Biotechnologie-Firmenumfrage 2007

Regionale Verteilung der Biotech-Unternehmen in Deutschland <ic:message key='Bild vergrößern' />
Quelle: biotechnologie.de

Die deutsche Biotechnologie hat im Jahr 2006 einen neuen Reifegrad erreicht: Sowohl die Beschäftigtenzahlen als auch die Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Das ist das zentrale Ergebnis der neuesten Biotechnologie-Firmenumfrage, die die Informationsplattform biotechnologie.de im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt hat. Die Daten wurden nach den Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erhoben und bieten einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Situation der deutschen Biotech-Landschaft.

Einführung

In Deutschland hat die kommerzielle Entwicklung der Biotechnologie etwas später als andernorts begonnen. Aus der anfänglich verhaltenen Entwicklung in den frühen neunziger Jahren entstand erst nach der Novellierung des Gentechnikgesetzes 1993 und dem BioRegio-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) 1995 ein regelrechter Biotech-„Gründerboom“. Nicht alle Konzepte erwiesen sich jedoch als tragfähig und so mussten – vor allem während des schwierigen Finanzierungsumfelds der Jahre 2001 bis 2004 – viele ihre Geschäftstätigkeit wieder einstellen. Dennoch blieb die prognostizierte drastische Reduktion der Zahl von Biotech-Firmen aus. Noch immer kann Deutschland im europäischen Vergleich die größte Anzahl an Biotech-Unternehmen vorweisen.

Nach den ersten zwei Jahrzehnten der modernen, kommerziellen Biotechnologie in Deutschland stellen sich nun folgende Fragen: Welches wirtschaftliche Potenzial steckt in dieser Hochtechnologie? Kann sie einen nennenswerten Beitrag zur ökonomischen Entwicklung des Landes leisten?

Um diese Fragen seriös beantworten zu können, ist eine umfangreiche Analyse des Biotech-Standortes Deutschland notwendig: Wie sehen die wirtschaftlichen Kennzahlen der Biotech-Branche für Deutschland aus? Wie viele Unternehmen beschäftigen sich in Deutschland mit der Biotechnologie? Gibt es eine relevante Zahl an Arbeitsplätzen, und wieviel Umsatz wird in der Biotechnologie erzielt?

Die Beantwortung dieser Fragen setzt jedoch verlässliche Grundbegriffe voraus. Innerhalb der Biotechnologie war und ist das bislang ein Problem: Was ist Biotechnologie? Die Definitionen hierzu unterscheiden sich international und national deutlich. Schließlich ist die Biotech-Branche eine stark diversifizierte Industrie mit einer großen Vielfalt an Technologien, Produkten und Dienstleistungen in den unterschiedlichsten wirtschaftlichen Bereichen – sie reicht von medizinischen über landwirtschaftliche bis hin zu großindustriellen Anwendungen.

Im Dezember 2004 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Vielzahl der existierenden Definitionen für die Biotechnologie harmonisiert.  Mit der vorliegenden Biotechnologie-Firmenumfrage wurden nun bereits zum zweiten Mal Daten zur Biotech-Branche in Deutschland erhoben, die auf diesen OECD-Standards basieren. Damit wird ein weltweiter Vergleich zu Stand und Entwicklung der Biotechnologie möglich, der zuvor aufgrund uneinheitlicher Begriffsdefinitionen nur bedingt realisierbar war.

Anzahl der Unternehmen und Verteilung auf Bundesländer

Anzahl der Biotechnologie-UnternehmenLightbox-Link
Anzahl der Biotechnologie-UnternehmenQuelle: biotechnologie.de

Insgesamt 495 Unternehmen in Deutschland haben 2006 ganz oder überwiegend mit Verfahren der  modernen Biotechnologie gearbeitet und gelten somit nach Definition der OECD als sogenannte "dedizierte Biotech-Firmen". Damit hat sich die Zahl dieser Unternehmen gegenüber dem Vorjahr (497) praktisch nicht verändert. Bei weiteren 56 Firmen ist die Biotechnologie ein Tätigkeitsfeld neben anderen. Solche Unternehmen werden gemäß OECD-Kriterien als innovativ biotechnologisch-aktiv gewertet. Zu dieser Gruppe zählen besonders Pharma- und Chemieunternehmen bzw. Saatguthersteller. Sofern nicht anders vermerkt beziehen sich im Folgenden alle Angaben ausschließlich auf die dedizierten Biotech-Unternehmen.



