Diabetes Typ 2: Neuen Risikogenen auf der Spur

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Bei Diabetes-Patienten ist der Zuckerstoffwechsel gestört. Süßigkeiten sind deshalb meist tabu. Quelle: pixelio/Christian Delfs

06.06.2008  - 

Derzeit gibt es in Deutschland etwa sechs Millionen Menschen, die an Typ 2 Diabetes erkrankt sind. Für die Zukunft rechnen Experten mit einem weiteren Anstieg. Neben äußeren Faktoren wie Ernährung und Lebensstil spielt auch die genetische Veranlagung eine wesentliche Rolle bei der Entstehung dieser chronischen Stoffwechselerkrankung. Bisher haben Forscher ingesamt 16 Genregionen identifziert. Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam berichten nun im Fachmagazin Physiological Genomics von mehr als 100 Genen, die sie in einer großangelegten Studie bei Nagetieren gefunden haben. Damit ist die Fülle an Risikogenen offenbar größer als gedacht.

Der Typ-2-Diabetes ist eine häufig unterschätzte, chronische Stoffwechselerkrankung, die sich schleichend über Jahre entwickelt, wobei Gefäße und Augen bereits frühzeitig geschädigt werden können. Schwere Folgeschäden sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Verlust von Gliedmaßen durch Amputation, Blindheit oder Nierenversagen.

Diabetes...
... ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der der Abbau von Zucker im Körper gestört ist.

Wie Zwillingsstudien belegen, spielt neben äußeren Faktoren wie Ernährung und Lebensstil die genetische Veranlagung eine wesentliche Rolle für die Diabetesentstehung. Seit langem weiß man, dass es sich beim Typ-2-Diabetes um eine Erkrankung handelt, bei der mehrere Gene gleichzeitig an der Krankheitsentstehung beteiligt sind. Derzeit sind 16 menschliche Genregionen bekannt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Diabetesrisiko beeinflussen.

In ihrer Meta-Analyse haben die Forscher die Gene von Mäusen und Ratten untersucht.Lightbox-Link
In ihrer Meta-Analyse haben die Forscher die Gene von Mäusen und Ratten untersucht.Quelle: DIfE, Potsdam-Rehbrücke

Mehr Risikogene als angenommen

Die Daten der vorliegenden Meta-Analyse lassen nun darauf schließen, dass sehr viel mehr Diabetesgene existieren, als ursprünglich angenommen. Wie die Forscher um Hadi Al-Hasani und Hans-Georg Joost vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung gemeinsam mit der Berliner Biotech-Firma Microdiscovery GmbH im Fachmagazin Physiological Genomics (doi:10.1152/physiolgenomics.00267.2007) berichten, konnten sie bei Nagetieren 153 Genregionen aufspüren, die bei der Entstehung von Typ 2 Diabetes eine Rolle spielen. Die Wissenschaftler untersuchten die genetischen Daten von insgesamt 48 Maus- und Rattenstämmen sowie von mehr als 11.000 Einzeltieren.
Die Forscher konnten zeigen, dass etwa die Hälfte der gefundenen Genbereiche sowohl mit dem Diabetes-Risiko als auch mit dem Risiko für Übergewicht in Zusammenhang steht. Daraus schließen die Forscher, dass vermutlich auch beim Menschen weit über hundert Gene an der Krankheitsentstehung von Typ Diabetes beteiligt sind.

Die Wissenschaftler hoffen nun, durch einen Vergleich der gefundenen Genregionen mit dem menschlichen Genom, die noch unbekannten menschlichen Diabetesgene zu identifizieren und zwar schneller als dies bislang mit anderen Methoden möglich ist. „Je mehr wir über die Diabetesrisikogene und ihre Funktion wissen, desto besser“, sagt Studienleiter Hadi Al-Hasani. Denn dieses Wissen ermögliche es, tiefere Einblicke in die Mechanismen der Krankheitsentstehung zu bekommen. Eine wesentliche Vorraussetzung, um neue Präventionsmaßnahmen und Behandlungsmethoden zu entwickeln.

Mehr Informationen zur Studie

Sie wollen mehr über die wissenschaftlichen Hintergründe der Studie erfahren? www.obesitygenes.org

Besseres Verständnis der Diabeteserkrankung

Ferner bietet ein Abgleich zwischen Mensch- und Nagerdaten einen weiteren Vorteil: Gene, die bei Mensch und Nager gleichsam das Diabetesrisiko beeinflussen, wären besonders geeignet, um einen Einblick in die Mechanismen der Diabetesentstehung zu bekommen. Denn Forscher könnten ihre Funktion am Tiermodell unter kontrollierten Bedingungen untersuchen und dann die Daten für den Menschen nutzen. Am Menschen wären solche Untersuchungen aus praktischen aber auch aus ethischen Gründen nicht möglich.

Inwieweit genetische Daten dazu genutzt werden können, das individuelle Diabetesrisiko präziser zu bestimmen als dies derzeit anhand der klassischen Risikofaktoren möglich ist, sei eine noch offene Frage, so Hans-Georg Joost, wissenschaftlicher Direktor des DIfE. „Die Vielzahl der Gene lässt eher auf geringe Einzeleffekte schließen, was genaue Risikovorhersagen erschwert“, so der Experte.

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