Wochenrückblick KW 43

01.11.2010

Blutkörperchen verraten Neigung zu Diabetes

Die Neigung zu Diabetes spiegelt sich in den Eigenschaften der roten Blutkörperchen wider: Anhand des Fettsäureprofils der Blutzellen lässt sich das Risiko für Alters-Diabetes bestimmen.

Das haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam entdeckt. Über die Ergebnisse ihrer Studie, die in Zusammenarbeit mit Biomedizinern aus München, Kiel und dem niederländischen Bilthoven entstanden ist, berichten die Forscher im American Journal of Clinical Nutrition (27. Oktober 2010, Online-Veröffentlichung).

Die Zusammensetzung der Fettsäuren in der Außenhülle von roten Blutzellen verrät etwas über das Risiko, zuckerkrank zu werden.Lightbox-Link
Die Zusammensetzung der Fettsäuren in der Außenhülle von roten Blutzellen verrät etwas über das Risiko, zuckerkrank zu werden.
Die Zellmembranen von roten Blutkörperchen sind zum Großteil aus Fettsäuremolekülen aufgebaut. Wie die Forscher um Matthias Schulze herausfanden, lässt die Struktur dieser Bausteine Rückschlüsse über den Fettstoffwechsel einer Person zu und damit auch über das Risiko, einen Typ II-Diabetes zu entwickeln. Der Körper nutzt die über die Nahrung aufgenommenen Fettsäuren nicht nur zur Energiegewinnung, sondern wandelt sie auch in andere Fettsäuren um und baut sie in Zellmembranen ein. Für diese vielfältigen Umwandlungs- und Syntheseprozesse sind bestimmte Eiweiße entscheidend, etwa die Enzyme Delta-5- und Delta-6-Desaturase. Die Grundlage der Untersuchung der Potsdamer Forscher bildeten die Blutproben und Analysedaten von mehr als 27.500 Studienteilnehmern.

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Wies das Fettsäureprofil der roten Blutkörperchen bei Probanden auf eine hohe Delta-6-Desaturase-Aktivität hin, so hatten die Teilnehmer ein mehr als doppelt so hohes Diabetes-Risiko wie andere Studienteilnehmer, deren Delta-6-Desaturase nur wenig aktiv war. Anders verhielt es sich mit der Delta-5-Desaturase. Eine hohe Aktivität dieses Enzyms im Blutzellen-Fettsäureprofil war mit einem um etwa die Hälfte verminderten Risiko verbunden."Unsere Ergebnisse ergänzen die Daten anderer Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass die Veränderung des Fettsäureprofils in den Zellmembranen eine Rolle für die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen spielen", sagt Janine Kröger aus dem Potsdamer Forscherteam. Würden die Körperzellen unempfindlich gegenüber Insulin, sei dies die Vorstufe zum Typ-2-Diabetes.Das Studienergebnis trägt nach Einschätzung der Forscher dazu bei, die Zusammenhänge zwischen dem Fettsäurestoffwechsel und der Entwicklung von Typ-2-Diabetes besser zu verstehen. Analysen könnten in Zukunft auch im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen Informationen liefern.

Neun Millionen Euro für innovative Medizintechnik-Projekte

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt 15 Forscherteams und ihre besonders innovativen Projekte aus der Medizintechnik mit 9,1 Millionen Euro.

Die Teams haben sich bei der zwölften Auflage des "Innovationswettbewerbs Medizintechnik" erfolgreich durchgesetzt. 

Innovationswettbewerb Medizintechnik

Mehr zu den Gewinnerprojekten des Innovationswettbewerbs Medizintechnik 2010 des BMBF: hier klicken

Die Gewinner wurden am 28. Oktober beim Innovationsforum Medizin in Berlin ausgezeichnet. Das Preisgeld soll die Forscher unterstützen, technische und wirtschaftliche  Hürden zu überwinden, damit wichtige Forschungsergebnisse schneller in die medizinischen Praxis gelangen. Der BMBF „Innovationswettbewerb Medizintechnik“ hat zum Ziel, besonders originelle und wegweisende Forschungs- und Entwicklungsideen der Medizintechnik zu unterstützen. Die Ideen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich für praktische medizinische Anwendungen eignen und zugleich die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft fördern.

