Einstellung zur Gentechnik: Jugend offener als Ältere

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Unter den 2.064 Befragten äußerten junge Menschen die wenigsten Vorbehalte gegenüber der Gentechnik. Quelle: Tim Caspary/pixelio.de

28.01.2010  - 

Wenn in Deutschland von Gentechnik die Rede ist, schwingen oft Skepsis und Befürchtung mit. Das könnte sich in Zukunft ändern. Die junge Generation bewertet sowohl den Einsatz der Grünen Gentechnik als auch die medizinische Biotechnologie positiver als ihre älteren Zeitgenossen. So würde die Mehrheit der 14-29-Jährigen gv-Lebensmittel in die Pfanne hauen. Überdurchschnittliche Zustimmung erhält die Gentechnik auch von Männern und aus den neuen Bundesländern. Das ergab eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für die Zeitschrift Apotheken-Umschau. Insgesamt wurden dazu 2.064 Menschen ab 14 Jahren umfassend zu ihrer Einstellung gegenüber der Gentechnik befragt. Die Ergebnisse der Gesamtstudie liegen jetzt vollständig vor.



Die Umfrage, in der 2.064 Menschen ab 14 Jahren zu ihren Einstellungen zu Gentechnik und Biotechnologie befragt wurden, wurde schon im Januar 2009 durchgeführt. Bisher hat der Auftraggeber, die Zeitschrift Apotheken Umschau, nur Einzelergebnisse veröffentlicht. In der Gesamtschau ergibt sich ein repräsentatives Bild davon, wie die Bevölkerung dazu steht, in das Erbgut von Lebewesen einzugreifen, um bessere Ernten, Therapien oder Herstellungsverfahren zu erreichen.

Ostdeutsche und Männer bewerten Gentechnik positiver

Wirft man einen Blick auf die Ergebnisse, fällt zunächst auf, dass die Deutschen keine gemeinsame Haltung zu der viel diskutierten Technologie einnehmen. Offenbar kommt es ganz darauf an, in welchem Bereich sie eingesetzt wird - so ist der Eingriff in die Gene in der Landwirtschaft hochumstritten, in der Medizin aber gutgeheißen - und wer gerade gefragt wird: Frauen antworten anders als Männer, Ostdeutsche anders als Westdeutsche und Junge anders als Ältere.

Bei keinem Gentechnik-Thema sind sich die Deutschen so einig: Eine Kennzeichung für Lebensmittel mit gv-Inhaltsstoffen muss her.Lightbox-Link
Bei keinem Gentechnik-Thema sind sich die Deutschen so einig: Eine Kennzeichung für Lebensmittel mit gv-Inhaltsstoffen muss her.Quelle: Gesellschaft für Konsumforschung

Bei einigen wenigen Facetten des Themas Gentechnik aber sind sich die Deutschen ziemlich einig. Eine dieser Gewissheiten ist zum Beispiel die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel. Das befürworten 95 Prozent. Auch ein Verbot des Klonens von Menschen und Tieren stößt auf große Unterstützung - 89 beziehungsweise 82 Prozent. Drei von vier Deutschen halten Gentechnik für eine gute Sache, wenn sie zu medizinischen Zwecken verwendet wird. Beinahe genau so viele, nämlich 71 Prozent, halten gentechnisch veränderte Organismen in der Nahrung dagegen für eher schädlich.

Die jüngeren Befragten teilen grundsätzlich eine Haltung, die der Gentechnik mehr Chancen als Risiken beimisst. So meinen etwa 64,5% der 14- bis 29-Jährigen, die Gentechnik sei eine große Chance für die Menschheit (Durchschnitt 53,1%, vgl. Grafik). Dem können 56,9% der über 60-jährigen Befragten nicht zustimmen (Durchschnitt Ablehnung: 46,9%). Besonders positiv bewerten junge Befragte die Chancen der Biotechnologie in der Medizin. Rund 87% der 20- bis 29-Jährigen und 81% der Befragten mit Abitur schließen sich der Aussage an, mit der Gentechnik bestehe endlich die Hoffnung, viele bisher noch unheilbare Krankheiten heilen zu können (Durchschnitt: 75,4%). Knapp ein Drittel der über 70-Jährigen (30,9%) widerspricht dem (Durchschnitt: 24,5%).

