Biotechnologie-Firmenumfrage 2008

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Die deutsche Biotechnologie-Branche 2008: Daten und Fakten. Quelle: biotechnologie.de

Die deutsche Biotechnologie hat sich im Jahr 2007 durch moderates Wachstum ausgezeichnet. Das ist das zentrale Ergebnis der neuesten Biotechnologie-Firmenumfrage, die die Informationsplattform biotechnologie.de im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt hat.

Zusammenfassung

Die deutsche Biotechnologie hat sich im Jahr 2007 durch moderates Wachstum ausgezeichnet: Der Umsatz kletterte erstmals auf zwei Milliarden Euro (+14%), die Ausgaben für Forschung und Entwicklung erreichten zum ersten Mal eine Milliarde Euro (+8%). Darüber hinaus verzeichneten die Beschäftigtenzahlen ein leichtes Plus. Dies sind die zentralen Ergebnisse der Firmenumfrage, die die Informationsplattform biotechnologie.de im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) imFrühjahr 2008 durchgeführt hat. Die Daten wurden nachden Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erhoben und bieten einen Überblick über die wirtschaftliche Situation der deutschen Biotech-Landschaft.

Nach Angaben der Umfrage liegt die Zahl der Firmen, die sich 2007 in Deutschland hauptsächlich mit Biotechnologie beschäftigen, nahezu unverändert bei rund 500. In diesen Unternehmen sind rund 14.400 Mitarbeiter beschäftigt  (2006: 14.150). Wie bereits im letzten Jahr ersichtlich, wächst die Bedeutung der Biotechnologie aber auch in Unternehmen, bei denen Biotechnologie nur einen Teil des Geschäftes ausmacht. In diesen 91 identifizierten Firmen – zumeist Pharma- und Chemiekonzernesowie Saatguthersteller – sind rund 15.200 Biotechnologie-Mitarbeiter tätig (2006: 14.800). Damit sind in der gesamten kommerziellen Biotechnologie in Deutschlandrund 29.600 Menschen beschäftigt (2006: 29.000).


Kennzahlen der Biotech-Branche in Deutschland

Zahl der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen496
Zahl der innovativ biotechnologisch aktiven Unternehmen91
Zahl der Mitarbeiter in den dedizierten Biotechnologie-Unternehmen14.400
Zahl der Biotech-Mitarbeiter in den innovativ biotechnologisch aktiven Unternehmen15.200
Höhe der Umsätze der dedizierten Biotechnologie-Untrnehmen2,01 Mrd. Euro
Höhe der F&E-Aufwendungen der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen1,05 Mrd. Euro

Quelle: biotechnologie.de, Firmenumfrage 2008

Anzahl der Unternehmen und Verteilung auf Bundesländer

Anzahl der Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland.Lightbox-Link
Anzahl der Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland.Quelle: biotechnologie.de

Im Jahr 2007 haben insgesamt 496 Unternehmen in Deutschland ganz oder überwiegend mit Verfahren der modernen Biotechnologie gearbeitet und gelten somit nach Definition der OECD als „dedizierte“ Biotech-Firmen. Damit hat sich die Zahl dieser Unternehmen gegenüber dem Vorjahr (495) praktisch nicht verändert. Bei weiteren 91 Firmen ist die Biotechnologie ein Tätigkeitsfeld  neben anderen. Solche Unternehmen werden gemäß OECD-Kriterien als „innovativ biotechnologisch aktiv“gewertet. Im Vergleich zum Vorjahr (56) ist hier ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, der allerdings weitestgehend auf eine vollständigere Erfassung der Firmenin den wichtigsten Feldern Gesundheit (46%), Landwirtschaft (36%) sowie Industrie (12%) zurückzuführenist. Sofern nicht anders vermerkt, beziehen sich im Folgenden alle Angaben ausschließlich auf die dedizierten Biotech-Unternehmen.


Regionale Verteilung der Biotech-Unternehmen in Deutschland

Geografische Verteilung der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland.Lightbox-Link
Geografische Verteilung der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland.Quelle: biotechnologie.de

Was die Gründungsdynamik betrifft, so ist sie im Jahr 2007 nur leicht zurückgegangen. 14 Neugründungenstanden 13 Abgänge von Unternehmen – entweder durch Übernahmen oder durch Insolvenz – gegenüber. Im vergangenen Jahr wurden zum Veröffentlichungstermin nur etwas mehr Neugründungen (20) gezählt, die sich jedoch im Laufe des Jahres noch um weitere 11 auf insgesamt 31 erhöhten. Da sich die Gründungszahlen in den vergangenen Jahren auf circa 30 pro Jahr eingependelt haben, ist dies auch für 2007 zu erwarten. Im Gegensatz dazu haben sich die Firmenabgänge um mehr als die Hälfte reduziert: Sie lagen 2006 noch bei 33. Insgesamt betrachtet bleibt die Gesamtzahl der Biotechnologie-Unternehmen damit so gut wie unverändert und hat sich über die letzten Jahre hinweg in Deutschland bei etwa 500 stabilisiert.

