekularen Daten haben die Forscher errechnet, wann europäische Jäger und Sammler die ersten Wölfe zähmten: Dies geschah vor 18.800 bis 32.100 Jahren, also auf dem Höhepunkt der letzten großen Eiszeit. „Damit gab es den Hund als Haustier, lange bevor zum Beispiel Ziegen, Schafe oder Rinder domestiziert wurden“, sagt Paläogenetiker Johannes Krause von der Universität Tübingen.

© biotechnologie.de/pg

Millionenschwere Kooperationen für Evotec

Evotec erhält für die Forschungsabeiten an der Alzheimer'schen Krankheit rund 10 Millionen US-Dollar von Janssen Pharmaceuticals. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Evotec erhält für die Forschungsabeiten an der Alzheimer'schen Krankheit rund 10 Millionen US-Dollar von Janssen Pharmaceuticals. Quelle: Evotec

Die Hamburger Evotec AG hat zwei Forschungskooperationen gestartet, in denen es um Alzheimer-Wirkstoffe und Krebstherapien geht.

Gemeinsam mit dem Johnson & Johnson Innovation Center California  (JJICC) sucht der Wirkstoffscreening-Spezialist nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für die Alzheimer'sche Erkrankung. Eine entsprechende Vereinbarung gab Evotec am 8. November bekannt. Die Johnson & Johnson-Tochter Janssen Pharmaceuticals, Inc. wird für die Forschungsarbeiten in den kommenden drei Jahren bis zu 10 Millionen US-Dollar an Evotec überweisen. Hinzu kommen je Projekt meilensteinabhängige Prämien zwischen 125 und 145 Millionen US-Dollar. Sollte ein Produkt tatsächlich bis zur Marktreife entwickelt werden, erhalten die börsennotierten Hamburger zudem eine Umsatzbeteiligung.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Evotec schließt Indien-Standort

News: Millionenkooperation zwischen Evotec und Bayer

Mit dem Abkommen sichert sich Janssen den Zugriff auf Evotecs hauseigene Datenbank. Die darin katalogisierten Zielstrukturen seien „Ergebnis einer Analyse fehlregulierter Gene in hochwertigen und gut charakterisierten Gewebeproben des menschlichen Gehirns“, teilte Evotec mit. Selbst wenn das Projekt ein voller Erfolg wird: mit neuen Arzneien ist zunächst nicht zu rechnen. Erst nach 2020 könnten entsprechende Wirkstoffe auf  den Markt kommen, sagte Guy Seabroock, beim JJICC zuständig für Neurowissenschaften. Zuletzt hatte die Branche bei der Entwicklung von Alzheimer-Arzneien einige Rückschläge hinnehmen müssen. So scheiterte im vergangenen Jahr die Entwicklung des Antikörpers Bapineuzumab, der an das Protein Amyloid-Beta bindet. Diesen November hatte Evotec bereits den Start einer Kooperation mit The Leukemia & Lymphoma Society (LLS) vermeldet. Im Rahmen der Zusammenarbeit wird Evotec gemeinsam mit LLS ausgewählte Programme durch Hochdurchsatz-Screening-Aktivitäten unterstützen. Zudem sollen in dem Programm niedermolekulare Substanzen zu Leitstrukturen weiterentwickelt werden.

© biotechnologie.de/bk

Wacker übernimmt Scil Proteins Production

Die Scil Proteins GmbH hat sich auf die Entwicklung pharmazeutischer Proteinwirkstoffe spezialisiert. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Scil Proteins GmbH hat sich auf die Entwicklung pharmazeutischer Proteinwirkstoffe spezialisiert. Quelle: Scil Proteins GmbH

Der Proteinhersteller Scil Proteins Production wird von der Wacker Biotech GmbH in Jena übernommen.

Sowohl die Produktionsstätte in Halle an der Saale als auch Patente und die übrigen Vermögenswerte gehen an Wacker Biotech. Der alleinige Eigner des Proteinherstellers, die BioNet Ventures GmbH, verkauft alle ihre Anteile an Wacker – für einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag, wie in Branchenkreisen zu erfahren war. Die beiden Geschäftspartner selbst machen zum Verkaufspreis keine Angaben. Weiterhin eigenständig bleibt die Schwesterfirma Scil Proteins GmbH.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Scil Proteins und japanische Ono kooperieren

