Wochenrückblick KW 33

20.08.2012

Zootiere: Herpesvirus wechselt zwischen Artgrenzen

Forscher haben das bisher unbekannte Herpesvirus identifiziert, das 2010 im Wuppertaler Zoo einen Eisbären tötete.

2010 starb im Wuppertaler Zoo das Eisbärweibchen Jerka an einer durch Herpesviren verursachten Gehirnentzündung. Wie ein internationales Forscherteam unter Leitung des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in der Fachzeitschrift Current Biology (2012, Online-Vorabpublikation) beschreibt, war ein normalerweise in Zebras vorkommendes Virus die Ursache für den Tod.

In Wuppertal starb Eisbärin Jerka an einem tödlichen Virus - das sonst nur Zebras befällt.Lightbox-Link
In Wuppertal starb Eisbärin Jerka an einem tödlichen Virus - das sonst nur Zebras befällt.Quelle: Zoo Wuppertal/Barbara Scheer

Normalerweise sind Krankheitserreger an einen Wirt angepasst, unter Umständen können sie aber auch andere Arten infizieren.

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Wochenrückblick: Genomanalyse: Eisbär älter als gedacht

Diese Situation kommt in freier Wildbahn selten vor: Nur in Zoos treffen verschiedene Tierarten mit so großer Dichte aufeinander. Zum Erstaunen der Forscher entpuppte sich das für die Eisbären tödliche Virus als Rekombinante zweier verschiedener Viren, die beide Zebras infizieren. Der Großteil der DNA-Sequenz stammt vom Pferdeherpesvirus EHV1, das einen Teil seiner DNA auf das Pferdeherpesvirus EHV9 übertragen hat.

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Codon AG: 3,9 Millionen Euro für Ersatzknorpel-Studien

Die Codon AG aus Berlin-Teltow könnte 3,9 Millionen Euro zusätzlich erhalten, um ihre klinischen Studien für Knorpelersatztherapien zu finanzieren.

Mit dem Geld finanziert Codon klinische Studien zum Knorpelersatz.Lightbox-Link
Mit dem Geld finanziert Codon klinische Studien zum Knorpelersatz.Quelle: Codon AG

Wie das Unternehmen am 13. August mitteilte, haben seine Gesellschafter auf der Hauptversammlung am 8. August ein neues genehmigtes Kapital in Höhe von 3,5 Millionen Euro beschlossen. Der Vorstand kann nun die Ausgabe junger Aktien vorbereiten. Für die Papiere gibt es bereits Käufer. Die beiden zypriotischen Investmentfonds Trans Nova Investments Ltd. und Osemifaro Investments Ltd. hatten schon Ende Juli zugesagt, jeweils 1,7 Millionen Aktien zum Stückpreis von 1,10 Euro zu beziehen. Codon könnten so rund 3,9 Millionen Euro zufließen.  Weitere rund 0,4 Millionen Euro könnte Codon im Rahmen einer Wandelschuldverschreibung von den beiden unabhängig voneinander agierenden Fonds erhalten. Unterm Strich könnten die Fonds jeweils 18,75 Prozent der Codon-Anteile halten. Das sichert ihnen auch Einfluss im Aufsichtsrat. Der wurde auf der Hauptversammlung um drei auf insgesamt sechs Mitglieder erweitert.

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News: Bei Codon deutet sich Strategiewechsel an

Förderbeispiel: Die Ohren steif halten - mit Nanozellulose aus Bakterien

Neben dem russischen Molekularbiologen Andrei Petrov wurden die Finanzexperten Stig Jarle Petterson und Thomas Krause in das Gremium gewählt.  „Mit den neuen Mitteln ist der Finanzierungsbedarf unseres Unternehmens gesichert“, sagte der Codon-Vorstandsvorsitzende Andreas Baltrusch. „Insbesondere die hohen Aufwendungen für zwei klinische Studien und damit die Beantragung einer zentralen Zulassung unseres Hauptproduktes durch die Europäische Medizinagentur (EMA) können durch das neue Kapital sichergestellt werden.“  Ab 2013 ist die zentrale Zulassung Grundvoraussetzung für eine europaweite Vermarktung der autologen Knorpelersatztherapien.

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Neunaugen gaben Gene an Wirt weiter

Die Fischparasiten Neunaugen können Gene auf ihre Wirte übertragen.

