Wochenrückblick KW 43
Rückblick auf Kalenderwoche 43
Für den Zeitraum vom 21. bis 28. Oktober 2013 hat biotechnologie.de für Sie die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche zusammengestellt.
Flossenlose Fische durch Logistik-Fehler
Zebrafische ohne Flossen haben die Aufmerksamkeit von Berliner Molekularbiologen auf einen Transkriptionsfaktor namens AP-1 gelenkt.
Das Molekül spielt in der Zelle beim Vesikeltransport eine Rolle, ein Phänomen, dessen Erforschung kürzlich mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurde (mehr...). Vom Transkriptionsfaktor AP-1 hängt es zudem ab, ob sich der Embryo eines Wirbeltiers normal entwickeln kann. Er spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei der Regulation von Zelldifferenzierung, der Zellteilung und dem Programmierten Zelltod. Das Team um Volcker Haucke vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) hat nun herausgefunden, dass AP-1 als Sortiersignal für Membranvesikel fungiert.
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Ihre Ergebnisse haben die Forscher im Fachjournal Current Biology (2013, Online-Vorabveröffentlichung) publiziert. Der Vesikeltransport kann über die Aktivierung von Genen im Zellkern entscheiden. Das fanden die FMP-Forscher heraus, indem sie den AP-1-Enzym-Komplex in Zebrafischen ausschalteten. Das Ergebnis: „Bei den nur wenige Tage alten Embryonen der Fische wuchsen daraufhin keine Brustflossen – das ist mit Menschen vergleichbar, denen die Arme fehlen“, sagt Volker Haucke. Man wusste bereits zuvor, dass die Entstehung von Flossen durch ein weiteres Entwicklungsprogramm – den WNT-Signalweg - gesteuert wird. Der dazugehörige WNT-Rezeptor wird dafür innerhalb eines Vesikels in eine Zielzelle geschleust, nachdem er vom WNT-Molekül aktiviert wurde. Dort kurbelt er weitere molekulare Programme zur Flossenentwicklung an. Damit sich der Embryo normal entwickelt, muss der eingeschleuste Rezeptor immer wieder an die Außenmembran der Zelle transportiert werden. Diesen Job erledigt der AP-1 Komplex, der an das Vesikel bindet wodurch es zurück zur Außenmembran wandert. „Wir haben erstmals gezeigt, wie der WNT-Signalweg durch den Vesikeltransport reguliert wird“, freut sich FMP-Direktor Volker Haucke.
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3D-Struktur eines Kopierenzyms aufgeklärt
Münchener Strukturbiologen haben die 3D-Struktur des bedeutenden Kopierenzyms RNA-Polymerase I bis ins atomare Detail zu entschlüsselt.
Die RNA-Polymerase I (PolI) spielt eine zentrale Rolle bei der Proteinproduktion und für das Zellwachstum. Bei Fehlfunktionen von Pol I besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Krebs. Ribosomen, die zellulären Proteinfabriken, bestehen selbst zu zwei Dritteln aus ribosomaler RNA, die durch die RNA-Polymerase I hergestellt wird. Im Fachjournal Nature (2013, Online-Vorabveröffentlichung) stellen Forscher um Patrick Cramer vom Genzentrum der Ludwig Maximilians-Universität München nun die hochaufgelöste dreidimensionale Struktur von Pol I vor. Die 3D Karte verrät die Lage von 35.000 Atomen sowie die genaue Position der 14 Untereinheiten des Enzyms.
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News: Bakterielle Giftnadeln in 3D News: 3D-Ansicht der Netzhaut |
Ein schwieriges Unterfangen für die Forscher, denn Pol I ist ein relativ großes und komplexes Molekül. „Entscheidend für den Erfolg war, dass es uns nach zehn Jahren harter Laborarbeit gelungen ist, Kristalle des Enzyms zu züchten, die für eine Röntgenstrukturanalyse des gesamten Komplexes bei hoher Auflösung geeignet sind“, sagt Cramer. Die Züchtung von Kristallen, deren Gitterstruktur aus unzähligen Pol I-Molekülen besteht, ist notwendig um ein regelmäßiges Beugungsmuster ableiten zu können, sobald man die Gitterstrukturen mit Röntgenstrahlen beschießt. Cramer gelang es bereits im Jahr 2000 die Struktur der RNA-Polymerase II (Pol II) zu entschlüsseln, die für die Proteinsynthese die Baupläne liefert. Die beiden Enzyme unterschieden sich vor allem im Aufbau ihrer aktiven Zentren. Zusätzliche Strukturen können einen tiefen Spalt im Zentrum von Pol I öffnen und schließen und so die Aktivität des Enzyms steuern. Bei der Entwicklung von Krebsmedikamenten, die das Zellwachstum verlangsamen sollen, könnte dieser regulatorische Mechanismus in Angriff genommen werden. „Vermutlich haben wir mit dem Wechsel zwischen inaktivem und aktivem Zustand unerwartet einen generellen Mechanismus für die Regulation genetischer Information in der Zelle entdeckt“, sagt Cramer. Bald wollen die Strukturbiologen in einem molekularen Film zeigen, wie Gene an und ausgeschaltet werden.