Das Durchschnittsalter der Unternehmen liegt bei acht Jahren. Rund 30% der Firmen sind seit zehn Jahren und mehr aktiv, während etwa 16% erst in den vergangenen drei Jahren gegründet wurden. Die bislang größte Gründungswelle in der deutschen Biotechnologie war in Folge des 1996 vom BMBF initiierten BioRegio-Wettbewerbs in den Jahren 1997 bis 2001 zu verzeichnen. Gut 40% aller heute existenten Biotech-Firmen nahm in dieser Zeit ihre Geschäftstätigkeit auf. Das Ergebnis des BioRegio-Wettbewerbs spiegelt sich auch in der heutigen regionalen Verteilung der Unternehmen wider. So sind drei der vier größten Biotechnologie-Cluster in den Gewinner-Regionen des Wettbewerbs – München, Rhein-Neckar (Heidelberg) und Rheinland – zu finden. Neben diesen hat sich die Region Berlin-Brandenburg mit 86 Unternehmen als weiterer geografischer Schwerpunkt der deutschen Biotechnologie etabliert. Die meisten innovativ biotechnologisch aktiven Unternehmen finden sich in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen. Dies spiegelt zum einen die starken industriellen Schwerpunkte im äußersten Westen und den Fokus auf Landwirtschaft und Ernährung in der Mitte Deutschlands wider.

Verteilung nach Bundesländern

Verteilung der Biotechnologie-Unternehmen auf die Bundesländer.Lightbox-Link
Verteilung der Biotechnologie-Unternehmen auf die Bundesländer.Quelle: biotechnologie.de

Mitarbeiterzahl und Größenstruktur

Trotz der weitestgehend unveränderten Unternehmenszahl konnten im Jahr 2007 leichte Zuwächse bei den Arbeitsplätzen verzeichnet werden. So haben die 496 dedizierten Biotech-Unternehmen in Deutschland insgesamt14.360 Mitarbeiter beschäftigt. Damit stieg die Anzahl der Arbeitsplätze gegenüber dem Vorjahr leicht um 1,5%.Knapp die Hälfte (45%) dieser Beschäftigten hat einen Hochschulabschluss. Hinzukommen 15.210 Angestellte in den biotechnologisch ausgerichteten Geschäftsbereichen der Pharma-, Chemie- und Saatgutunternehmen. Dies entspricht ebenfalls einem leichten Plus von 2,8%gegenüber 2006. Damit liegt die Gesamtbeschäftigtenzahl für die kommerzielle Biotechnologie in Deutschland bei 29.570 (2,1% mehr als im Vorjahr) und nähert sich immer mehr der 30.000er Grenze.

Mitarbeiter der kommerziellen Biotechnologie in Deutschland

200520062007
Zahl der in dedizierten Biotech-Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter12.97314.15014.360
Zahl der Mitarbeiter, die in innovativ biotechnologisch-aktiven Unternehmen mit Biotechnologie beschäftigt sind10.85614.80015.210
Gesamtzahl der Mitarbeiter in der kommerziellen Biotechnologie23.82928.95029.570



Größenstruktur dedizierter Biotech-Unternehmen

Größenstruktur dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Lightbox-Link
Größenstruktur dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Quelle: biotechnologie.de

Was die Größe der Unternehmen betrifft, so ist eine Mehrheit von 86% nach wie vor sehr klein. 43% der Biotech-Firmen beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter, weitere 43% bis zu 50 Mitarbeiter. Während diese Größenverteilung der vom Jahr 2006 sehr ähnelt, ist die Zahl der Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern von 20auf 26 um fast ein Drittel (30%) gestiegen. Dies spricht dafür, dass es offenbar einen kleinen Kern stetig wachsender und prosperierender Unternehmen gibt, die einen zunehmenden Reifegrad aufweisen. Die Zahl der Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern ist hingegen nahezu unverändert und liegt jetzt bei 64 (2006:65). 