Regionale Verteilung der Biotech-Unternehmen in Deutschland

Regionale Verteilung der Biotech-Unternehmen in DeutschlandLightbox-Link
Regionale Verteilung der Biotech-Unternehmen in DeutschlandQuelle: biotechnologie.de











































20 Neugründungen standen 33 Abgänge von Unternehmen – entweder durch Fusion oder durch Insolvenz – gegenüber. Hinzu kommen 11 Unternehmen, die bereits 2005 existierten, aber erst jetzt in die Datenbank aufgenommen wurden. Somit hat sich die Anzahl von Biotechnologie-Firmen in Deutschland in den letzten Jahren bei etwa 500 stabilisiert. Die regionale Verteilung spiegelt auch heute noch das Ergebnis des BioRegio-Wettbewerbs wider. So sind drei der vier größten Biotechnologie-Cluster in den Gewinner-Regionen des Wettbewerbs – München, Rhein-Neckar und Rheinland – zu finden. Neben diesen hat sich die Region Berlin-Brandenburg mit 87 Unternehmen als weiterer geografischer Schwerpunkt der deutschen Biotechnologie etabliert.


Verteilung der Biotech-Firmen nach Bundesländern

BundeslandAnzahl der dedizierten Unternehmen  im Jahr 2005 (Anzahl der biotechnologisch aktiven Unternehmen)Anzahl der dedizierten Unternehmen im Jahr 2006 (Anzahl der biotechnologisch aktiven Unternehmen)
Baden-Württemberg78 (3)81 (4)
Bayern93 (8)93 (6)
Berlin55 (1)56 (1)
Brandenburg 30 (2)31 (2)
Bremen7 (0)6 (0)
Hamburg17 (2)17 (1)
Hessen25 (10)28 (11)
Mecklenburg-Vorpommern14 (2)15 (2)
Niedersachsen37 (9)38 (8)
Nordrhein-Westfalen55 (11)56 (11)
Rheinland-Pfalz10 (2)13 (2)
Saarland3 (0)3 (0)
Sachsen18 (1)20 (0)
Sachsen-Anhalt19 (1)20 (1)
Schleswig-Holstein12 (6)12 (6)
Thüringen7 (1)6 (1)
Gesamt480 (59)1495 (56)

1 In die Umfragedaten für 2007 wurden im Vergleich zum Vorjahr  weitere Firmen aufgenommen, die bereits 2005 existierten. Die aktuelle Zahl der dedizierten Biotech-Unternehmen für 2005 erhöht sich deshalb auf 495.

Tätigkeitsfelder und Geschäftsmodelle

Um ein klareres Bild von der inhaltlichen Ausrichtung der deutschen Biotechnologie-Branche zu erhalten, waren abweichend vom Vorjahr in der diesjährigen Umfrage keine Mehrfachnennungen bei den Segmenten möglich. Ist ein Unternehmen in mehreren Segmenten aktiv, zählt nur der Schwerpunkt der Tätigkeit.

Tätigkeitsfelder der Biotech-Firmen

Verteilung der Biotech-Firmen auf die TätigkeitsfelderLightbox-Link
Verteilung der Biotech-Firmen auf die TätigkeitsfelderQuelle: biotechnologie.de

Inhaltlich stellt die „rote“ Biotechnologie den wichtigsten Sektor innerhalb der deutschen Biotechnolologie dar: 214 Firmen (43%) entwickeln neue Medikamente oder diagnostische Tests für den humanmedizinischen Bereich. Hinzu kommen 8 Unternehmen, die hauptsächlich Tierarzneimittel entwickeln.  195 der Firmen (knapp 40%) sind der von der OECD definierten Kategorie der nicht-spezifischen Anwendungen zuzuordnen. Hierzu gehören die Unternehmen, die ausschließlich oder überwiegend Dienstleistungen für andere Biotech-Firmen erbringen oder als Zulieferer für diese tätig sind. Auch reine Auftragsproduzenten von biologischen Molekülen ohne eigene Entwicklungsaktivitäten wurden zu dieser Kategorie gezählt. Damit ist dieses Segment das zweitwichtigste der Branche.