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Gott nicht ungestraft ins Handwerk pfuschen

Aber auch der umstrittenen Grünen Gentechnik steht die jüngere Generation aufgeschlossener gegenüber als der statistische Durchschnittsbürger. Rund 43% der 14- bis 19-Jährigen meinen, der Einsatz der Gentechnik für bessere und mehr Lebensmittel sei für das Überleben der Weltbevölkerung unbedingt nötig – eine These, die knapp 78% der über 70-Jährigen nicht teilen (Durchschnitt: 33,5%). Ostdeutsche zeigen ebenfalls insgesamt weniger Vorbehalte. So befürworten sie im Vergleich zu Bewohnern der alten Bundesländer zu einem größeren Teil (42 % gegenüber 34%) die Züchtung von gentechnisch veränderten Pflanzen zur Ertragssteigerung der Nahrungsmittelherstellung und von gentechnisch behandelten Tieren zum menschlichen Verzehr (24 % gegenüber 15 %). Für ein Überleben der Menschheit sei der Einsatz der Grünen Gentechnik unerlässlich, sagen 40% der Ostdeutschen, im Vergleich zu 32% der Westdeutschen. Zwischen Männern und Frauen gibt es ebenfalls Unterschiede. So sind 64% der Frauen der Ansicht, die Gentechnik sei generell ein großer Irrweg, der Mensch könne der Natur nicht ungestraft ins Handwerk pfuschen. Diese Ansicht vertreten insgesamt nur 52% der Männer.

Gentechnik ist unvermeidlich geworden

Bei der Frage, ob sie jenseits aller grundsätzlichen Überlegungen zur Gentechnik auch tatsächlich gentechnisch veränderte Lebensmittel kaufen und verzehren würden, antworten immerhin 40,6% aller Befragten mit Ja. Auch hier ist die Jugend weniger zurückhaltend. Mehr als die Hälfte (56,5%) der 14-29-Jährigen würde gentechnisch veränderte Lebensmittel in den Einkaufswagen und die Pfanne legen. Allerdings knüpfen die meisten ihre Zustimmung an bestimmte Voraussetzungen. So fordern vier von fünf der Ja-Sager den wissenschaftlichen Nachweis, dass die gentechnischen Modifikationen auch auf lange Sicht keine gesundheitsschädigende Wirkung haben. Viele würden sich auch von weniger Allergien, mehr Gesundheit oder einem niedrigeren Preis im Vergleich zu konventionellen Lebensmitteln überzeugen lassen.

Schon im Jahr 2000 fragte die Gesellschaft für Konsumforschung nach der Einstellung der Deutschen gegenüber der Gentechnik. Auch wenn die Ergebnisse wegen einer leicht geänderten Durchführung der Erhebung nicht vergleichbar sind, lässt sich eine gewisse Kontinuität erkennen. Schon damals etwa hielt eine Mehrheit der Befragten den Einsatz der Biotechnologie in der Medizin für richtig und wichtig. Der Anteil derer, die gv-Lebensmittel auf keinen Fall kaufen würden, ist dagegen in den vergangenen neun Jahren von 45% auf nunmehr knapp 60% angestiegen. Eines hat sich in den Augen der Befragten aber ganz deutlich verändert: Die Gentechnik ist mittlerweile unvermeidlich geworden. Glaubten zur Jahrtausendwende noch knapp 27% der Befragten, dass die Gentechnik unaufhaltsam in alle Lebensbereiche vordringen wird, sind mittlerweile 67% der Bevölkerung dieser Meinung, bei den 20-29-Jährigen sind es sogar 75%. Dies glauben indes nur 44,1% der 60- bis 69-Jährigen. Die Zukunft wird zeigen, wer recht behält.

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