Genetischer Steckbrief für Leukämiezellen

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Eine typische Gensignatur: Die grüne (niedrige Expression) bis rote (hohe Expression) Farbkodierung zeigt die Aktivität der jeweiligen Gene. Ulmer Forscher fanden in den Gensignaturen leukämischer Stammzellen Hinweise auf den Krankheitsverlauf. Quelle: MPI für Psychiatrie

01.09.2011  - 

Übersetzt bedeutet Leukämie „weißes Blut“. Das liegt daran, dass bei Patienten abnormal viele weiße Blutkörperchen vorhanden sind  – sie vermehren sich rasch und unkontrolliert. Im Fall der akuten myeloischen Leukämie (AML) sind schon die Myeloblasten – die Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen im Knochenmark – und sogar die Blutstammzellen, aus denen sie entstanden sind, krebsartig verändert. Ein Ärzteteam um Christan Buske vom Ulmer Universitätsklinikum hat entdeckt, dass in der Gensignatur der Stammzellen Hinweise auf den Krankheitsverlauf verborgen sind. Ihre Ergebnisse stellen die Forscher in der Fachzeitschrift Nature Medicine (28. August 2011, Online-Veröffentlichung) vor.

 

Akute myeloische Leukämie (AML) ist eine seltene Erkrankung. Nur etwa 3.600 Neuerkrankungen treten pro Jahr in Deutschland auf. Die Ursache des „Blutkrebs“ liegt oft schon in den Genen, aber auch Einflüsse aus der Umwelt wie radioaktive Strahlung, Chemikalien (Benzol) oder bestimmte Virus-Infektionen können eine Rolle spielen. Ein Team von Wissenschaftlern aus Deutschland, Nordamerika und Japan erforscht die Auslöser der Erkrankung auf molekularer Ebene. Vom Ulmer Universitätsklinikum ist Christian Buske, Direktor des Instituts für Experimentelle Tumorforschung, an der Arbeit beteiligt. Mit Untersuchungen, bei denen Mäusen menschliche Leukämiezellen eingesetzt wurden, konnte der Wissenschaftler bereits zeigen, dass tatsächlich nur ein kleiner Teil der Leukämiezellen für das Wuchern des Krebs verantwortlich ist.

Stammzellen mit Defekt

Dabei handelt es sich um die sogenannten leukämischen Stammzellen, die einen gravierenden Defekt aufweisen: Bei ihnen sind bestimmte Kontrollgene fehlgeschaltet, so entstehen statt normalen Leukozyten unreife Zellen. Diese sind kaum funktionsfähig und können deshalb ihre Aufgabe - Krankheitserreger abzuwehren - nicht erfüllen. Doch es gibt Möglichkeiten, AML zu therapieren. „Mit Chemotherapie können die leukämischen Stammzellen bei vielen Patienten erfolgreich zurückgeschlagen werden“, sagt Buske. „Allerdings kommt der Krebs oft zurück.“ Das liegt daran, dass mit konventionellen Therapien nicht alle krebsauslösenden Stammzellen abgetötet werden. Einige wenige können offenbar im Körper verbleiben und sich erneut vermehren.

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Gensignatur unterscheidet sich von gesunden Zellen

Dem internationalen Team, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung  und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird, ist es nun gelungen, einen genetischen Steckbrief der entarteten Stammzellen zu verfassen. Dabei ist ihnen ein bestimmtes Genprofil aufgefallen. „Dieses spezifische Muster unterscheidet sich von den Stammzellen bei gesunden Menschen“, sagt Buske. „Wird diese Signatur im Blut von Patienten in hohem Maße nachgewiesen, spricht dies für einen besonders aggressiven Krankheitsverlauf.“  

Bei ihren Untersuchungen sind die Wissenschaftler in drei Schritten vorgegangen. Zunächst haben sie Proben von Leukämiepatienten in spezielle Mäuse transplantiert und die Zellen isoliert, die für das Wachstum der menschlichen Leukämiezellen in der Maus verantwortlich waren. In einem weiteren Schritt konnten die Forscher genetische Steckbriefe von leukämischen Stammzellen erstellen und so mit den Genprofilen gesunder Blutstammzellen vergleichen. Mithilfe bioinformatischer Verfahren und dem Einsatz von Hochleistungscomputern ist letztlich eine Gensignatur leukämischer Stammzellen erarbeitet worden.

Auf dem Weg zur individuellen Krebstherapie

Der Steckbrief könnte Medizinern helfen, den Krankheitsverlauf bei Patienten besser einschätzen zu können, um Therapien individuell anzupassen: So könnte eine Blutuntersuchung etwa darauf hinweisen, ob bei einem Patienten die Standardtherapie ausreicht, oder ob eine intensivere Behandlung nötig wird, etwa in Form einer Stammzelltransplantation.

Die Forscher sehen in ihrer Entdeckung einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur individuellen Krebstherapie. „In einem nächsten Schritt werden wir die Bedeutung der Gensignatur leukämischer Stammzellen bei Ulmer AML-Patienten überprüfen“, erläutert Christian Buske. In experimentellen Tumormodellen wollen die Wissenschaftler außerdem untersuchen, welche Rolle einzelne in der Signatur identifizierte Leukämiegene für Krankheitsentstehung und -verlauf spielen.

© biotechnologie.de/tk



 

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