Tätigkeitsfelder und Geschäftsmodelle

Inhaltlich haben sich die Schwerpunkte der Biotechnologie-Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert:216 Firmen (44%) entwickeln neue Medikamenteoder diagnostische Tests. Somit stellt die Gesundheit oder„Rote" Biotechnologie nach wie vor den wichtigsten Anwendungsbereich der Biotechnologie dar.


Tätigkeitsfelder der Biotech-Firmen

Inhaltliche Ausrichtung dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Lightbox-Link
Inhaltliche Ausrichtung dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Quelle: biotechnologie.de

Ein fast ebenso großer Anteil von Firmen ist in keinem speziellen Feld, sondern für mehrere Anwender-branchen aktiv. So wurden insgesamt 196 Firmen (40%) der vonder OECD definierten Kategorie der nicht-spezifischen Anwendungen zugeordnet. Hierzu gehören Unternehmen, die ausschließlich oder überwiegend Dienstleistungen für andere Biotech-Firmen erbringen oder als Zulieferer für diese tätig sind. Auch reine Auftragsproduzenten von biologischen Molekülen ohne eigene Entwicklungsaktivitäten wurden zu dieser Kategorie gezählt. Damit ist dieses Segment das zweitwichtigste der Branche und erreicht eine fast ebenso große Bedeutung wie die medizinische Biotechnologie.

Mit größerem Abstand folgt die industrielle oder „Weiße“Biotechnologie. Lediglich für 38 Unternehmen (8%)in Deutschland stellen die Entwicklung von technischen  Enzymen, neuen Biomaterialien oder biotechnologischen Produktionsprozessen das Hauptbetätigungsfeld dar. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass viele Aktivitäten in diesem Bereich nicht in den dedizierten Biotechnologie-Unternehmen, sondern in der Chemie-Industrie laufen. Deshalb ist die Bedeutung dieses Sektorsinsgesamt größer einzuschätzen.

Nur 26 Firmen (5%) sind der „Grünen“ oder Agro-Biotechnologie zuzurechnen. Da dieses Feld jedoch ähnlich wie bei der „Weißen“ Biotechnologie von Großunternehmen dominiert wird, ist die Bedeutung des Feldes auchhier größer einzuschätzen, als die reine Zahl an dedizierten Biotechnologie-Unternehmen annehmen lässt. Weitere20 Unternehmen (4%) beschäftigen sich mit dem für viele Anwendungen immer wichtigeren Feld der Bioinformatik.

Methodenspektrum der Biotech-Unternehmen

Methodenspektrum der dedidzierten Biotechnologie-UnternehmenLightbox-Link
Methodenspektrum der dedidzierten Biotechnologie-UnternehmenQuelle: biotechnologie.de

Hinsichtlich der verwendeten biotechno-logischen Methoden waren mehrere Angaben pro Unternehmen möglich. Wenig überraschend stehen hier Arbeiten mit Proteinen (58% der Firmen) und rekombinanten Nukleinsäuren (47%) im Vordergrund, gefolgt von Zell- bzw. Gewebekulturmethoden (39%). Jeweils wichtige Rollen spielen die Bioverfahrenstechnik (bei 23% der Unternehmen) und die Systembiologie (21%), während die Nanobiotechnologie lediglich für 14% der Firmen relevant ist.

Die meisten Unternehmen (88%) betreiben eigene Forschungsaktivitäten, 52% sind (auch) in der Produktentwicklung aktiv. Mehr als ein Drittel der Firmen (35%) ist selbst produzierend tätig. Die Tatsache, dass zwei Drittel (68%) der Unternehmen angeben, Dienstleistungen zuerbringen, zeigt, dass das sogenannte duale Geschäftsmodell– eigene Produktentwicklung plus Erwirtschaftung von Umsätzen durch Dienstleistungen – mittlerweile in der Branche breit etabliert ist.


Biotechnologische Produktionskapazitäten

Geografische Verteilung biopharmazeutischer Produktionskapazitäten in Deutschland.Lightbox-Link
Geografische Verteilung biopharmazeutischer Produktionskapazitäten in Deutschland.Quelle: biotechnologie.de

Um die Produktionskapazitäten in Deutschland genauer zu erfassen, wurden in diesem Jahr erstmals alle in der Biotechnologie aktiven Firmen – sowohl die dedizierten als auch die innovativ biotechnologisch aktiven – nach ihren Fermenterkapazitäten zur Herstellung biopharmazeutischer Produkte gefragt. Auf der Basis dieser Daten liegen die Volumina in Deutschland bei insgesamt rund 830.000 Liter, wobei eine Gruppe von drei Firmen für knapp 90% der Kapazitäten verantwortlich ist.