Mit größerem Abstand folgt die Industrielle oder „Weiße“ Biotechnologie. Lediglich für 36 Unternehmen (7%) in Deutschland stellen die Entwicklung von technischen Enzymen, neuen Biomaterialien oder biotechnologischen Produktionsprozessen das Hauptbetätigungsfeld dar. Nur 28 Firmen (knapp 6%) sind der „Grünen“ oder Agro-Biotechnologie zuzurechnen. Weitere 14 Unternehmen (3%) gehören inhaltlich zu keinem der vorgenannten Segmente; hierbei handelt es sich meistens um Bioinformatik-Firmen.

Methodenspektrum der Biotech-Unternehmen

Methodensprektrum der dedizierten Biotechnologie-UnternehmenLightbox-Link
Methodensprektrum der dedizierten Biotechnologie-UnternehmenQuelle: biotechnologie.de

Hinsichtlich der verwendeten biotechnologischen Methoden waren mehrere Angaben pro Unternehmen möglich. Wenig überraschend stehen hier Arbeiten mit rekombinanten Nukleinsäuren (50% der Firmen) und Proteinen (60%) im Vordergrund, gefolgt von Zell- bzw. Gewebekulturmethoden (40%). Jeweils wichtige Rollen spielen die Bioverfahrenstechnik (bei 23% der Unternehmen) und die Systembiologie (22%), während die Nanobiotechnologie lediglich für 13% der Firmen relevant ist.

Geschäftsaktivitäten der Biotech-Unternehmen

Geschäftsaktivitäten der dedizierten Biotechnologie-UnternehmenLightbox-Link
Geschäftsaktivitäten der dedizierten Biotechnologie-UnternehmenQuelle: biotechnologie.de

Die meisten Unternehmen (77%) betreiben eigene Forschungsaktivitäten, 62% sind (auch) in der Produktentwicklung aktiv. Immerhin fast die Hälfte der Firmen ist auch selber produzierend tätig. Die Tatsache, dass zwei Drittel der Unternehmen angeben, Dienstleistungen zu erbringen, zeigt, dass das so genannte duale Geschäftsmodell – eigene Produktentwicklung plus Erwirtschaftung von Umsätzen durch Dienstleistungen – mittlerweile in der Branche fest etabliert ist.

Die zunehmende Reife der Branche zeigt sich auch in den Fortschritten bei der Produktentwicklung. Derzeit befinden sich Medikamenten-Kandidaten von 24 der dedizierten deutschen Biotechnologie-Firmen in der fortgeschrittenen klinischen Entwicklung. Diese Unternehmen führten 2006 mit insgesamt 36 Präparaten klinische Studien der Phase II sowie mit weiteren 11 Substanzen Studien der Phase III durch.

Finanzielle Situation

Die dedizierten Biotechnologie-Unternehmen erwirtschafteten im vergangenen Jahr annähernd 1,8 Mrd. Euro. Hierzu gehören Erlöse aus dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen ebenso wie Vorab- und Meilensteinzahlungen aus Lizenzverträgen. Das entspricht einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 14%. Noch stärker stiegen die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Die Unternehmen investierten insgesamt über 970 Mio. Euro in ihre F&E-Aktivitäten, 36% mehr als noch 2005. Diese deutliche Zunahme ist vor allem durch die größere Zahl klinischer Studien in fortgeschrittenen Phasen bei den Medikamenten-Entwicklern bedingt und ist ein weiteres Indiz für die zunehmende Reife der Branche.

Umsatz der deutschen Biotech-Unternehmen

Umsatz und F&E-Ausgaben der Biotech-Unternehmen Lightbox-Link
Umsatz und F&E-Ausgaben der Biotech-Unternehmen Quelle: biotechnologie.de

Neben dem Umsatz stellt Wagniskapital (VC) eine wesentliche Finanzierungsquelle für die Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland dar. Derzeit ist etwa ein Drittel der dedizierten Firmen zumindest teilweise durch VC-Investoren finanziert. Nach einer Erhebung des Biotechnologie-Nachrichtenmagazins |transkript wurden im Jahr 2006 insgesamt 33 Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von rund 260 Mio. Euro abgeschlossen. Gegenüber 2005 stellt das einen Rückgang der investierten Mittel von 38% dar. Allerdings war in den ersten Monaten des Jahres 2007 wieder eine deutlich verstärkte Investitionsaktivität zu verzeichnen. Allein von Januar bis Mai wurden sieben Finanzierungsrunden in einer Gesamthöhe von annähernd 160 Mio. Euro abgeschlossen. Damit setzt sich die Stabilisierung der Finanzierungssituation für Biotech-Unternehmen nach dem Einbruch der Jahre 2002 bis 2004 weiter fort.