Unter den 15 Gewinnerprojekten sind sieben biotechnologisch ausgerichtet, darunter:

  • ein Wissenschaftlerteam aus Lübeck und der Region um Stuttgart, das einen neuen Test zur schnelleren und genaueren Erkennung von gefährlichen Pilzinfektionen entwickelt.
  • Forscher der RWTH Aachen entwickeln gemeinsam mit Medizinern aus Bochum sowie Industriepartnern aus Ingelheim und Wiesbaden synthetische Knochenimplantate, die belastbar und trotzdem biologisch abbaubar sind.
  • Forscher vom Zentrum für Regenerative Medizin der Universität Tübingen arbeiten an einer neuen Bioreaktortechnologie, mit der die Gewebekultivierung von Hornhauttransplantaten für die Augenheilkunde verbessert wird.

Heidelberger Sygnis AG baut knapp die Hälfte der Stellen ab

Die Sygnis AG wird sich in den kommenden Monaten von der Hälfte ihrer Mitarbeiter und ihrem Vorstandsvorsitzenden trennen.

Wie das biopharmazeutische Unternehmen mit Sitz in Heidelberg am 28. Oktober meldete, wird Alfred Bach sein Mandat im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat bis zum Jahresende niederlegen. Finanzvorstand Peter Willinger und Medizinvorstand Frank Rathgeb bilden künftig eine Doppelspitze. Gleichzeitig kündigte Sygnis eine in der Unternehmensgeschichte beispiellose Hungerkur an. So soll die Mitarbeiterzahl von derzeit 51 auf 32 verringert werden. Von dem Kahlschlag verschont werden die Bereiche der präklinischen und klinischen Entwicklung, um sowohl den Schlaganfall-Hoffnungsträger AX200 durch die Phase II zu bringen, als auch den KIBRA-Signalweg präklinisch zu untersuchen, der mit der Gedächtnisleistung in Zusammenhang gebracht wird. Der Wirkstoffkandidat SY300, der bisher präklinisch auf das Potenzial zur Bildung neuer Nervenzellen im Gehirn abgeklopft wurde, wird vorerst auf Eis gelegt. "SY300 ist nicht mehr das priorisierte Produkt, an dem wir mit Hochdruck arbeiten", sagte Sygnis-Prokurist Franz-Werner Haas gegenüber dem Branchenmagazin transkript. Bei KIBRA führe man derzeit Gespräche mit mehreren potenziellen Entwicklungspartnern.

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Sygnis hofft, mit den Einsparungen sowie den verbleibenden Barmitteln die derzeit laufende AXIS-2 Studie für AX200 zu Ende bringen zu können. Erste Daten werden Mitte 2011 erwartet. AX200 steht für Granulocyte-Colony Stimulating Factor und wird derzeit in einer auf 350 Patienten ausgelegten Phase II-Wirksamkeitsstudie im ischämischen Schlaganfall getestet. Vor einem Jahr hatte sich Sygnis durch ein Abkommen mit dem amerikanischen Yorkville-Fonds (YA Global) eine Zuwendung von bis zu 10 Millionen Euro gesichert. Die Eigenkapitalzusage kann über die nächsten drei Jahre hinaus in Tranchen abgerufen werden. SYGNIS entstand 2006 aus der Übernahme des operativen Geschäftsbetriebes der BASF-Tochtergesellschaft Axaron Bioscience AG durch die börsengelistete LION bioscience AG. Im Zuge der Übernahme änderte die ehemals als LION AG firmierende Gesellschaft ihren Namen in SYGNIS Pharma AG.

Mehr Geld für die Leibniz-Gemeinschaft

Die Leibniz-Institute können für 2011 mit mehr Geld rechnen: Das absolute Budget steigt allerdings nur leicht um 6 Millionen auf insgesamt 930 Millionen Euro.

Weil sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft ändert, bekommen die einzelnen Mitglieder trotzdem einen größeren Etat als vorher.