Die zunehmende Reife der Branche zeigt sich auch in den Fortschritten bei der Produktentwicklung, die in der aktuellen Firmenumfrage ebenfalls detaillierter als früher erfasst wurde. Demnach befinden sich derzeit Medikamenten-Kandidaten von 81 der dedizierten deutschen Biotechnologie-Firmen in der klinischen Entwicklung. Diese Unternehmen haben 2007 mit insgesamt 127 Präparaten klinische Studien der Phase I, II und III durchgeführt. Davon befindet sich die Mehrheit (104) in der frühen Entwicklung (Phase I+II). Die fortgeschrittene Pipeline der Unternehmen umfasst insgesamt 28 Präparate, von denen sich fünf im Zulassungsprozess und 23 in Phase III befinden. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der fortgeschritten Medikamentenkandidaten verdoppelt.

Finanzielle Situation

Der Umsatz der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen hat im Jahr 2007 erstmals zwei Milliarden Euro erreichtund ist damit – wie bereits im Vorjahr – erneut um 14%gewachsen. Hierzu gehören Erlöse aus dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen ebenso wie Vorab- und Meilensteinzahlungen aus Lizenzverträgen. Insgesamt vier therapeutische Produkte deutscher Biotechnologie-Unternehmen waren im Jahr 2007 auf dem Markt. Dabei handelt es sich um unterschiedlichste Therapien (Polyklonale Antikörper, chemisch synthetisierte kleine Moleküle u.a.). Beispielsweise fällt hierunter auch eine durch Methoden der regenerativen Medizin geschaffene künstliche Haut, die zur Behandlung von chronischen Wunden aus patienteneigenen Zellen hergestellt wird.

Umsatz und F&E Aufwwendungen

Umsatz und FE-Ausgaben der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen.Lightbox-Link
Umsatz und FE-Ausgaben der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen.Quelle: biotechnologie.de

Der größte Anteil am Umsatz wird allerdings mit Dienstleistungen und molekularbiolo-gischem Laborbedarf erwirtschaftet. Ebenfalls gestiegen sind die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung im Jahr 2007. Die Unternehmen investierten insgesamt rund eine Milliarde Euro in ihre F&E-Aktivitäten, 8% mehr als noch 2006. Diese Zunahme ist durch die größere Zahl klinischer Studien in fortgeschrittenen Phasen bei den Medikamenten-Entwicklern bedingt und ein weiteres Indiz für die zunehmende Reife der Branche.


Geldquellen der Biotech-Firmen 

Finanzierungsquellen dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Lightbox-Link
Finanzierungsquellen dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Quelle: biotechnologie.de

Neben dem Umsatz stellt Venture Capital eine wesentliche Finanzierungs-quelle für die Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland dar. Derzeit ist etwa ein Drittel der dedizierten Firmen zumindest teilweise durch VC Investoren finanziert. Nach Informationen des Biotechnologie-Nachrichtenmagazins |transkript wurden 200717 Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von rund 294 Millionen Euro abgeschlossen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein deutliches Wachstum von 15%. Dabei dominierten vor allem große Finanzierungsrunden: So gab es sechs Runden mit einem Volumen von 25 Millionen Euro oder mehr – so etwas hat es bisher in Deutschland noch nicht gegeben, auch nicht zu Hochzeiten des Booms um die Jahrtausendwende.

Das Geld stammt dabei jedoch aus den Taschen einiger weniger Milliardäre. So haben die ehemaligen HEXAL Gründer Andreas und Thomas Strüngmann insgesamt rund 80 Mio. Euro investiert und den bisher größten Einzelinvestor und ehemaligen SAP-Gründer Dietmar Hopp abgelöst, der 2007 ‚nur‘ rund 50 Millionen Euro in deutsche Biotechnologie-Unternehmen steckte. Das Interesse der Milliardäre kann dabei als Zeichen der Attraktivität hiesiger Firmen angesehen werden. Nach dem Einbruch der Jahre 2002 bis 2004 befindet sich die Finanzierungssituation damit weiter auf Stabilisierungskurs.