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IDT investiert in Biopharmapark Dessau
Das Biotech-Unternehmen IDT Biologika investiert bis zu 40 Millionen Euro in den Ausbau der Produktionskapazitäten im Biopharmapark Dessau-Roßlau.
Mit den Investitionen will der Impfstoffspezialist jedoch nicht nur neue Anlagen für die Produktion installieren. Zusätzliche Module sollen fertig produzierte Arzneien mit Seriennummern und zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen ausstatten, um sie fälschungssicherer zu machen. Rund 180 Arbeitsplätze könnten entstehen. „Die Herstellung von Biologika sowie sterilen Krebsmedikamenten gehört zu den schwierigsten Aufgaben in der pharmazeutischen Industrie", betonte Ralf Pfirmann, Geschäftsführer der IDT Biologika.
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News: IDT übernimmt Riemser Tiergesundheit News: Impfstoffspezialist IDT Biologika investiert 85 Millionen Euro |
Erst im vergangenen September hat IDT die Produktionskapazitäten ausgeweitet. Insgesamt 85 Millionen Euro hatte das Unternehmen dafür investiert und 160 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die neue Anlage kann in der derzeitigen Konfiguration jährlich 20 Millionen Ampullen abfüllen. Im Endausbau könnten jährlich bis zu 60 Millionen Ampullen mit gefriergetrockneten Impfstoffen oder anderen biotechnologisch hergestellten Arzneien befüllt werden. Damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: „Wir trauen uns 2021 einen Umsatz von 250 Millionen Euro zu“, sagte Pfirmann kürzlich in einem Interview. Das ehemalige Impfstoffwerk Dessau-Tornau war 1993 von der Klocke-Gruppe übernommen worden. Inzwischen arbeiten bei dem Unternehmen, das heute IDT Biologika heißt, wieder rund 1.100 Beschäftigte. Der Jahresumsatz liegt bei etwa 125 Millionen Euro. Hauptgeschäftsfelder sind Humanimpfstoffe, Pharmazeutika sowie Medizinprodukte aus dem Bereich Tiergesundheit.
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Epigenomics verkauft Lizenzrechte nach China
Die US-chinesische Firma Biochain erwirbt von der Berliner Epigenomics AG die exklusiven Lizenzrechte für einen Darmkrebstest in China.
Die strategische Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen könnte für zusätzliche Umsätze sorgen. Epigenomics kündigte an, das Kapital zu nutzen, um den eigenen Vertrieb für Epi proColon zu stärken und den laufenden Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Biochain erwirbt eine exklusive Lizenz zur Entwicklung und Kommerzialisierung von Septin9-In-vitro-Diagnostik-Tests zur Darmkrebs-Früherkennung für den chinesischen Markt. Zudem wird das Unternehmen neuer Minderheitsaktionär bei Epigenomics. Gegen Zahlung von 950.000 Euro in bar ist Biochain künftig mit weniger als 1,75 Prozent an Epigenomics beteiligt. Für die rund 200.000 neuen Aktien zahlte Biochain einen Stückpreis von 4,32 Euro – etwa 5 Prozent unter dem durchschnittlichen Xetra-Schlusskurs der letzten beiden Handelstage vor der Bekanntmachung. Der Diagnostikspezialist Epigenomics vertreibt Epi proColon bereits seit 2009 (mehr...).
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„Wir freuen uns außerordentlich über das engagierte und energische Vorgehen von BioChain bei der beschleunigten Erschließung des chinesischen Marktes für Darmkrebs-Früherkennung mit unserem Biomarker“, sagte Thomas Taapken, Vorstandsvorsitzender der Epigenomics AG. Sein Unternehmen erhält eine Vorabzahlung in ungenannter Höhe sowie jährliche Mindestzahlungen. Hinzu kommt eine Umsatzbeteiligung im mittleren einstelligen Prozentbereich, sobald das Produkt von der chinesischen Aufsichtsbehörde CFDA zugelassen worden ist. Bereits seit März dieses Jahres liefert Epigenomics einzelne Testkomponenten an Biochain. Für die chinesische Marktzulassung plant Biochain, eine klinische Studie auf eigene Kosten durchzuführen. Die dafür benötigten rund 5.000 Epi proColon-Tests hat der Diagnostikspezialist bereits bei den Berlinern geordert. Auch eine noch weitergehende Zusammenarbeit sei denkbar, heißt es aus Berlin: Gemeinsam sollen weitere auf DNA-Methylierung basierende Biomarker von Epigenomics in der Onkologie validiert werden. Entsteht aus der Forschungskooperation ein marktfähiges Produkt, hat BioChain die Option, die Kommerzialisierungsrechte für den chinesischen Markt zu erwerben, während Epigenomics die Rechte zur Kommerzialisierungen in allen übrigen Regionen der Welt behält.
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