Die parasitären Neunaugen ernähren sich von Blut und Körpersäften ihrer Wirte.    Lightbox-Link
Die parasitären Neunaugen ernähren sich von Blut und Körpersäften ihrer Wirte. Quelle: Wikimedia

Wie Wissenschaftler der Universität Konstanz im Fachjournals Genome Biology and Evolution (2012, Online-Vorabpublikation) beschreiben, findet ein horizontaler Genaustausch statt, während die Parasiten ihre Opfertieren aussaugen. Neunaugen bilden eine sehr alte Gattung, die sich seit 500 Millionen Jahren nicht verändert hat. Das Maul der aalähnlichen Parasiten ist mit unzähligen Hornzähnen ausgestattet. So saugen sie sich an Fischen fest, trinken Blut und raspeln Hautzellen ab. Die Konstanzer Arbeitsgruppe um den Evolutionsbiologen Axel Meyer ist teil eines internationels Forschungsnetzwerks, das das gesamte Genom der Meeresneunaugen bestimmt und analysiert hat. Dabei fiel den Forschern auf, dass das Neunaugen-Genelement Tc1 mit über 6.600 Kopien auffallend häufig bei den Tieren vertreten war. „Diese bestimmte Form von Tc1 ist nur in den Genomen von wenigen Tierarten zu finden, und zwar ausschließlich in Neunaugen und in Süßwasserfischen der nördlichen Erdhalbkugel, die regelmäßig Opfer von Neunaugen werden“, schildert Axel Meyer. Die Interpretation der Wissenschaftler: diese DNA-Elemente haben sich mehrfach zwischen Neunaugen und deren Wirtsfischen horizontal verbreitet.

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News: Beim Pfropfen wandert das Erbgut

News: Genübertragung: Bakterium pflanzt sich in Wespen-Genom

Der Begriff „horizontaler Gentransfer“ bezeichnet eine Übertragung von Genen über Artgrenzen hinweg, das heißt zwischen verschiedenen Tierarten derselben Generation. Der Konstanzer Fund ist für das Forscherteam spektakulär: „Mir ist kein anderer Fall bekannt, in dem horizontaler Gentransfer zwischen Wirbeltieren eintritt und ein anderes Wirbeltier der Vektor ist“, erklärt Meyer. Zudem legten die Ergebnisse nahe, dass dieses Genmaterial aus evolutionär weitaus jüngeren Fischarten stammen muss. Die Neunaugen spielen in diesem Fall also nur die Rolle des Überträgers. Für die betroffenen Tiere muss das kein Nachteil sein, sagt Meyer: "Es sind Fälle bekannt, in denen solche ‚springenden Gene‘ die Funktion eines benachbarten Gens verändert haben. Dies kann sogar positive evolutionäre Effekte haben", so Axel Meyer. Dass Gentransfere die Evolution offenbar viel stärker als gedacht beeinflussen, konnten auch Wiener Forscher im Februar belegen. Neunaugen werden je nach Art zwischen 20 bis 40 Zentimeter groß. Der Name der Rundmäuler geht auf die ersten Beschreibungen zurück. Dabei hielten die Beobachter die Nasenöffnung und die sieben seitlichen Kiemenspalten ebenfalls für Augen. Die Familie der Neunaugen wurde 2012 zum Fisch des Jahres gekürt, obwohl Neunaugen taxonomisch nicht zu den Fischen zählen. 

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Eine Million Euro für Mainzer Forschungsverbund ChemBioMed

Mit einer Million Euro fördert die Stuttgarter Carl-Zeiss-Stiftung die Erforschung  alternativer Naturstoffe aus Pilzen und marinen Schwämmen.

Wie der Förderempfänger, die Mainzer Initiative ChemBioMed, am 15. August bekannt gab kommt das Geld einem Forschungsverbund aus Universitätsmedizin und dem Fachbereich Chemie der Johannes-Gutenberg-Universität zugute. Die ChemBioMed-Initiative zielt darauf ab, eine Forschungskette zu entwickeln, die bei der Gewinnung von Naturstoffen beginnt und über deren Strukturaufklärung und Synthese bis hin zur biomedizinischen Anwendung nahtlos ineinander übergeht. Die Naturstoffe aus Pilzen und marinen Schwämmen sollen einmal zur Vorbeugungen und Behandlung von Krankheiten wie Alzheimer, Krebs oder Entzündungen eingesetzt werden. Dafür werden bisher weltweit vor allem chemische Stoffe verwendet. Naturstoffe haben dem gegenüber aber einen entscheidenden Vorteil, so das Forscherteam um Verbundkoordinator Till Opatz vom Institut für organische Chemie: Die Evolution hat die Stoffe bereits in lebenden Organismen getestet und offenbar für gut befunden.

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News: Vom Schwamm zur Apotheke

Menschen: Tilman Harder: Biochemische Rasterfahndung im Meer

Die ChemBioMed-Initiative zielt nun darauf ab, eine Forschungskette zu entwickeln, die bei der Gewinnung von Naturstoffen beginnt und über deren Strukturaufklärung und Synthese bis hin zur biomedizinischen Anwendung nahtlos ineinander übergeht. „Um diese Herausforderung zu bewältigen, braucht es kluge Köpfe sowie ausgefeilte Technologien. Daher ziehen Mediziner, Chemiker, Biologen und Bioinformatiker in unserem Forschungskonzept an einem Strang“, erklärt Roland Stauber, einer der beiden Verbundkoordinatoren. Die Carl-Zeiss-Stiftung ist eine seit 1889 bestehende und von Ernst Abbe gegründete Stiftung, die Wissenschaft und Forschung im Bereich der Natur- und Ingenieurwissenschaften in den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen unterstützt. 

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