Das Doping-Labor in der Hosentasche

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Veranstaltungsort des Innovationsforums war das Konrad-Zuse-Medienzentrum der Hochschule Lausitz. Im Foyer präsentierten die Firmen ihre Produktentwicklungen während die Forscher ihre Arbeiten nebenan vorstellten. Quelle: Ralf-Peter Witzmann / Hochschule Lausitz

25.04.2013  - 

Die Diagnostik hat in den vergangenen Jahren den Schritt von der Untersuchung einzelner hin zur parallelen Analyse mehrerer Parameter vollzogen. Das Ziel ist klar: schnellere und präzisere Ergebnisse bei möglichst geringem Materialeinsatz. Im brandenburgischen Senftenberg trafen sich Mitte April mehr als 100 Experten aus ganz Deutschland, um über neue Ansätze in der sogenannten Multiparameteranalytik zu sprechen. Das mittlerweile zum 7. Mal abgehaltene Branchentreffen an der Fachhochschule Lausitz stellte in diesem Jahr die „Trends mikroanalytischer Systeme und Chip-basierter Bioanalytik“ als thematische Klammer in den Mittelpunkt. Den wissenschaftlichen Rahmen prägte unter anderem ein Vortrag über die zukünftigen Aufgaben der Analytik bei der Überführung von dopenden Sportlern.

Senftenberg kann man vielleicht nicht als Nabel der Welt bezeichnen, doch der kleine Ort in der Lausitz hat sich mit viel Sachverstand und Beharrlichkeit in den vergangenen Jahren zu einem vielbeachteten Treffpunkt eines wachsenden Forschungsfeldes gemausert. So war auch das diesjährige Innovationsforum Multiparameteranalytik am 18. und 19. April gut besucht. Die Hochschule Lausitz (FH), der Bioresponse e.V. und das Zentrum für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik (ZMDB) organisierten auch 2013 die Veranstaltung gemeinsam. Schon während der ersten Präsentationen wurde klar, wo die Experten die Zukunft ihres Forschungsfeldes sehen: in der Analyse von Nukleinsäuren. Während es bei einer Reihe von Vorträgen und Postern um neue Entwicklungen der Genotypisierung von Krankheitserregern oder Tumor-DNA im Nanomaßstab und Parallelbetrieb ging, diskutierten andere Sprecher die Rolle der RNA in der Analytik – unter anderem auch in der Doping-Analytik.

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Das molekulare Muster einer Virusinfektion
Dirk Laßner von der Institut Kardiale Diagnostik und Therapie GmbH in Berlin strich zunächst die besondere Bedeutung der Mikro-RNA für die Diagnostik heraus. Diese kleinen RNA-Moleküle seien erstaunlich stabil und könnten unabhängig vom Ort ihrer Entstehung im Körper einfach aus dem Blut der zu untersuchenden Personen gewonnen werden. Laßner verdeutlichte, dass zum Beispiel die Erstellung eines sogenannten Profils der isolierten miRNA-Moleküle erlaube, Rückschlüsse auf Virusinfektionen des Herzmuskels zu ziehen. Auch Michael Pfaffl von der Technischen Universität München ist sich sicher: „Der Mikro-RNA gehört die Zukunft.“ Pfaffl konzentriert sich bei seiner Forschungsarbeit aber nicht nur auf die Mikro-RNA. Neben anderen Klassen von kleinen regulatorischen RNA-Molekülen behält er natürlich auch den großen Bruder, die Boten-RNA (mRNA) im Blick. Der Bayer setzt auf diese „Transkriptionsbiomarker“, um Hormonmissbrauch bei Sportlern oder Hormonbehandlungen in der Nahrungskette auf die Schliche zu kommen.

„Hormoncocktails werden nachgewiesen werden können.“
„Bisher hinkt die Analytik den schmutzigen Praktiken immer einen Schritt hinterher“, so Pfaffl. Mit klassischen Methoden wie der Massenspektrometrie können Dopingfahnder naturgemäß nur das entdecken, was sie bereits kennen. Das inzwischen praktizierte Doping verlässt sich aber auf neue, den Kontrolleuren noch unbekannte Substanzen. Mit Hilfe von „Transkriptionsbiomarkern“ wird man in Zukunft die physiologische Antwort auf leistungssteigendere Substanzen erfassen. Als Doping wird dann gelten, wenn das kombinierte Muster der von der DNA abgelesenen Produkte wie mRNA und miRNA vom normalen Muster des Sportlers abweicht. „So kann man auch die Wirkung von Hormoncocktails nachweisen, bei denen jede einzelne Zutat unter der Detektionsschwelle konventioneller Analysegeräte liegt“, hofft Pfaffl.

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Röhre statt Kammer
Nicht in die Zukunft sondern 20 Jahre zurück blickte Andrew deMello von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. In seinem Vortrag erinnerte er an die Anfänge der Miniaturisierungsbestrebungen, die er als einen Grundpfeiler für das gesamte Feld der Multiparameteranalytik sieht. Mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) vervielfältigen Forscher seit den 70iger Jahren DNA und andere Nukleinsäuren.
1993 erschien dann das erste wissenschaftliche Paper zur Chip-basierten PCR. Damals fand die Reaktion en miniature noch in einer kleinen stationären Kammer statt. Vor allem dank der Arbeiten deMellos konnten die für die Reaktion benötigten Volumina nochmals verringert, die Zeit von Versuchsbeginn bis zum fertigen Ergebnis noch weiter reduziert werden. Sein Ansatz: Statt ein Reaktionsgefäß wie bei einer PCR üblich zu erhitzen und zu kühlen leitete er 1998 das Reaktionsgemisch in einem Röhrensystem einfach über unterschiedlich temperierte Blöcke.


Der 43-jährige Brite beeindruckte das Senftenberger Publikum aber vor allem mit seinen Erläuterungen zur Mikrofluidik mit Tröpfchen („droplet microfluidics“). Die für die Diagnostik relevanten Reaktionen finden in den einzelnen Tröpfchen einer Emulsion statt. Dabei erreichen Forscher derzeit eine Herstellungsrate von mehr als 1.000 pro Sekunde – und das bei einer jeweils konstanten Größe der Tröpfchen. In modernen Taschentuchlaboren werden diese Tröpfchen dann al gusto fusioniert, aufgespalten, konzentriert oder auch verdünnt. Während die Vervielfältigung von Nukleinsäuren („amplification“) auch im Nanomaßstab schon möglich ist, hakt es aber noch an der Detektion des fertigen Produktes. Hier arbeiten die Forscher mit Hochdruck an Methoden, die sich mit der Tröpfchen-Methode kombinieren lassen. Trotzdem ließ deMello keine Zweifel daran aufkommen, dass diese Probleme bald überwunden werden: „In Zukunft werden komplette Genomanalysen auch mit kleinen Diagnostik-Chips möglich sein.“

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