Geldquellen der Biotech-Firmen 

Finanzierungsquellen der dedizierten Biotechnologie-UnternehmenLightbox-Link
Finanzierungsquellen der dedizierten Biotechnologie-UnternehmenQuelle: biotechnologie.de

Neben dem Risikokapital ist auch die Geldaufnahme über die Börse ein immer wichtigeres Finanzierungsinstrument für deutsche Biotech-Unternehmen. Wie das Nachrichtenmagazin  |transkript berichtete, haben die börsennotierten Biotechnologie-Firmen  im Jahr 2006 Kapitalerhöhungen in Höhe von etwa 130 Mio. Euro eingeworben. Acht Unternehmen wurden 2006 neu an einer Wertpapierbörse gelistet, wodurch sie in Summe gut 100 Mio. Euro einnahmen. Insgesamt sind damit nun 21 deutsche Biotech-Unternehmen an der Börse gelistet.



Börsennotierte Biotech-Unternehmen in Deutschland

FirmaGründungs-jahrJahr des Börsengangs
Arthro Kinetics plc (Esslingen)20002006
Biofrontera AG(Leverkusen)19972006
co.don AG (Teltow)19932001
CytoTools GmbH20002006
Epigenomics AG (Berlin)19982004
Evotec AG (Hamburg)19931999
GeneArt AG (Regensburg)19992006
GPC Biotech AG (Martinsried)19971999
Jerini AG (Berlin)19942005
LipoNova AG (Hannover)19982006
MediGene AG (Martinsried19942000
Micromet Inc. (München)19932006
MOLOGEN AG (Berlin)19981998
MorphoSys AG (Martinsried)19921999
MWG BIOTECH AG (Ebersberg)19901999
Nascacell Technologies AG (München)20032006
PAION GmbH (Aachen)20002005
Qiagen (Hilden)19841996
Sygnis Pharma AG (Heidelberg)19972000
Wilex AG (München)19972006
4SC AG (Martinsried)19972005

Mitarbeiterzahl und Größenstruktur

2006 beschäftigten die 495 dedizierten Biotech-Unternehmen in Deutschland 14.150 Mitarbeiter. Damit stieg die Anzahl der Arbeitsplätze gegenüber dem Vorjahr um 9%. Knapp die Hälfte (45%) dieser Beschäftigten hat einen Hochschulabschluss. Hinzu kommen 14.800 Angestellte in den biotechnologisch ausgerichteten Geschäftsbereichen der Pharma-, Chemie- und Saatgutunternehmen. Dies entspricht sogar einem Plus von 36% gegenüber 2005. Damit liegt die Gesamtbeschäftigtenzahl für die kommerzielle Biotechnologie in Deutschland bei 29.000, 22% mehr als im Vorjahr.

Mitarbeiter der kommerziellen Biotechnologie in Deutschland

20052006
Zahl der in dedizierten Biotech-Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter12.97314.150
Zahl der Mitarbeiter, die in innovativ biotechnologisch-aktiven Unternehmen mit Biotechnologie beschäftigt sind10.85614.800
Gesamtzahl der Mitarbeiter in der kommerziellen Biotechnologie23.82928.950



Größenstruktur dedizierter Biotech-Unternehmen

Anzahl der Mitarbeiter in den dedizierten Biotech-FirmenLightbox-Link
Anzahl der Mitarbeiter in den dedizierten Biotech-FirmenQuelle: biotechnologie.de

Nach wie vor ist der Großteil der Unternehmen sehr klein. 43% der Biotech-Firmen beschäftigen weniger als 10 Mitarbeiter. Andererseits ist jedoch im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern von 53 (11,8%) auf 65 (14,4%) gestiegen, was als Zeichen einer zunehmenden Reife der Branche gewertet werden kann. 20 Firmen haben derzeit mehr als 100 Beschäftigte, 7 sogar mehr als 250.