News: 24 Millionen Euro für Scil Proteins

Das sachsen-anhaltinische Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von rekombinanten Proteinen spezialisiert, den Affilinen. Die vom menschlichen Ubiquitin abgeleiteten Antikörpermimetika sollen zur Behandlung unterschiedlicher Krankheiten eingesetzt werden. Bei Scil Proteins bleibt BioNet der alleinige Besitzer. Die Transaktion wird voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2014 abgeschlossen sein. „Mit sich ergänzenden Produktionskapazitäten können wir unserem gemeinsamen Kundenstamm nun einen deutlichen Mehrwert bieten“, begründet Ulrike Fiedler, die bisherige Geschäftsführerin von Scil Proteins Production den Verkauf. Das im Jahr 2005 gegründete Unternehmen beschäftigt rund 80 Mitarbeiter und verfügt in Halle über Fermenter mit einer Kapazität von bis zu 1.500 Litern. Darin können pharmazeutische Wirkstoffe in GMP-Qualität hergestellt werden. Die Anlagen sind bereits von der europäischen Aufsichtsbehörde European Medicines Agency für die Herstellung eines Pharmaproteins geprüft worden. Die Zulassung durch die US-amerikanische Aufsichtsbehörde FDA wird ebenfalls bald erwartet. Gegenüber einem Ausbau der eigenen Anlagen in Jena biete die jetzige Transaktion Wacker einige Vorteile sagte Gerhard Schmid, Leiter des Geschäftsbereichs Wacker Biosolutions: „Wir erhalten Zugang zu Know-how, zu hochqualifizierten und erfahrenen Experten und zu einer EMA-zugelassenen GMP-Fertigung auf dem neuesten Stand der Technik mit einer hohen Produktionskapazität.“

© biotechnologie.de/bk

Krebszellen am geometrischen Muster erkennen

Die Struktur von Krebszellen (rechts) unterscheidet sich von gesunden Zellen (links) durch einen höheren Grad an Chaos. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Struktur von Krebszellen (rechts) unterscheidet sich von gesunden Zellen (links) durch einen höheren Grad an Chaos. Quelle: Spatz, MPI für Intelligente Systeme

Stuttgarter Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sich Tumorzellen anhand bestimmter geometrischer Muster, sogenannter Fraktale, genau unterschieden lassen.

Viele der hypnotische Bildschirmschoner der 1990er Jahre basieren auf ihnen. Doch auch in der Natur kommen als Fraktale bezeichnete geometrische Muster vor: Schneeflocken, Blumenkohl oder die Verzweigungen von Blutgefäßen weisen Eigenschaften von Fraktalen auf.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Lungenkrebs: Genprofil ermöglicht personalisierte Therapie

News: Schlummernden Tumorzellen den Saft abdrehen   

Werden kleine Strukturen dieser Objekte betrachtet, ähneln sie in Gestalt und Aufbau größeren Strukturen desselben Objekts. Die Mathematiker sprechen hier von Selbstähnlichkeit. Forscher um Joachim Spatz vom Max-Planck-Institut für intelligente Systeme haben nun auch in der Tumorbiologie fraktale Muster entdeckt. Das Team in Stuttgart kann in der Bauchspeicheldrüse Tumorzellen (im Bild rechts) von gesunden Zellen (im Bild links) unterscheiden – allein anhand der Gestalt. Und nicht nur das: Mit 97-prozentiger Sicherheit vermochten die Wissenschaftler auch zu erkennen, um welchen von zwei unterschiedlich bösartigen Bauchspeicheldrüsentumoren es sich handelt. „Auf diese Weise lassen sich Krebszellen sehr viel genauer und schneller unterscheiden als mit der bisher gängigen Methode“, so Spatz. Kürzlich veröffentlichten die Bioinformatiker ihre Arbeit im Fachmagazin Nano Letters (2013, Bd. 11, S. 5474). Hier schreiben sie, dass sich ein fortschreitend entwickelnder Krebs durch ein hohes Maß an Chaos auszeichnet. Genau dieses Chaos kann durch die Fraktalität der Oberfläche der Zelle mathematisch beschrieben werden. Aus Sicht der Mathematiker bietet die neue Methode einige Vorteile gegenüber der herkömmlichen Bestimmung von Krebszellen mit Antikörpern und Farbstoffen. Die fraktale Geometrie ist nicht nur zuverlässiger, sondern auch deutlich schneller und billiger als immunohistochemische Methoden. Die Zellen lassen sich unter einem Mikroskop untersuchen, ohne dafür besonders präpariert werden zu müssen. Um die Details der Zellränder erfassen zu können, sollte jedoch ein Reflexionskontrastmikroskop zur Hand sein. Anhand des reflektierten Lichtes lassen sich damit selbst winzige Strukturen am Zellrand untersuchen. „Der nächste Schritt für uns werden konkrete Kooperationen mit Kliniken sein, um die Methode direkt an relevanten Gewebeproben zu testen“, sagt Spatz.

© biotechnologie.de/ml