Studie belegt positive Effekte von gv-Baumwolle

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Der Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle ist für indische Kleinbauern vorteilhaft, das zeigen Göttinger Wissenschaftler in einer aktuellen Studie. Quelle: bptakoma/flickr.com

10.07.2012  - 

Der Anbau gentechnisch veränderter (gv-) Baumwollsorten kann für indische Kleinbauern positive Effekte haben. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt eine Langzeitstudie von Göttinger Forschern. Das Team um Jonas Kathage und Matin Qaim vom Department für Agrarökonomie haben in ihrer im Fachmagazin PNAS (2012, Onlineveröffentlichung) vorgestellten Studie nicht nur agronomische Fakten sondern auch sozioökonomische Effekte berücksichtigt. Das Ergebnis: Ertrag, Gewinn und Wohlstand steigen durch den Anbau des umstrittenen Saatguts. Obwohl einige Experten der Studie eine hohe Aussagekraft zubilligen, wird erste Kritik laut.

Die Auswertung der von den Göttingern über mehrere Jahre gesammelten Daten förderte Erstaunliches zu Tage: Es steigen die Erträge (+24 Prozent), die Gewinne (+50 Prozent) und der Wohlstand (+18 Prozent Konsumausgaben) indischer Kleinbauern, wenn sie auf ihren meist weniger als zwei Hektar großen Feldern Bt-Baumwolle anbauen.

Erbgut aus Bodenbakterium als Insektenschutz

Auf den ersten Blick ist die gentechnisch veränderte Bt-Baumwolle nicht von ihren konventionellen Geschwistersorten zu unterscheiden. Erst ein Blick ins Erbgut macht den Unterschied deutlich. In der Bt-Baumolle sind Erbinformationen enthalten, die urprünglich aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis stammen. Sie sorgen dafür, dass die Pflanzen zeitlebens ein bestimmtes Protein erzeugen, das für einige Insekten, wie zum Beispiel den Maiszünsler, giftig ist. Während Befürworter der Technik sich von den Pflanzen mit eingebautem Insektizid einen höheren Ertrag und einen geringeren Insektizideinsatz versprechen, warnen Kritiker vor der unkontrollierten Ausbreitung der gentechnisch veränderten Pflanzensorten.

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In Indien wird Bt-Baumwolle seit 2002 angebaut. Rund sieben Millionen Kleinbauern pflanzen inzwischen die gentechnisch veränderten Pflanzen an. Sie wachsen auf etwa 90 Prozent der gesamten Baumwollfläche. Für ihre aktuelle Studie untersuchten die Göttinger Agrarökonomen in den Jahren 2003, 2005, 2007 und 2009 insgesamt 533 verschiedene Betriebe in den Bundessstaaten Maharashtra, Karnataka, Andhra Pradesh und Tamil Nadu.

 

Baumwollfasern unterm Elektronenmikroskop.Lightbox-Link
Baumwollfasern unterm Elektronenmikroskop.Quelle: core materials/flickr.com

Die Stichprobe ist repräsentativ für Baumwollbauern im zentralen und südlichen Indien, versichern die Autoren. Mit aufwendigen Methoden versuchen sie, Verzerrrungen zu vermeiden, die etwa entstehen könnten, wenn Betriebe, die ohnehin schon erfolgreicher sind als andere, eine neue Technologie früher und in größerem Umfang übernehmen. "Es ist eine solide Arbeit", urteilte Harro Maat aus der Arbeitsgruppe für technologische und landwirtschaftliche Entwicklung der Uni Wageningen gegenüber der Süddeutschen Zeitung. "Vor allem, weil die Daten mehrere Jahre abdecken."

   

Unterschiede schwächen sich im Laufe der Zeit ab

Gerde im zeitlichen Verlauf lässt sich Interessantes entdecken. Demnach nahmen die Unterschiede zwischen konventionellem und gentechnisch verändertem Saatgut im Laufe der Zeit ab. Waren im Jahr 2005 die Kosten für Bt-Saatgut rund dreimal höher als für konventionelles Saatgut und lagen die Ausgaben für Insektizide im konventionellen Baumwollanbau erheblich höher, so waren die Differenzen 2009 geringer. Dafür könnten äußere Umstände verantwortlich sein, argumentieren die Autoren. Die Zahl der in Indien zugelassenen Bt-Baumwollsorten ist von drei Sorten im Jahr 2002 auf rund 880 Sorten im Jahr 2011 angestiegen. Zudem habe die indische Regierung gegen zu hohe Preise interveniert. Gleichzeitig habe der großflächige Anbau von Bt-Baumwolle dafür gesorgt, dass die Schädlinge erheblich zurückgedrängt wurden. Die Folge: Auch Bauern, die konventionelle Baumwolle anbauen, kommen dann mit weniger Insektiziden aus. Dass die Erträge bei Bt-Baumwollpflanzen trotzdem größer waren, führen die Göttinger Agrarexperten auf geringere Fraßschäden zurück.

 

Für den industriellen Baumwollanbau stehen Erntemaschinen zur Verfügung.Lightbox-Link
Für den industriellen Baumwollanbau stehen Erntemaschinen zur Verfügung.Quelle: soil science/flickr.com
  

Studienautoren mahnen zur Vorsicht

Kritiker der Grünen Gentechnik bringen die nun vorliegenden Zahlen trotzdem nicht zum Verstummen. Kishor Tiwari, Präsident der indischen landwirtschaftlichen Interessenvereinigung Vidarbha Jan Andolan Samiti (VJAS) hält die Studie für realitätsfern und nicht repräsentativ. Es ist seiner Meinung nach "unfair", aus der Studie den Schluss zu ziehen, Gentechnik-Baumwolle erhöhe die Erträge und den Lebensstandard der Kleinbauern. Ebenso käme der Bericht zu Gentechnik-Baumwolle des internationalen Forschungsinstituts Central Institute of Cotton Research (CICR) zum Fazit, dass Gentechnik-Saatgut mehr koste und letztlich mehr Pestizide und Dünger benötige als konventionelles, so Tiwari.

Auch die Studienautoren mahnen indes zur Vorsicht: Zwar seien die Effekte stabil und hätten im Laufe der Zeit sogar leicht zugenommen, trotzdem bleibe aber abzuwarten, ob es nicht doch noch zu Resistenzbildungen oder zum Auftreten sekundärer Schädlinge komme. Beides sei bislang jedoch nicht eingetreten.

© biotechnologie.de/bk

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