Malariaerreger: Immer schön flexibel bleiben

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Einer der Überträger der Malaria, Anopheles gambiae, bei 114-facher Vergrößerung. Quelle: CDC/Howell/Carr

25.08.2011  - 

Der Malariaerreger hat es wahrlich nicht einfach. Um sich zu vermehren muss er einen komplexen Lebenszyklus durchlaufen und dabei Organe und Wirt wechseln. Das fordert den Mikroorganismen ein hohes Maß an Beweglichkeit und Wandlungsfähigkeit ab. Braunschweiger Forscher haben nun herausgefunden, welche molekularen Werkzeuge es Plasmodium falciparum ermöglichen, sein Zellskelett flexibel und passgenau auf die jeweiligen Anforderungen hin auszurichten. Ihre Erkenntnisse haben sie im Fachmagazin Journal of Biological Chemistry (2011, Band 12, Seite 28256-64) veröffentlicht. 

Malaria, das Wechselfieber, kannten schon die alten Ägypter. In zwei 3.500 Jahre alten Mumien fand ein Münchener Pathologe DNA-Spuren des Erregers Plasmodium falciparum. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 600 Patienten, vor allem nach Afrikareisen. Weltweit schätzte die Weltgesundheitsorganisation die Zahl der Malariafälle allein im Jahr 2008 auf 243 Millionen. Jedes Jahr sterben etwa eine Million Menschen an der Infektion.

Der Erreger Plasmodium falciparum dringt in rote Blutkörperchen ein und zerstört sie.Lightbox-Link
Der Erreger Plasmodium falciparum dringt in rote Blutkörperchen ein und zerstört sie.Quelle: CDC/Mae Melvin

Die Malariaerreger gehören zu einer biologischen Gruppe, die man früher Urtierchen nannte. Für P. falciparum, den am weitesten verbreiteten Malariaverursacher, ist der Mensch eigentlich nur eine Zwischenstation. Der Hauptwirt für den Einzeller sind verschiedene Mückenarten wie die Anopheles-Mücke. Beim Stich eines solchen infizierten Insekts gelangen die Erreger in den Blutkreislauf des Menschen. Sie wandern zunächst zu Zellen in der Leber, in denen sie sich teilen, um danach wieder in die Blutbahn zu gelangen. Dort infizieren sie rote Blutkörperchen, in denen sie heranreifen. Die roten Blutkörperchen werden anschließend zerstört. Gleichzeitig bilden die Erreger Zellgifte, die für die charakteristischen Fieberschübe verantwortlich sind. Sobald eine Mücke das Blut eines Malariapatienten saugen, gelangen die Plasmodien in ihren Hauptwirt und der Kreislauf kann erneut beginnen. 

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Das Geheimnis liegt in der Struktur

Um sich im Wirt fortzubewegen, ist P. falciparum auf die feine Regulation seines Zellskeletts angewiesen. Dieses besteht aus so genannten Aktin-Bausteinen, die sich zu Fäden, den Filamenten, zusammenlagern können. Die Länge der Filamente kann durch Regulatorproteine verändert werden. Die Wissenschaftlerin Inari Kursula, Mitarbeiterin der Abteilung Strukturbiologie am Helmholtzzentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, sah sich nun zwei Proteine genauer an, die den Auf- und Abbau der Aktin-Filamente regulieren: ADF1 und ADF2 (ADF steht für „Aktin depolymerisierender Faktor“). Beide Faktoren verhalten sich sehr unterschiedlich – obwohl sie eng miteinander verwandt sind: Während ADF1 sich nur an die einzelnen Bausteine des Aktin-Zellskeletts anlagert und sie für den Einbau in die Filamente vorbereitet, macht ADF2 genau das Gegenteil: Es zerteilt lange Aktin-Filamente. 

 

Strukturmodell für eines der ADF-Moleküle.Lightbox-Link
Strukturmodell für eines der ADF-Moleküle.Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Das Geheimnis der genau entgegengesetzten Wirkung liegt in der unterschiedlichen Molekularstruktur der beiden Proteine, dass konnte Kursula nun zusammen mit ihren Kollegen der Universität Oulu in Finnland und am MAX-Lab im schwedischen Lund zeigen. Das filamentschneidende ADF2-Protein besitzt offenbar eine Art molekulare Schaufel die sie im Filament zwischen die einzelnen Bausteine schiebt. Die Folge: Das Filament wird destabilisiert und getrennt. ADF1 hingegen fehlt die Stelle, die benötigt wird, um sich an die langen Filamente anzulagern. Vielmehr bindet und aktiviert das Protein die einzelnen Aktinbausteine und sorgt somit für einen konstanten Nachschub an Aktin, der in das wachsende Filament eingebaut werden kann.

Die beiden ADF-Proteine ermöglichen es dem Malaria-Erreger möglicherweise sein Zellskelett sehr schnell auf- und abzubauen, vermuten die Forscher. Denn als Parasiten müssen Plasmodien ihr Zellskelett schnell verändern können, um sich fortzubewegen und Zellen zu infizieren. Die kurzen Filamente und die beiden verschiedenen ADFs scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Deswegen könnten sie sich auch als Ansatzpunkt für neue Malariatherapien eignen, hoffen die Forscher. Wird den Plasmodien die Fähigkeit genommen ihr Zellskelett so flexibel zu verändern, ließe sich die Krankheit vielleicht heilen.

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