Leibniz-Preise für vier Lebenswissenschaftler

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Die vier Leibniz-Preisträger aus den Lebenswissenschaften, von links oben im Uhrzeigersinn: Peter Fratzl, Christoph Klein, Stefan Treue, Petra Schwille. Quelle: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Medizinische Hochschule Hannover, New York University, TU Dresden

03.12.2009  - 

Die zehn neuen Träger des Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises stehen fest. Aus insgesamt 170 Vorschlägen wählte der Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Wissenschaftlerin und neun Wissenschaftler für den bedeutendsten deutschen Forschungspreis aus. Vier Preisträger kommen aus dem Gebiet der Lebenswissenschaften: Der Biomaterialienforscher Peter Fratzl vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Oberflächenforschung in Potsdam, der Krebsforscher Christoph Klein von der Medizinischen Hochschule Hannover, die Biophysikerin Petra Schwille von der Universität Dresden und der Neurobiologe Stefan Treue vom Deutsches Primatenzentrum Göttingen. Verliehen werden die Leibniz-Preise am 15. März 2010 in Berlin.


 

Nicht nur die Wissenschaftler dürfen sich freuen, auch die DFG ist in Feierlaune. Mit dieser Runde wird der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis zum 25. Mal vergeben. Seit 1986 sind 280 Auszeichnungen vergeben worden, davon gingen 97 Preise in die Naturwissenschaften, 79 in die Lebenswissenschaften, 61 in die Geistes- und Sozialwissenschaften und 43 in die Ingenieurwissenschaften. Inzwischen haben sechs Leibniz-Preisträger einen Nobelpreis erhalten, sagte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner bei der Bekanntgabe der Auswahl am 3. Dezember. "Der Preis bringt seinen Trägern weltweites Renommee und ein bedeutendes Preisgeld von bis zu 2,5 Millionen Euro ein, vor allem aber auch die Freiheit, dieses Geld in den kommenden sieben Jahren ganz nach ihren eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre wissenschaftliche Arbeit zu verwenden - eine wahrlich märchenhafte Freiheit", so Kleiner. Bei der Preisverleihung am 15. März in Berlin werden auch vier Lebenswissenschaftler auf der Bühne stehen.


Peter Fratzl (51), Biomaterialien, Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam

Peter Fratzl gehört zu den international führenden Vertretern der modernen Biomaterialforschung. Fratzl beschäftigt sich mit unterschiedlichsten Fragestellungen natürlicher Materialien wie Knochen und Pflanzen und erforscht insbesondere deren mechanische Eigenschaften. So analysiert er den Zusammenhang zwischen Eigenschaften und Struktur der biologischen Materialien und entwickelt neue biomimetische und bioinspirierte Werkstoffe, die biologische Strukturen oder Prozesse nachahmen. Die oft in Kooperation mit Medizinern und Biologen durchgeführten Arbeiten liefern Erkenntnisse zur Behandlung von erkranktem Knochengewebe und insbesondere zur Osteoporose. Zudem schaffen sie die Basis für die Entwicklung neuer oder optimierter biomimetischer Materialien für den Knochenersatz und für die regenerative Therapie von Hartgeweben.

Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis

Der Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich vergeben, seit Beginn des Programms sind 280 Leibniz-Preise vergeben worden.

Zu allen Preisträgern 2010: hier klicken

Sein Ingenieurdiplom erhielt Peter Fratzl in Paris, seine Promotion in Physik absolvierte er in Wien, worauf Stationen in den USA, Großbritannien und Deutschland folgten. Danach leitete er das Erich Schmid-Institut für Materialphysik im österreichischen Leoben, bevor er an das Potsdamer Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung wechselte. Dort leitet er die Arbeitsgruppe Biomaterialien.

Zur AG Biomaterialien am MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung Potsdam: hier klicken


Christoph Klein (45), Kinderheilkunde/Pädiatrische Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover (MHH)

Christoph Klein ist zugleich Grundlagenforscher und Arzt. Auf der Grundlage genetischer Analysen hat Klein verschiedene Gendefekte identifiziert, die schwere und oft tödliche Erkrankungen des Immunsystems auslösen. Dabei beschränkt sich Klein nicht auf die Beschreibung des jeweiligen Gendefekts und Krankheitsbildes, sondern sucht stets auch die molekularen Ursachen zu entschlüsseln. Besonders bedeutsam ist seine Entdeckung, dass ein Defekt in der Glucose-6-phosphatase dazu führt, dass von Geburt an zu wenig oder gar keine der zu den weißen Blutkörperchen gehörenden neutrophilen Granulozyten im Blut zu finden sind. Vor allem Kinder, die an dieser Erbkrankheit leiden, haben bislang kaum Überlebenschancen. Kleins Arbeiten eröffnen hier neue Therapieaussichten, nicht zuletzt durch die somatische Gentherapie.