Das Leibniz-Institut für Arterioskleroseforschung in Münster fiel bei einer Evaluierung durch und steht möglicherweise vor dem Aus.Lightbox-Link
Das Leibniz-Institut für Arterioskleroseforschung in Münster fiel bei einer Evaluierung durch und steht möglicherweise vor dem Aus.Quelle: STFU/ Wikipedia
Nur damit wird die von der öffentlichen Hand mit dem Pakt für Forschung und Innovation eingegangene Selbstverpflichtung eingehalten, die staatlichen Zuschüsse jährlich um mindestens fünf Prozent zu steigern. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) legte die Budgets auf ihrer Sitzung am 25. Oktober fest. Die Konferenz ist eine gemeinsame Einrichtung von Bund und Ländern, sie entscheidet unter anderem über die öffentlichen Forschungszuwendungen. 866 Millionen Euro des Budgets entfallen auf die Kernhaushalte, mit denen die Institute einen Großteil ihrer Ausgaben bestreiten, beispielsweise für Personal und Sachmittel. Weitere 64 Millionen Euro werden für große Baumaßnahmen reserviert. Das Forschungszentrum Dresden-Rossendorf scheidet aus dem Leibniz-Verbund aus.

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Die Großforschungseinrichtung wechselt in die Helmholtz-Gemeinschaft. Schlechte Nachrichten gab es für das Institut für Arterioskleroseforschung in Münster. Bei einer externen wissenschaftlichen Evaluation fiel die Einrichtung durch: Trotz guter wissenschaftlicher Einzelleistungen erfülle das Institut die Anforderungen einer exzellenten Forschung mit überregionaler Bedeutung nicht mehr. Daher wird es mit Ablauf des Jahres 2011 keine Finanzmittel aus der gemeinsamen Förderung erhalten und aus der Leibniz-Gemeinschaft ausgeschlossen. Die GWK ist die Nachfolgeorganisation der früheren Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung. Sie wurde im Zuge der Föderalismusreform gegründet und hat am 1. Januar 2008 ihre Arbeit aufgenommen. Mit ihr koordinieren die Bundesministerien für Forschung und Finanzen sowie die jeweils zuständigen Ministerien der Länder ihre Forschungsförderung.

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Wie das Gehirn von Musikern Rechenleistung spart

Neue Kunstfertigkeiten werden im Gehirn in vereinfachten Speichern abgelegt, damit sie fortan mühelos abrufbar sind. So spart das Hirn Rechenleistung.

Das haben Neurobiologen aus Leipzig und Würzburg in einer Studie an Musikern und Nichtmusikern herausgefunden.

Greifen mit Grips: Erfahrene Geiger legen die Abläufe für filigrane Handgriffe modular im Gehirn ab. Das spart dort Energie und RechenleistungLightbox-Link
Erfahrene Geiger legen die Abläufe für filigrane Handgriffe modular im Gehirn ab. Das spart dort Energie und Rechenleistung.Quelle: Dirk Schelpe/pixelio.de
Das Team um Joseph Claßen vom Universitätsklinikum Leipzig berichtet in der Fachzeitschrift Current Biology (26. Oktober 2010, Bd. 20, S. 1869) über die Ergebnisse der Studie, die künftig auch dabei helfen können, bessere Trainingsprogramme für Schlaganfallpatienten zu entwickeln.