Über die Börse fiel die Kapitalaufnahme im Jahr 2007 hingegen deutlich schwerer: Mit 137 Millionen Euro warben die Unternehmen nach Angaben von |transkript nur noch halb soviel wie im Jahr 2006 ein. Damals hatten die börsennotierten Unternehmen, bereinigt um die Qiagen-Wandelanleihe in Höhe von 210 Millionen Euro, noch 227 Millionen eingenommen. Lediglich eine Firma wagte zudem 2007 den Sprung aufs Börsenparkett.

Börsennotierte Biotech-Unternehmen in Deutschland

FirmaGründungs-jahrJahr des Börsengangs
Arthro Kinetics plc (Esslingen)20002006
Biofrontera AG (Leverkusen)19972006
co.don AG (Teltow)19932001
CytoTools AG20002006
Epigenomics AG (Berlin)19982004
Evotec AG (Hamburg)19931999
GeneArt AG (Regensburg)19992006
GPC Biotech AG (Martinsried)19971999
LipoNova AG (Hannover)19982006
MediGene AG (Martinsried19942000
Micromet Inc. (München)19932006
MOLOGEN AG (Berlin)19981998
MorphoSys AG (Martinsried)19921999
MWG BIOTECH AG (Ebersberg)19901999
Nascacell Technologies AG (München)20032006
PAION AG (Aachen)20002005
Qiagen (Hilden)19841996
Sygnis Pharma AG (Heidelberg)19972000
Wilex AG (München)19972006
4SC AG (Martinsried)19972005
vita 34 International AG (Leipzig)19972007

Stand und Perspektiven

In der öffentlichen Wahrnehmung war das Jahr 2007 geprägt von Rückschlägen einzelner börsennotierter Unternehmen. Die Ergebnisse aus der aktuellen Umfrage von biotechnologie.de zeigen jedoch, dass dies nicht die Gesamtsituation der Biotechnologie in Deutschland widerspiegelt. Schließlich sprechen die Kennzahlen eine andere Sprache: Der Umsatz hat 2007 erstmals die Marke von zwei Milliarden Euro durchbrochen, in Forschung und Entwicklung wurden erstmals eine Milliarde Euro investiert. Darüber hinaus verzeichnen auch die Mitarbeiterzahlen – bei weitestgehend stabiler Unternehmenszahl – ein leichtes Plus.

Getragen wird dieses Wachstum zu einem großen Teil von Unternehmen, die ihre – oftmals diagnostischen – Dienstleistungen im Markt anbieten. Anders als die Medikamentenentwickler stehen diese Unternehmen weit weniger in der Öffentlichkeit, haben aber über die vergangenen Jahre hinweg für eine stete Aufwärtsentwicklung und Stabilisierung gesorgt.

Umsatzverteilung in der Biotechnologie: Dienstleister als Rückrat der Branche

Verteilung des Umsatzes dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Lightbox-Link
Verteilung des Umsatzes dedizierter Biotechnologie-Unternehmen.Quelle: biotechnologie.de

Auf der anderen Seite sind die Medikamenten-entwickler für die erneut gewachsenen hohen Aufwendungen in Forschung und Entwicklung verantwortlich. Dies wiederum ist ein Zeichen dafür, dass sich die klinische Pipeline zunehmend in fortgeschritteneren – also geldintensiveren – Phasen bewegt. Mit fünf Kandidaten in der Zulassungsphase und weiteren 23 Präparaten in Phase-III-Studien befindet sich die deutsche Biotechnologie zudem erstmals in der Position, dass sich künftige Hoffnungen nicht auf eine einzelne Firma richten. Diese Entwicklung unterstreicht die wachsende Bedeutung der Biotechnologie in der Medikamentenentwicklung, die sich auch in den neuesten Zahlen des Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) widerspiegelt. Demnach haben Biopharmazeutika im Jahr 2007 15% (4 Mrd. Euro) zum Gesamtumsatz des Pharmasektors in Deutschland beigetragen. Die hohe Zahl von Kandidaten in der frühen klinischen Entwicklung lässt vermuten, dass dieser Anteil in den kommenden Jahren noch deutlich steigen wird.

