Leuchtende Moleküle für universellen Einsatz als molekulare Marker

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Fluoreszierende Reporter-Proteine erleichtern den Alltag der Genetiker: Ein Blick unter die UV-Lampe bestätigt die erfolgreiche genetische Veränderung der Fliege. Quelle: FU-Berlin

30.03.2007  - 

Wer wichtige Passagen in einem Text markieren will, unterstreicht die entsprechenden Worte meist mit leuchtenden Textmarkern. Molekularbiologen gehen ähnlich vor: Wenn sie bestimmte Eiweiße in lebenden Zellen sichtbar machen wollen, heften die Wissenschaftler mithilfe molekularbiologischer Tricks sogenannte Reporter-Eiweiße an das zu untersuchende Molekül. Eines der am häufigsten genutzten Reporter ist das grün fluoreszierende Protein (GFP), das aufgrund seiner Beschaffenheit aber nur bei sauerstoffabhängigen Organismen benutzt werden kann. Viele wichtige Mikroorganismen wachsen jedoch nur unter Ausschluss von Sauerstoff, doch diese konnten bislang nicht mit leuchtenden Markern untersucht werden. Wie ein Düsseldorfer Forscherteam um Karl-Erich Jaeger von der Heinrich-Heine-Universität im Fachmagazin Nature Biotechnology (11. März 2007, Onlinevorabpublikation) berichtet, ist dieses Problem nun gelöst: Sie haben fluoreszierende Eiweiße entworfen, die sich universell als Reporter einsetzen lassen – egal ob Sauerstoff vorhanden ist oder nicht.

Um molekulare Prozesse in lebenden Organismen zu untersuchen, sind Wissenschaftler darauf angewiesen, diese auch beobachten zu können. Sie wollen bestimmte Eiweiße in Zellen nachweisen, ihre zahlreichen Interaktionen untereinander verfolgen oder den Erfolg von speziellen gentechnischen Veränderungen nachverfolgen und bedienen sich dabei spezieller Reporter-Eiweiße. Am häufigsten wird hierfür das grün fluoreszierende Protein benutzt, das im Fachjargon kurz GFP genannt wird. GFP stammt ursprünglich aus der Qualle Aequorea victoria und leuchtet bei Anregung mit blauen oder ultravioletten Licht in grüner Farbe, was mithilfe der gängigen Fluoreszenzmikroskopie einfach nachgewiesen werden kann. Der genetische Bauplan von GFP ist schon lange bekannt und relativ einfach zu handhaben, weshalb er sich gezielt ins Erbgut der zu untersuchenden Zellen einschleusen lässt. Wollen Wissenschaftler beispielsweise beobachten, ob ihnen eine genetische Veränderung geglückt ist, geschieht Folgendes: Neben den gewünschten zusätzlichen Genen wird auch der genetische Bauplan für GFP mit in die Zellen eingeschleust. Wenn die Zelle die grün leuchtenden Eiweiße herstellt, ist es ein indirekter Indiz dafür, dass auch der erfolgreiche Transfer der anderen Gene in die Zelle geklappt hat - weil eben auch GFP hergestellt wurde.

Interaktion von Eiweißen live beobachten

Darüber hinaus kann die genetische Bauanleitung für GFP auch direkt an ein anderes Gen angeschlossen werden, dass die Bauanleitung für bestimmte Eiweiße beinhaltet. Das Ergebnis wird dann als Fusionsprotein bezeichnet und auf diese Weise lässt sich die räumliche und zeitliche Verteilung von Eiweißen gezielt in lebenden Zellen, Geweben oder Organismen beobachten – beispielsweise der Weg eines Eiweißes vom Zellplasma in den Zellkern. Mittlerweile gibt es diverse modifizierte Varianten des GFP, die in blau, gelb oder rot leuchten und so können auch mehrere Eiweiße gleichzeitig mit verschiedenen Farben markiert und ihre Interaktionen untersucht werden.

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GFP-gekoppelt-an-ein-oberflächenproteinQuelle: MPI-biophysikalische-chemie

Hier konnte mit GFP die Lokalisation eines bestimmten
Proteins auf der Zellwand in lebenden Zellen nachgewiesen
werden.
Quelle: MPI für biophysikalische Chemie

Eine der größten Einschränkungen für die Nutzung von GFP als Marker ist jedoch, dass es nur in sauerstoffabhängigen, aeroben, Organismen eingesetzt werden kann: Nur wenn es unter Sauerstoffzufuhr hergestellt wird, ist GFP als Eiweiß auch funktionsfähig und leuchtet.  Viele heutzutage in der Biotechnologie eingesetzten Mikroorganismen sind allerdings anaerob. Das heißt, sie wachsen unter dem Ausschluss von Sauerstoff. Solche Mikroorganismen werden beispielsweise in Bioreaktoren für die industrielle Herstellung von Enzymen verwendet und für die Kontrolle einer erfolgreichen gentechnischen Veränderung kann hier bislang kein GFP eingesetzt werden.

Forscher aus Düsseldorf basteln ein neuartiges fluoreszierendes Protein
Düsseldorfer Wissenschaftler um Karl-Erich Jaeger von der Heinrich-Heine-Universität und um Wolfgang Gärtner vom Max-Planck-Institut für bioanorganische Chemie haben jetzt aus lichtempfindlichen Eiweißen von zwei unterschiedlichen Bakterienarten fluoreszierende Eiweiße entwickelt, die bei ihrer Herstellung nicht auf Sauerstoff angewiesen sind und dabei sowohl in anaeroben als auch in aeroben Organismen eingesetzt werden können. Die Forscher verwendeten dabei die Blaulicht-Rezeptoren der Bakterien Bacillus subtilis und Pseudomonas putida, die natürlicherweise eine sehr schwache Fluoreszenz aufweisen. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Nature Biotechnology (Online Vorabpublikation 11. März 2007) berichten, haben sie durch gezielte genetische Veränderung eines bestimmten Teils des Rezeptors, der Flavin-bindenden Region, den Proteinen zur verstärkten Fluoreszenz verholfen. Diese wiederum brauchen für ihre Funktionsfähigkeit keinen Sauerstoff und aus diesem Grund können die neuartigen leuchtenden Eiweiße als universelle Marker eingesetzt werden.

Neue Marker für medizinische und industrielle Forschung interessant

Diese neue Methode wird nicht nur der Forschung im Bereich der industriellen Biotechnologie zugute kommen, sondern auch in der Medizin einen erheblichen Fortschritt darstellen. Schließlich können sie dazu beitragen, die Untersuchung von Krebserkrankungen zu verbessern, bei denen sich die Krebszellen unter sauerstoffarmen Bedingungen schnell ausbreiten und dichte Tumore bilden. Ein Beobachtung solcher Tumore war bisher mit GFP nicht möglich. Darüber hinaus erlauben die neuen Markermoleküle der Düsseldorfer Forscher eine genauere Analyse des anaeroben Stoffwechsels, dessen Komponenten nun mit den fluoreszierenden Proteinen in lebenden Organismen sichtbar gemacht werden können.

Video

Video vom grünen fluoreszierenden Protein bei Youtube

Wollen Sie mehr über die Anwendung von GFP im Labor erfahren? Auf dem Videoportal YouTube sind mehrere kurze Film zu sehen, die leuchtende molekulare Marker in lebenden Organismen zeigen. Mehr


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