Die Forscher analysierten die genauen Fingerbewegungen von Geigern und Pianisten. Zunächst zeichneten sie auf, wie die Musiker nach oft jahrelangem Training bestimmte Griffe auf ihren Instrumenten ausführten. Die daraus entstandenen Bewegungsmuster untersuchten sie auf Regelhaftigkeiten. Anschließend lösten sie mit Hilfe der transkraniellen Magnetstimulation Fingerbewegungen durch gezielte Reizung der Hirnrinde aus. Diese Methode erlaubt es, durch starke Magnetfelder Bereiche des Gehirns anzuregen - gefahrlos und ohne direkten Eingriff. Ergebnis: „Die in völlig entspanntem Zustand magnetisch ausgelösten Fingerbewegungen wiesen Merkmale auf, die direkt mit den langjährig trainierten Fingerbewegungen verbunden waren“, erläutert Claßen. Nach Ansicht der Forscher werden die entsprechenden Fähigkeiten im Gehirn modular abgelegt. „Das ermöglicht den Musikern, die speziellen Bewegungen bei der Ausübung ihrer Musik mit größerer Leichtigkeit, Präzision und Geschmeidigkeit auszuführen“, so Claßen. Allerdings betont der Forscher, dass sich Speicherbausteine des Gehirns bei besonders schwierigen Leistungen nur nach sehr langem Training verändern.

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Das aufgefundene Arbeitsprinzip der Gehirns gilt wahrscheinlich aber nicht nur für die Bewegungen hochspezialisierte Musiker, sondern ist auch für andere Menschen und andere motorische Fähigkeiten gültig. So kann das Gehirn durch die Speicherung von immer wiederkehrenden Abläufen in Bausteinen wertvolle Zeit und Energie sparen und damit verhindern, dass es nicht jedes Mal von vorne mit der Analyse einer Situation beginnen muss. Claßen erwartet, dass mit diesem Wissen auch Trainingsprogramme für Schlaganfallpatienten verbessert werden können, indem die Bildung von Modulen unterstützt wird. Vielleicht werde es mit der Methode auch einmal möglich sein, durch magnetische Stimulation des Gehirns Menschen zu helfen, die durch Krankheit oder Unfall lange geübte Fähigkeiten eingebüßt haben. Das sei aber noch Zukunftsmusik.

Chemischer Hebel schaltet Krebsprotein Ras ab

Chemiker aus Regensburg haben einen neuen Weg gefunden, mit dem sich die krebserregende Wirkung des Schalterproteins Ras gezielt unterdrücken lässt.

Dazu haben die Forscher die Funktion von sogenannten Metall-Cyclenen untersucht. Wie das Team um Hans Robert Kalbitzer in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie (2010, Bd. 122, S. 3918) berichtet, hat die Bindung von Zn2+-Cyclen an das Schaltereiweiß Ras zur Folge, dass die übermäßige Signalweiterleitung in einer Krebszelle gekappt wird. Das Ras-Protein ist ein molekularer Schalter, mit dem eine ganze Reihe von zellulären Prozessen an- oder abgeschaltet werden kann. Dabei wechselt es zwischen einem inaktiven und einem aktiven Zustand hin und her. Im aktiven Zustand stößt das Protein eine Signalkette in der Zelle an und steuert so Prozesse wie Zellwachstum und -entwicklung. Ist das Ras-Gen allerdings an bestimmten Stellen mutiert, bleibt der Schalter für das Zellwachstum dauerhaft „angeschaltet“ und die Zellen vermehren sich unkontrolliert.

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Entsprechend finden sich in etwa 30 Prozent aller menschlichen Tumoren Mutationen im Ras-Protein. Biochemiker suchen deshalb nach molekularen Hebeln, über die sich die krebserregende Versionen von Ras mit Medikamenten blockieren lassen. Die Forscher vom Institut für Biophysik und Physikalische Biochemie der Universität Regensburg haben nun Metall-Cyclene als vielversprechende Wirkstoffe für die Unterdrückung von Ras ausgemacht. Zn2+-Cyclen stabilisiert demnach die Aus-Konformation des Schalterproteins. Eine 3D-Struktur des Komplexes von Ras mit Zn2+-Cyclen konnte mit Hilfe der NMR-Spektroskopie bestimmt werden. So identifizierten die Forscher zwei Bindungsstellen am Ras-Protein, an denen die Zn2+-Cyclene mit unterschiedlicher Anziehungskraft andocken. Die neuen Erkenntnisse bilden nun die Grundlage für das Design von neuen, besser bindenden Substanzen, die denselben Wirkmechanismus wie Zn2+-Cyclen haben, aber eine wesentlich höhere Bindungsstärke und Selektivität zum Ras-Protein aufweisen.