DNA-Konstrukteure: Das Rad neu erfunden

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Ein Rotaxan: Das erste DNA-Nano-Bauteil mit einem frei beweglichen Ring. Quelle: Famulok/Universität Bonn

30.04.2010  - 

Bisher ist DNA vor allem als Träger der Erbinformation bekannt. Das könnte sich ändern. Denn ein Zweig der Biotechnologie arbeitet emsig daran, aus DNA winzige Bauteile zu formen, die Grundlage für Nanomaschinen werden könnten. Nachdem Wissenschaftler der TU München im vergangenen Jahr einen Durchbruch feiern konnten, sind nun Forscher der Universität Bonn an der Reihe. Ihnen ist es erstmals gelungen, aus DNA-Doppelsträngen ein Molekül, ein so genanntes Rotaxan, herzustellen, dessen Einzelteile mechanisch frei beweglich sind. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift Nature Nanotechnology (Online-Veröffentlichung, 18. April 2010) schreiben, stehen der Nanorobotik und der Synthetischen Biologie ganz neue Möglichkeiten offen.



 

Schon seit Jahren tüfteln Biochemiker an Rotaxanen. Der aus dem Altgriechischen abgeleitete Name bedeutet so viel wie "Radachse" - nicht ohne Grund. Denn ein Rotaxan-Molekül besteht vor allem aus einer Achse und einem darüber eingefädelten Ring. Damit der Ring sich nicht von der Achse lösen kann, sind an den Enden so genannte "Stopper" angebracht, die selbst wiederum aus miteinander verschränkten Ringen bestehen. Das ganze Gebilde sieht ein wenig wie eine Hantel aus, über dessen Griffstange ein Ring aufgezogen wurde (s. Abb.) Die bisherigen Rotaxane entstammen allesamt der organischen Chemie, die wesentlich kleiner sind und deshalb eine geringere Spanne an mechanischer Bewegung im Nanometerbereich zulassen.

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Bausteine des Lebens als Konstruktionsmaterial

Das Forscherteam um Damian Ackermann und Michael Famulok vom Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut der Universität Bonn hat sich für die neuen Rotaxane eines Baustoffes bedient, der eigentlich als Baustein des Lebens bekannt ist: DNA. Der Doppelstrang aus Nukleotiden ist für die Chemiker aber nicht in erster Linie wegen seiner Erbgutträgerfunktion interessant, sondern vor allem aus "architektonischen" Gründen. Die Doppelhelix bildet ein sehr stabiles Grundgerüst. Außerdem lässt sich einer der Stränge an jeder beliebigen Stelle herausnehmen und sozusagen als Anknüpfungspunkt für weitere Bauteile verwenden. "DNA eignet sich durch die Spezifität der Einzelstränge, das bietet uns ganz viele Möglichkeiten", erläutert Ackermann. "DNA ist wie eine Art Legostein - das ideale Baumaterial für die Nanoarchitektur", ergänzt Famulok.

Diese vielfältigen Eigenschaften der DNA macht sich eine kleine, aber wachsende Zunft von Nanokonstrukteuren zunutze. Eines ihrer Zentren liegt in München. An der Technischen Universität gelang es einem Team um den Biophysiker Hendrik Dietz im vergangenen Jahr, DNA zu krümmen und zu winzigen Gebilden wie Zahnräder, Kapsel oder Rohre zu formen (mehr...). "Wir erwarten einen großen Nutzen, wenn wir nur miniaturisierte Maschinen im Nanobereich bauen könnten, aus Materialien die zuverlässig in unseren Körperzellen arbeiten", sagt Dietz.

Rädchen zum Nanomotor

Auch in Bonn wird an Kleinstmaterialien  getüftelt. Die Bonner Biochemiker haben mit dem Rotaxan ein Bauteil geschaffen, das es so bisher noch nicht gab: Eine stabile mechanische Einheit mit einem frei beweglichen inneren Ring. Nun ist vieles möglich. "Wir können uns einiges vorstellen", Famulok. "Das Ziel ist es zunächst einmal, kontrollierbare bewegliche Systeme auf Nanoebene zu bauen. Die Achse und die Räder sind da und wir haben einige Ideen, welchen Antrieb man ausprobieren könnte, um die Räder in Bewegung zu setzen." Diese Nanomotoren könnten dann auch mit biologischen Systemen wie etwa Eiweißen zusammen funktionieren.

Was für eine Maschine am Ende der Bastelei entstehen wird, ist noch nicht absehbar. Im Augenblick geht es darum, den Nano-Baukasten zu erstellen, so die Forscher. "Entscheidend ist, dass wir einen Satz neuartiger Bausteine in der Hand haben, mit denen wir Dinge konstruieren können, die vorher so nicht möglich waren" sagt Ackermann. "Die Grenzen der Phantasie sind sozusagen ein wenig erweitert worden."

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