Offen bleibt, wie sich die künftige Finanzierungssituation der Biotechnologie-Unternehmen entwickeln wird, die auf kostenintensive Therapieentwicklung setzen. Ein Blick auf die vergangenen drei Jahre zeigt, dass das eingenommene Kapital deutscher Biotechnologie-Firmen in der Gesamtsumme weniger geworden ist. Angespannt ist vor allem die Stimmung an der Börse, geprägt durch die Rückschläge zuvor als Hoffnungsträger gehandelter Firmen. Für kaum ein Unternehmen erscheint ein Börsengang in diesem Umfeld attraktiv. Eine Änderung wird hier erst durch nachweisliche Erfolge eintreten. Beim Wagniskapital wiederum wurde 2007 ein deutliches Plus vermeldet. Dies spricht dafür, dass gute Ideen nach wie vor mit ausreichendem Geld ausgestattet werden. Finanzierung per Gießkanne ist jedoch passé. Es bestätigt sich der Trend hin zu wenigen großen Finanzierungsrunden – von denen aber auch Unternehmen profitieren können, die noch am Anfang der klinischen Entwicklung stehen.

Die Fördermittel der öffentlichen Hand spielen mit einem Anteil von 10% insgesamt nur eine untergeordnete Rolle bei der Finanzierung der Biotechnologie-Unternehmen. Dies zeigt, dass die Branche keineswegs so stark am „am Subventionstropf hängt“, wie manch einer vermuten könnte.

Methoden der Biotechnologie-Firmenumfrage

Im Dezember 2004 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Vielzahl der derzeit existierenden Definitionen für die Biotechnologie harmonisiert. Die OECD ist ein politisch und wirtschaftlich motivierter Zusammenschluss von derzeit 30 Staaten, deren Ziel unter anderem darin besteht, einen Vergleich der wirtschaftlichen Aktivität ihrer Mitgliedsländer zu gewährleisten. Aus diesem Grund werden für die verschiedensten Branchen statistische Richtlinien erarbeitet – mit einheitlichen Definitionen und Begriffserläuterungen. Für die Biotechnologie ist dies im Jahr 2004 geschehen: Seitdem sind alle OECD-Länder aufgerufen, Erhebungen zur Biotechnologie am sogenannten Framework for Biotechnology Statistics zu orientieren.

Anwendung der OECD-Standards für Deutschland

Für die deutsche Biotech-Branche wurden diese Leitlinien in der Vergangenheit lange nicht angewandt. Aus diesem Grund hat das BMBF biotechnologie.de im Jahr 2006 erstmals beauftragt, eine Biotechnologie-Firmenumfrage für Deutschland durchzuführen, die auf den OECD-Richtlinien basiert. Damit sollten erstmals international vergleichbare Kennzahlen der deutschen Biotech-Branche erhoben werden, die einen validen Vergleich Deutschlands mit anderen Ländern ermöglichen. In diesem Jahr erfolgte zum zweiten Mal eine Umfrage nach diesen Richtlinien.

Im Mittelpunkt des Interesses der Erhebung stehen vor allem folgende Eckdaten: die Anzahl der Unternehmen, die sich wesentlich oder ausschließlich mit Biotechnologie beschäftigen; die inhaltlichen Aktivitäten und Mitarbeiterzahlen sowie der von diesen Firmen generierte Umsatz.

Biotechnologie-Definitionen

Die OECD schlägt für die Biotechnologie eine zweiteilige Begriffsbestimmung vor, die aus einer sogenannten "einzelnen Definition" (1)und einer "listenbasierten Definition" (2) besteht. Die einzelne Definition der Biotechnologie ist zunächst eine allgemeine Begriffsbestimmung dessen, was unter Biotechnologie zu verstehen ist. Sie lautet wie folgt:


(1) Einzelne Definition der Biotechnologie:

"Biotechnologie ist die Anwendung von Wissenschaft und Technik auf lebende Organismen, Teile von ihnen, ihre Produkte oder Modelle von ihnen zwecks Veränderung von lebender oder nichtlebender Materie zur Erweiterung des Wissensstandes, zur Herstellung von Gütern und zur Bereitstellung von Dienstleistungen."

Um diese Erklärung zu konkretisieren und besonders den Ansatz der modernen Biotechnologie hervorzuheben, verwendet die OECD die listenbasierte Definition. Sie enthält eine Aufzählung sieben biotechnologischer Verfahren und Methoden, die dabei helfen sollen, die allgemeine Definition der Biotechnologie sinnvoll zu ergänzen (vgl. Tabelle 2). Diese Liste ist beispielhaft und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird sich gerade im Hinblick auf zukünftige Datenerhebungen sowie technologische Entwicklungen im Bereich der Biotechnologie auch weiter ändern.  