Altersstruktur

Altersstruktur der dedizierten Biotech-UnternehmenLightbox-Link
Altersstruktur der dedizierten Biotech-UnternehmenQuelle: biotechnologie.de

Wie die Tabelle anschaulich verdeutlicht, ist die deutsche Biotech-Branche noch ein sehr junger Industriezweig. Die aktuelle Erhebung hat ergeben, dass die Unternehmen im Mittel etwa siebeneinhalb Jahre alt sind (2005: 6,9 Jahre). Rund 22% der Firmen sind seit mehr als zehn Jahren aktiv, während 17% erst in den vergangenen drei Jahren gegründet wurden. Die bislang größte Gründungswelle in der deutschen Biotechnologie war in Folge des 1996 vom BMBF initiierten BioRegio Wettbewerbs in den Jahren 1997 bis 2001 zu verzeichnen. Rund die Hälfte aller heute existenten Biotech-Firmen nahm in dieser Zeit ihre Geschäftstätigkeit auf.

Methoden der Biotechnologie-Firmenumfrage

Im Dezember 2004 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Vielzahl der derzeit existierenden Definitionen für die Biotechnologie harmonisiert. Die OECD ist ein politisch und wirtschaftlich motivierter Zusammenschluss von derzeit 30 Staaten, deren Ziel unter anderem darin besteht, einen Vergleich der wirtschaftlichen Aktivität ihrer Mitgliedsländer zu gewährleisten. Aus diesem Grund werden für die verschiedensten Branchen statistische Richtlinien erarbeitet – mit einheitlichen Definitionen und Begriffserläuterungen. Für die Biotechnologie ist dies im Jahr 2004 geschehen: Seitdem sind alle OECD-Länder aufgerufen, Erhebungen zur Biotechnologie am sogenannten Framework for Biotechnology Statistics zu orientieren.

Anwendung der OECD-Standards für Deutschland

Für die deutsche Biotech-Branche wurden diese Leitlinien in der Vergangenheit lange nicht angewandt. Aus diesem Grund hat das BMBF biotechnologie.de im Jahr 2006 erstmals beauftragt, eine Biotechnologie-Firmenumfrage für Deutschland durchzuführen, die auf den OECD-Richtlinien basiert. Damit sollten erstmals international vergleichbare Kennzahlen der deutschen Biotech-Branche erhoben werden, die einen validen Vergleich Deutschlands mit anderen Ländern ermöglichen. In diesem Jahr erfolgte zum zweiten Mal eine Umfrage nach diesen Richtlinien.

Im Mittelpunkt des Interesses der Erhebung stehen vor allem folgende Eckdaten: die Anzahl der Unternehmen, die sich wesentlich oder ausschließlich mit Biotechnologie beschäftigen; die inhaltlichen Aktivitäten und Mitarbeiterzahlen sowie der von diesen Firmen generierte Umsatz.

Biotechnologie-Definitionen

Die OECD schlägt für die Biotechnologie eine zweiteilige Begriffsbestimmung vor, die aus einer sogenannten "einzelnen Definition" (1)und einer "listenbasierten Definition" (2) besteht. Die einzelne Definition der Biotechnologie ist zunächst eine allgemeine Begriffsbestimmung dessen, was unter Biotechnologie zu verstehen ist. Sie lautet wie folgt:


(1) Einzelne Definition der Biotechnologie:

"Biotechnologie ist die Anwendung von Wissenschaft und Technik auf lebende Organismen, Teile von ihnen, ihre Produkte oder Modelle von ihnen zwecks Veränderung von lebender oder nichtlebender Materie zur Erweiterung des Wissensstandes, zur Herstellung von Gütern und zur Bereitstellung von Dienstleistungen."

Um diese Erklärung zu konkretisieren und besonders den Ansatz der modernen Biotechnologie hervorzuheben, verwendet die OECD die listenbasierte Definition. Sie enthält eine Aufzählung sieben biotechnologischer Verfahren und Methoden, die dabei helfen sollen, die allgemeine Definition der Biotechnologie sinnvoll zu ergänzen (vgl. Tabelle 2). Diese Liste ist beispielhaft und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird sich gerade im Hinblick auf zukünftige Datenerhebungen sowie technologische Entwicklungen im Bereich der Biotechnologie auch weiter ändern.  

Die Biotechnologie wird dabei als ein Arbeitsfeld beschrieben, das sowohl traditionelle als auch innovative und angrenzende Tätigkeitsfelder umfasst. Methoden der Genomik, Proteomik und Bioverfahrenstechnik stehen ebenso in der OECD-Liste wie die Arbeit mit Zell- und Gewebekulturen, Vektoren, Bioinformatik oder Nanobiotechnologie. Anhand dieser Kritieren wurde mit vorliegender Firmenumfrage eine Betrachtung der Biotech-Branche vorgenommen. Firmen, deren Tätigkeitsfelder außerhalb dieser Definitionen liegen, wurden nicht berücksichtigt.


