Biochemischer Trick: Pflanze keimt im Dunkeln
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- Lichtgesteuerte Entwicklungsprozesse auch im Dunkeln ablaufen zu lassen - das ist Karlsruher Pflanzenforschern mit der Ackerschmalwand gelungen. Quelle: P. Lamparter/KIT
16.05.2012 -
Die Ackerschmalwand ist die – molekular gesehen – am besten verstandene Pflanze der Welt. Forscher weltweit nutzen sie für ihre Versuche. Wissenschaftler vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun ein künstliches Molekül in die Pflanze eingebracht, dass den in vollständiger Dunkelheit aufgezogenen Pflänzchen Sonnenlicht vorgaukelt. Die Folge: Die Gewächse vollziehen die eigentlich lichtabhängig gesteuerten Entwicklungsschritte auch in absoluter Dunkelheit. Davon könnten Blumenzucht und Agrarindustrie profitieren, berichten die Karlsruher Forscher im Fachmagazin The Plant Cell (2012, Online-Vorabveröffentlichung).
Damit Pflanzen richtig wachsen können brauchen sie Licht. Das lässt sich mit Erbsenkeimlingen (Pisum sativum) leicht zu Hause überprüfen: Einen Teil der Keimlinge unter optimalen Bedingungen auf dem Fensterbrett anziehen, den anderen Teil mit ausreichend Wasser in einem dunklen Schrank aufbewahren. Werden die Keimlinge nach einiger Zeit verglichen, sind die Unterschiede deutlich zu erkennen: Gut entwickelte Pflänzchen, die schon kleine grüne Blätter zeigen, auf der einen Seite, auf der anderen hingegen nur kümmerliche, gelb verfärbte Keimlinge.
In Zukunft geht das Experiment aber möglicherweise nicht mehr so eindeutig aus. Karlsruher Forscher haben einen molekularen Schalter in Keimlingen der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) nun so manipuliert, dass die normalerweise lichtabhängigen Entwicklungsprozesse auch im Dunkeln ablaufen. Verantwortlich dafür ist ein künstliches Molekül namens 15Ea-Phycocyanobilin, das in die Samen eingebaut wurde. Es ersetzt den natürlichen, photoaktiven Baustein des Photorezeptors, das Phytochromobilin, und sorgt so dafür, dass der Rezeptor auch im Dunkeln aktiv ist. So wird der Pflanze vorgegaukelt, sie wäre im Licht.
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Lichtgesteuerte Prozesse laufen in Dunkelheit ab
Die Folge: Trotz Dunkelheit keimten und wuchsen die Modellpflanzen in ähnlicher Weise wie die Kontrollgruppe unter Licht. „Alle typischen Prozesse, wie die Samenreifung, die Öffnung der Keimblätter, die Ausrichtung der Pflanze an der Schwerkraft und die Genregulation wurden im Dunkeln durch 15EaPCB ausgelöst“,, berichten die Wissenschaftler um Tilman Lamparter vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Kontrollpflanzen, die ohne diese Manipulation im Dunkeln gehalten wurden, zeigten diese Reaktionen hingegen nicht. „Damit wurde erstmals gezeigt, dass synthetische Stoffe in ganzen Pflanzen Lichteffekte hervorrufen können“, so Lamparter.
Synthetische Photorezeptoren könnten ein wertvolles Werkzeug für die Forschung werden, weil sich viele chemische Pflanzenprozesse mit ihnen leichter untersuchen lassen, als bisher mit gentechnischen Methoden. Dazu könnte neben dem Wachstum auch die Photosynthese gehören. „Vielleicht ließen sich in Zukunft auch das Blühen von Blumen oder die Ausbildung des Photosynthese-Apparats besser steuern“, blickt Lamparter in die Zukunft. „Diese Erkenntnisse wären sicherlich wertvoll für die Agrarindustrie von der Blumenzucht bis zur Biomasseproduktion.“ Ein Problem gibt es allerdings: Die Photosythese bringt der molekulare Trick nicht in Gang. Sind die Vorräte im Keim aufgebraucht, so braucht die Pflanze zwingend Sonnenlicht um weiter wachsen zu können. Sonst endet sie wie ihre all ihre unveränderten Artgenossen: verwelkt und schrumpelig.
Anmerkung der Redaktion: Die bisherige Artikelüberschrift (Gen-Trick: Pflanze keimt im Dunkeln) wurde nachträglich präzisiert - wir bedanken uns für die Hinweise unserer Leser ( hier klicken).
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