Die Biotechnologie wird dabei als ein Arbeitsfeld beschrieben, das sowohl traditionelle als auch innovative und angrenzende Tätigkeitsfelder umfasst. Methoden der Genomik, Proteomik und Bioverfahrenstechnik stehen ebenso in der OECD-Liste wie die Arbeit mit Zell- und Gewebekulturen, Vektoren, Bioinformatik oder Nanobiotechnologie. Anhand dieser Kritieren wurde mit vorliegender Firmenumfrage eine Betrachtung der Biotech-Branche vorgenommen. Firmen, deren Tätigkeitsfelder außerhalb dieser Definitionen liegen, wurden nicht berücksichtigt.


(2) Listenbasierte Definition der Biotechnologie:


DNAGenomik, Pharmakogenetik, Gensonden, DNA-Sequenzierung/-Synthese/-Amplifikation, Gentechnik, RNA.
Proteine und andere MoleküleSequenzierung, Synthese und Veränderung von Proteinen und Peptiden (einschließlich hochmolekularer Hormone); Identifikation von Zellrezeptoren; verbesserte Darreichungsformen für hochmolekulare Wirkstoffe (beispielsweise mit Glycol oder bestimmten Lipiden); Proteomik.
Zell- und Gewebekultur sowie Tissue-EngineeringZell- und Gewebekultur, Tissue-Engineering, Hybridisierung, Zellfusion, Vakzine und Immunstimulansen, Embryo-Kultivierung.
Methoden der BioverfahrenstechnikFermentationen in Bioreaktoren, Bioverfahren, biologisches Bleichen, biologische Zellstoffgewinnung, biologische Laugung, biologische Entschwefelung, biologische Umweltsanierung und biologische Filtration.
Subzelluläre OrganismenGentherapie, virale Vektoren.
BioinformatikErstellung von Datenbanken mit Genomen oder Proteinsequenzen; Modellierung komplexer biologischer Vorgänge.
NanobiotechnologieAnwendung von Werkzeugen und Verfahren der Nano- und Mikrosystemtechnik zur Herstellung von Hilfsmitteln für die Erforschung biologischer Systeme sowie Anwendungen in der Wirkstoffdarreichung und in der Diagnostik.

Neben der Frage, was unter Biotechnologie im Einzelnen zu verstehen ist, dienen der Biotechnologie-Firmenumfrage noch weitere Begriffe als Grundlage. Schließlich ist nicht jedes Unternehmen, das sich mit oben genannten Methoden beschäftigt, laut OECD-Definition automatisch ein Biotechnologie-Unternehmen.

Was ist gemäß OECD ein Biotechnologie-Unternehmen?

Die OECD unterscheidet innerhalb der Biotech-Branche zwei unterschiedliche Kategorien von Unternehmen: „dedizierte Biotechnologie-Unternehmen“ (1)auf der einen Seite und „innovativ biotechnologisch-aktive Unternehmen“ (2)auf der anderen Seite. Erstere werden laut der OECD-Definition wie folgt beschrieben:


(1) Ein dediziertes Biotechnologie-Unternehmen…


"... ist definiert als ein biotechnologisch aktives Unternehmen, dessen wesentliche(s) Unternehmensziel(e) die Anwendung biotechnologischer Verfahren zur Herstellung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen oder der Durchführung biotechnologischer Forschung und Entwicklung ist/sind."


Im Gegensatz zu dieser Art von dedizierten Biotech-Unternehmen liegt das wesentliche Unternehmensziel eines „innovativ biotechnologisch-aktiven Unternehmens“ nicht ausschließlich in der Anwendung biotechnologischer Verfahren. Die OECD beschreibt damit Unternehmen, bei denen die Biotechnologie nur einen Teil des Geschäfts- und Tätigkeitsfeldes ausmacht. Die Definition lautet wie folgt:


(2) Ein innovativ biotechnologisch-aktives Unternehmen …


"... ist definiert als ein biotechnologisch aktives Unternehmen, das biotechnologische Verfahren zum Zwecke der Eingliederung neuartiger oder wesentlich verbesserter Produkte oder Herstellungsprozesse anwendet (gemäß dem Oslo Manual der OECD von 1997 als Maß der Innovation). Dabei muss das wesentliche Unternehmensziel nicht ausschließlich in der Anwendung biotechnologischer Verfahren zur Herstellung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen oder der Durchführung biotechnologischer Forschung und Entwicklung bestehen (z. B. Pharma- und Chemie-unternehmen, Saatguthersteller u. ä.)."