Ulm, Harvard und München waren die Stationen von Christoph Kleins akademischer Ausbildung, wobei er neben Medizin auch Philosophie erfolgreich studierte. Seine Ausbildung zum Facharzt für Kinderheilkunde führte ihn nach Paris und Freiburg wiederum an die Harvard Medical School. Seit 2000 ist Klein an der MHH tätig, mittlerweile als Lehrstuhlinhaber und Ärztlicher Direktor des Zentrums für Kinderheilkunde und Jugendmedizin.

Zum Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover: hier klicken


Petra Schwille (41), Biophysik, Technische Universität Dresden (mehr...)

Petra Schwille hat mit ihren Arbeiten sowohl die Entwicklung als auch die Anwendung der Fluoreszenzspektroskopie (FCS) zur Lösung von Fragen der Zellbiologie erheblich vorangetrieben. Bereits seit ihrer Promotion beschäftigt sich Schwille mit der Entwicklung ultrasensitiver fluoreszenzspektroskopischer Methoden, mit denen sich die Funktionen einzelner Eiweiße charakterisieren lassen. Durch die Kombination der FCS mit Zweiphotonanregungen gelangen Petra Schwille spektakuläre neue Einblicke in zelluläre Mechanismen. In neueren Arbeiten sucht sie die FCS-Methode auch in der Entwicklungsbiologie zu etablieren und konnte diese bereits in ersten lebenden Modellorganismen wie dem Zebrafisch und dem Fadenwurm anwenden (mehr...). Auch zur Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Lipiden setzt Petra Schwille die FCS-Methode ein und hat sich dadurch international einen Namen gemacht. Nach dem Studium der Physik und der Philosophie arbeitete Petra Schwille beim Nobelpreisträger Manfred Eigen in Göttingen und promovierte in Braunschweig, bevor sie als Postdoktorandin nach Göttingen und an die Cornell University ging. Wiederum am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie baute sie danach ihre eigene Nachwuchsgruppe auf, 2002 wurde sie als Lehrstuhlinhaberin für Biophysik an die Technische Universität Dresden berufen. Vom BMBF wurde sie als eine von 51 exzellenten Nachwuchswissenschaftlern innerhalb der "Biofuture"-Initiative unterstützt.

Zu Petra Schwilles Arbeitsgruppe an der Technischen Universität Dresden: hier klicken


Stefan Treue (45), Kognitive Neurowissenschaften an Primaten, Deutsches Primatenzentrum, Göttingen

Stefan Treue wird für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Aufmerksamkeitsforschung ausgezeichnet. Treue erforscht vor allem die Prinzipien der Aufmerksamkeitssteuerung, die zu den Grundmerkmalen der höheren Hirnfunktionen zählen. In weltweit beachteten Untersuchungen konnte er zeigen, dass und in welchem Maße Aufmerksamkeit die Bewegungsverarbeitung und die Wahrnehmung und Verarbeitung sensorischer Reize beeinflusst. Die Ergebnisse seiner Arbeiten haben einen starken Einfluss auf große Teile der Hirnforschung. Nicht zuletzt durch Treues Arbeiten ist klar, dass neuronale Aktivitäten auf den unterschiedlichsten Ebenen des visuellen Systems durch Aufmerksamkeit beeinflusst werden. Hierzu konnte er zeigen, dass Aufmerksamkeitsphänomene schon bei der Verarbeitung von Informationen in Gehirnarealen, von denen zuvor angenommen wurde, dass sie durch kognitive Prozesse nicht erreicht werden, eine wichtige Rolle spielen. Über die kognitiven Neurowissenschaften hinaus sind diese Ergebnisse auch für die Neurologie, Psychiatrie und Psychologie von großem Interesse. Und angesichts der stark zunehmenden psychischen Aufmerksamkeitsstörungen und anderer krankheitsbedingter Aufmerksamkeitsdefizite haben Treues Arbeiten über die Grundlagenforschung hinaus auch eine große klinische Relevanz.

In Frankfurt/Main und Heidelberg studierte Stefan Treue Biologie, bevor er in die USA ging und am renommierten Massachusetts Institute of Technology promovierte. Nach Deutschland zurückgekehrt, habilitierte er sich in Tübingen in Physiologie. Seit 2001 ist Treue Geschäftsführender Direktor des Deutschen Primatenzentrums an der Universität Göttingen.

Zur Abteilung Kognitive Neurowissenschaften des Deutschen Primatenzentrums: hier klicken

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