(2) Listenbasierte Definition der Biotechnologie:


DNAGenomik, Pharmakogenetik, Gensonden, DNA-Sequenzierung/-Synthese/-Amplifikation, Gentechnik, RNA.
Proteine und andere MoleküleSequenzierung, Synthese und Veränderung von Proteinen und Peptiden (einschließlich hochmolekularer Hormone); Identifikation von Zellrezeptoren; verbesserte Darreichungsformen für hochmolekulare Wirkstoffe (beispielsweise mit Glycol oder bestimmten Lipiden); Proteomik.
Zell- und Gewebekultur sowie Tissue-EngineeringZell- und Gewebekultur, Tissue-Engineering, Hybridisierung, Zellfusion, Vakzine und Immunstimulansen, Embryo-Kultivierung.
Methoden der BioverfahrenstechnikFermentationen in Bioreaktoren, Bioverfahren, biologisches Bleichen, biologische Zellstoffgewinnung, biologische Laugung, biologische Entschwefelung, biologische Umweltsanierung und biologische Filtration.
Subzelluläre OrganismenGentherapie, virale Vektoren.
BioinformatikErstellung von Datenbanken mit Genomen oder Proteinsequenzen; Modellierung komplexer biologischer Vorgänge.
NanobiotechnologieAnwendung von Werkzeugen und Verfahren der Nano- und Mikrosystemtechnik zur Herstellung von Hilfsmitteln für die Erforschung biologischer Systeme sowie Anwendungen in der Wirkstoffdarreichung und in der Diagnostik.

Neben der Frage, was unter Biotechnologie im Einzelnen zu verstehen ist, dienen der Biotechnologie-Firmenumfrage noch weitere Begriffe als Grundlage. Schließlich ist nicht jedes Unternehmen, das sich mit oben genannten Methoden beschäftigt, laut OECD-Definition automatisch ein Biotechnologie-Unternehmen.

Was ist gemäß OECD ein Biotechnologie-Unternehmen?

Die OECD unterscheidet innerhalb der Biotech-Branche zwei unterschiedliche Kategorien von Unternehmen: „dedizierte Biotechnologie-Unternehmen“ (1)auf der einen Seite und „innovativ biotechnologisch-aktive Unternehmen“ (2)auf der anderen Seite. Erstere werden laut der OECD-Definition wie folgt beschrieben:


(1) Ein dediziertes Biotechnologie-Unternehmen…


"... ist definiert als ein biotechnologisch aktives Unternehmen, dessen wesentliche(s) Unternehmensziel(e) die Anwendung biotechnologischer Verfahren zur Herstellung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen oder der Durchführung biotechnologischer Forschung und Entwicklung ist/sind."


Im Gegensatz zu dieser Art von dedizierten Biotech-Unternehmen liegt das wesentliche Unternehmensziel eines „innovativ biotechnologisch-aktiven Unternehmens“ nicht ausschließlich in der Anwendung biotechnologischer Verfahren. Die OECD beschreibt damit Unternehmen, bei denen die Biotechnologie nur einen Teil des Geschäfts- und Tätigkeitsfeldes ausmacht. Die Definition lautet wie folgt:


(2) Ein innovativ biotechnologisch-aktives Unternehmen …


"... ist definiert als ein biotechnologisch aktives Unternehmen, das biotechnologische Verfahren zum Zwecke der Eingliederung neuartiger oder wesentlich verbesserter Produkte oder Herstellungsprozesse anwendet (gemäß dem Oslo Manual der OECD von 1997 als Maß der Innovation). Dabei muss das wesentliche Unternehmensziel nicht ausschließlich in der Anwendung biotechnologischer Verfahren zur Herstellung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen oder der Durchführung biotechnologischer Forschung und Entwicklung bestehen (z. B. Pharma- und Chemie-unternehmen, Saatguthersteller u. ä.)."