Neben diesen wesentlichen Unternehmensdefinitionen hat die OECD für weitere relevante Begriffe verbindliche Beschreibungen festgelegt:

Biotechnologisches Produkt... ist definiert als Ware oder Dienstleistung, deren Entwicklung oder Herstellung die Anwendung eines oder mehrerer biotechnologischer Verfahren gemäß der einzelnen oder listenbasierten Definition für die Biotechnologie voraussetzt.
Biotechnologischer Prozess... ist definiert als Herstellungs- oder anderer Prozess (beispielsweise ein Umweltvorgang), bei dem ein oder mehrere biotechnologische Verfahren oder Produkte zur Anwendung kommen.
Biotechnologische Forschung und experimentelle Entwicklung (F&E)... ist definiert als F&E biotechnologischer Verfahren, biotechnologischer Produkte und Herstellungsprozesse unter Anwendung oben genannter biotechnologischer Methoden sowie in Übereinstimmung mit dem Frascati Manual der OECD von 2002 als Maß von F&E.
Beschäftigung in der Biotechnologie... sind definiert als solche Arbeitskräfte, die direkt oder indirekt an der Herstellung oder biotechnologischer Produkte beteiligt sind. 

Datenbasis der Biotechnologie-Umfrage

Für die Zwecke der Erhebung hat biotechnologie.de im Rahmen des Auftrages einen Fragebogen erarbeitet, der auf den zuvor erläuterten OECD-Definitionen beruht. Zwischen Januar und April 2007 wurden ingesamt 609 Unternehmen angeschrieben. 539 der befragten Unternehmen antworteten per ausgefülltem Fragebogen bzw. nach telefonischer Rückfrage. Die Rücklauf- bzw. Verifizierungsquote beträgt damit 89%.

Die Auswahl der für die Erhebung angeschriebenen Unternehmen erfolgte unter Berücksichtigung der OECD-Definition in Abgleich mit den bereits bestehenden Unternehmensdatenbanken der BIOCOM AG.

Entsprechend den OECD-Richtlinien wurde bei der Auswahl der Firmen darauf geachtet, alle Unternehmen zu erfassen, die sich in Deutschland mit Biotechnologie beschäftigen und hierzulande ansässig sind. Deshalb wurden auch solche Firmen berücksichtigt, die sich im Mehrheitsbesitz eines nicht-deutschen Mutterkonzerns befinden, aber in Deutschland einen Firmensitz haben. Bei der Erfassung der Arbeitsplätze, Geschäftszahlen und Geschäftsfelder wurde die Befragung nur für die deutschen Standorte eines Unternehmens durchgeführt. Hat ein Unternehmen mehr als einen Standort in Deutschland, wird es nur einmal mit entsprechend kumulierten Werten berücksichtigt.

Stichtag der Befragung war der 31.12.2006.

Alle in der Firmenumfrage berücksichtigten Biotech-Unternehmen sind in der Unternehmensdatenbank von biotechnologie.de einsehbar. Die Einträge sind in die zwei OECD-Kategorien für Unternehmen unterteilt. Die veröffentlichten Angaben beruhen auf den Ergebnissen der Umfrage.






Hintergrund

Die Biotechnologie-Firmenumfrage wurde von biotechnologie.de bereits zum dritten Mal durchgeführt. Der Erhebungszeitraum lag zwischen Januar und März 2008. Von insgesamt 645 angeschriebenen Unternehmen nahmen 569 Unternehmen an der Umfrage teil. Die Rücklaufquote liegt damit bei 88%. Der Stichtag der für die Erhebung berücksichtigten Daten ist der 31.12.2007.

Als Biotechnologie-Unternehmen werden Firmen angesehen, deren Unternehmensziel wesentlich oder ausschließlich in der Biotechnologie liegt. Im Rahmen der hier vorgelegten Zahlen werden sie als "dedizierte Biotech-Unternehmen" bezeichnet. Es wurden auch solche Unternehmen berücksichtigt, die sich im Mehrheitsbesitz eines nicht-deutschen Mutterkonzerns befinden, aber in Deutschland einen Firmensitz mit F&E-Aktivitäten haben.

Diese Vorgehensweise orientiert sich an statistischen Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die im Jahr 2004 verabschiedet wurden.

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Downloads

Biotechnologie-Firmenumfrage 2008

biotechnologie.de, Mai 2008 Download PDF (4,7 MB) PDF online ansehen

Biotechnologie-Firmenumfrage 2007

biotechnologie.de, Mai 2007 Download PDF (1,8 MB) PDF online ansehen

Biotechnologie Firmenumfrage 2006

biotechnologie.de, April 2006 Download PDF (736,1 KB)