Infarkt: Junge Herzen regenerieren dank Zellreserve

Herz eines 18 Tage alten Mäuseembryos, die Herzkranzgefäße sind blau eingefärbt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Herz eines 18 Tage alten Mäuseembryos, die Herzkranzgefäße sind blau eingefärbt.

01.08.2012  - 

Bei einem Herzinfarkt kommt es zum Durchblutungskollaps, dabei stirbt Muskelgewebe ab und geht unwiederbringlich verloren. Zumindest bei ausgewachsenen Organen. Denn die Regenerationsfähigkeit des Pumpmuskels ist hier bereits so eingeschränkt, dass keine neuen Herzmuskelzellen mehr entstehen. Ganz anders verhält es sich offenbar in den Herzen von neugeborenen Mäusen. Dort sorgen Stammzellen nach einem Infarkt für den benötigten Nachschub an neuen Zellen. Über ihren überraschenden Befund berichten Forscher der Universität Bonn und der Cornell Universität in Ithaca im Fachjournal PNAS (2012, Online-Vorabveröffentlichung).

Die Organe des menschlichen Körpers besitzen unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeiten, sich nach einer Verletzung selbst zu regenerieren. Im zerstörten Gewebe sorgen dann Stammzellen - die Reparaturreserve des Körpers - für Nachschub an neuen Zellen. Beim Herz ist die Regenerationsfähigkeit jedoch nur gering ausgeprägt. Vor einiger Zeit wurden zwar Herz-Stammzellen entdeckt, es ist aber umstritten, ob diese bei der Reparatur ausgewachsener Herzen überhaupt eine Rolle spielen. So gilt die Erkenntnis: Einmal bei einem Herzinfarkt zugrunde gegangene Zellen sind unwiederbringlich verloren. Stattdessen gibt es Versuche, mithilfe von Stammzellen die Bildung neuer Blutgefäßzellen und damit die Pumpkraft des Herzens anzukurbeln (mehr...).

Jungmäuse erholten sich fast vollständig

Dass nach einem Herzinfarkt tatsächlich ganz neue Herzmuskelzellen aus Stammzellen entstehen können, haben die Bonner Forscher und ihre US-Kollegen im Experiment an den Herzen neugeborener Mäuse nachgewiesen, bei denen sie künstliche Herzinfarkte induzierten. Michelle Steffey, Fachärztin für Kleintiermedizin am Cornell Veterinary College, entwickelte ein technisch kniffliges Verfahren, mit dem das nur 2,5 Millimeter große Herz einer neugeborenen Maus zum Infarkt gebracht werden kann. Das Ergebnis: Im Herz von Jungmäusen bildeten sich tatsächlich nach einem Infarkt neue Herzmuskelzellen, die Tiere erholten sich dabei sogar fast vollständig. „Ein Infarkt allein ist demnach kein Hindernis dafür, dass neue Herzmuskelzellen entstehen können“, folgert der Herzphysiologe Bernd Fleischmann von der Universität Bonn.

Erwachsene Herzen bilden keine neuen Zellen

Dasselbe Verfahren haben die Forscher dann auch bei erwachsenen Mäusen angewandt. Hier bildeten sich jedoch keine neuen Herzmuskelzellen aus. „Offensichtlich haben ausgewachsene Tiere die für die Neubildung erforderlichen Stammzellen nicht“, sagt Fleischmann.

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Um die genaue Herkunft dieser Zellen zu klären, entwickelte das deutsch-amerikanische Forscherteam ein Mausmodell mit einem speziellen Marker für c-kit+ Vorläuferzellen. Er lässt diese Zellen grün leuchten, so dass sie leichter beobachtet werden können. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass im erwachsenen Mausherz bereits vor dem Infarktereignis Stammzellen vorhanden sind, die nach dem Infarkt neue Blutgefäße bildeten. Ein Novum, wie die Bonner Forscher betonen: „Unsere experimentellen Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, dass solche Gefäßstammzellen im ausgewachsenen Herz beheimatet sind und nicht, wie oft behauptet, vom Knochenmark gebildet werden.“ Schließlich klärt die Studie nach Ansicht der Forscher auch, ob die neuen Herzmuskelzellen in der neugeborenen Maus von undifferenzierten Stammzellen oder von sich teilenden Herzmuskelzellen abstammen. Zu diesem Zweck verwendeten die Forscher ein weiteres Mausmodell, in dem Herzmuskelzellen rot und undifferenzierte c-kit+ Stammzellen grün markiert sind. Diese zwei Zelltypen wurden kurz nach einem Infarkt aus den neonatalen Herzen aufgereinigt und untersucht. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die grünen Stammzellen aus dem Infarkt in Zellkultur in schlagende Herzzellen ausdifferenzierten.

© biotechnologie.de/pg

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