Neben diesen wesentlichen Unternehmensdefinitionen hat die OECD für weitere relevante Begriffe verbindliche Beschreibungen festgelegt:

Biotechnologisches Produkt... ist definiert als Ware oder Dienstleistung, deren Entwicklung oder Herstellung die Anwendung eines oder mehrerer biotechnologischer Verfahren gemäß der einzelnen oder listenbasierten Definition für die Biotechnologie voraussetzt.
Biotechnologischer Prozess... ist definiert als Herstellungs- oder anderer Prozess (beispielsweise ein Umweltvorgang), bei dem ein oder mehrere biotechnologische Verfahren oder Produkte zur Anwendung kommen.
Biotechnologische Forschung und experimentelle Entwicklung (F&E)... ist definiert als F&E biotechnologischer Verfahren, biotechnologischer Produkte und Herstellungsprozesse unter Anwendung oben genannter biotechnologischer Methoden sowie in Übereinstimmung mit dem Frascati Manual der OECD von 2002 als Maß von F&E.
Beschäftigung in der Biotechnologie... sind definiert als solche Arbeitskräfte, die direkt oder indirekt an der Herstellung oder biotechnologischer Produkte beteiligt sind. 

Datenbasis der Biotechnologie-Umfrage

Für die Zwecke der Erhebung hat biotechnologie.de im Rahmen des Auftrages einen Fragebogen erarbeitet, der auf den zuvor erläuterten OECD-Definitionen beruht. Zwischen Januar und April 2007 wurden ingesamt 609 Unternehmen angeschrieben. 539 der befragten Unternehmen antworteten per ausgefülltem Fragebogen bzw. nach telefonischer Rückfrage. Die Rücklauf- bzw. Verifizierungsquote beträgt damit 89%.

Die Auswahl der für die Erhebung angeschriebenen Unternehmen erfolgte unter Berücksichtigung der OECD-Definition in Abgleich mit den bereits bestehenden Unternehmensdatenbanken der BIOCOM AG.

Entsprechend den OECD-Richtlinien wurde bei der Auswahl der Firmen darauf geachtet, alle Unternehmen zu erfassen, die sich in Deutschland mit Biotechnologie beschäftigen und hierzulande ansässig sind. Deshalb wurden auch solche Firmen berücksichtigt, die sich im Mehrheitsbesitz eines nicht-deutschen Mutterkonzerns befinden, aber in Deutschland einen Firmensitz haben. Bei der Erfassung der Arbeitsplätze, Geschäftszahlen und Geschäftsfelder wurde die Befragung nur für die deutschen Standorte eines Unternehmens durchgeführt. Hat ein Unternehmen mehr als einen Standort in Deutschland, wird es nur einmal mit entsprechend kumulierten Werten berücksichtigt.

Stichtag der Befragung war der 31.12.2006.

Alle in der Firmenumfrage berücksichtigten Biotech-Unternehmen sind in der Unternehmensdatenbank von biotechnologie.de einsehbar. Die Einträge sind in die zwei OECD-Kategorien für Unternehmen unterteilt. Die veröffentlichten Angaben beruhen auf den Ergebnissen der Umfrage.






Hintergrund

Die Biotechnologie-Firmenumfrage wurde von biotechnologie.de bereits zum zweiten Mal durchgeführt. Der Erhebungszeitraum lag zwischen Januar und April 2007. Von insgesamt 609 angeschriebenen Unternehmen nahmen 539 Unternehmen an der Umfrage teil. Die Rücklaufquote liegt damit bei 89%. Der Stichtag der für die Erhebung berücksichtigten Daten ist der 31.12.2006.

Als Biotechnologie-Unternehmen werden Firmen angesehen, deren Unternehmensziel wesentlich oder ausschließlich in der Biotechnologie liegt. Im Rahmen der hier vorgelegten Zahlen werden sie als "dedizierte Biotech-Unternehmen" bezeichnet. Es wurden auch solche Unternehmen berücksichtigt, die sich im Mehrheitsbesitz eines nicht-deutschen Mutterkonzerns befinden, aber in Deutschland einen Firmensitz mit F&E-Aktivitäten haben.

Diese Vorgehensweise orientiert sich an statistischen Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die im Jahr 2004 verabschiedet wurde.

Die kostenfreie Nutzung sämtlicher Inhalte ist unter Angabe der Quelle (biotechnologie.de) ausdrücklich gestattet.

Downloads

Biotechnologie-Firmenumfrage 2007

biotechnologie.de, Mai 2007 Download PDF (1,8 MB) PDF online ansehen

Biotechnologie Firmenumfrage 2006

biotechnologie.de, April 2006 Download PDF (736,1 KB)