Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen nimmt zu
29.01.2007 -
Während sich das Bundeskabinett nach Ankündigungen von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer im Februar mit der seit langem geplanten Änderung des Gentechnik-Gesetzes befassen will, schreitet der weltweite kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen weiter voran. Dies geht zumindest aus den neuesten Zahlen des International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Application (ISAAA) hervor, wonach die gesamte Anbaufläche im Jahr 2006 auf nunmehr 102 Millionen Hektar gestiegen ist. Mit rund 50 Millionen Hektar sind die USA dabei weiterhin der unangefochtene Spitzenreiter. Ganz anders sieht das Bild in Europa aus: Verglichen mit dem Rest der Welt nimmt sich hier die Anbaufläche von insgesamt 170.000 Hektar bescheiden aus. Deutschlands Anteil daran liegt mit rund 950 Hektar im Promillebereich, hat sich im Vergleich zum Vorjahr allerdings verdreifacht.
Nach Angaben der ISAAA, die jedes Jahr den weltweiten Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen im kommerziellen Bereich aufgrund von eigenen Erhebungen sowie Schätzungen erfasst, konzentriert sich der Anbau vor allem auf Sojabohnen (58,6 Millionen ha), Mais (25,2 Millionen ha), Raps (4,8 Millionen ha) sowie Baumwolle (13,4 Millionen ha). In kleinerem Maßstab pflanzten US-Farmer auch gentechnisch veränderte Papaya, Zucchini und erstmals auch herbizidresistente Alfalfa an, eine Hülsenfrucht, die als Viehfutter verwendet wird. Wie bereits im Jahr 2005 ist der Iran im Jahr 2006 das einzige Land gewesen, in dem auch gentechnisch veränderter Reis angebaut wurde.
Tabelle 1: Weltweiter Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen
Land | Anbaufläche in Hektar (2005) | Anbaufläche in Hektar (2006) | Angebaute Pflanzen |
USA | 49,8 Millionen | 54,6 Millionen | Mais, Soja, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya |
Argentinien | 17,1 Millionen | 18,0 Millionen | Mais, Soja, Baumwolle |
Brasilien | 9,4 Millionen | 11,5 Millionen | Soja, Baumwolle |
Kanada | 5,8 Millionen | 6,1 Millionen | Mais, Soja, Raps |
China | 3,3 Millionen | 3,5 Millionen | Baumwolle |
Paraguay | 1,8 Millionen | 2,0 Millionen | Soja |
Indien | 1,3 Millionen | 3,8 Millionen | Baumwolle |
Südafrika | 0,5 Millionen | 1,4 Millionen | Mais, Soja, Baumwolle |
Uruguay | 0,3 Millionen | 0,4 Millionen | Mais, Soja |
Australien | 0,3 Millionen | 0,2 Millionen | Baumwolle |
Philippinen | 0,1 Millionen | 0,2 Millionen | Mais |
Honduras | 0,05 Millionen | 0,05 Millionen | Mais |
Kolumbien | 0,05 Millionen | 0,05 Millionen | Baumwolle |
Rumänien | 100.000 | 125.000 | Soja |
Spanien | 53.000 | 60.000 | Mais |
Iran | 4.000 | k.A. | Reis |
Portugal | 750 | 1.250 | Mais |
Frankreich | 500 | 5.000 | Mais |
Deutschland | 342 | 947 | Mais |
Tschechische Republik | 150 | 1.290 | Mais |
Quelle: ISAAA, BVL (für Deutschland); Stand: Januar 2007
Was die weltweite Verbreitung angeht, so zeigt der ISAAA-Report, dass lediglich sechs Länder rund 95% der weltweiten Anbaufläche bestreiten. Die USA nimmt demnach mit 54,6 Millionen Hektar die Spitzenposition ein, gefolgt von Argentinien (18 Millionen ha), Brasilien (11,5 Millionen ha), Kanada (6,1 Millionen ha), Indien (3,8 Millionen ha) und China (3,5 Millionen ha). Im Vergleich dazu ist die Anbaufläche von gentechnisch veränderten Pflanzen in Europa mit ingesamt 170.000 Hektar auf vergleichweise niedrigem Niveau und gegenüber 2005 (155.000 ha) nur leicht gestiegen. Das anbaustärkste Land blieb nach wie vor Rumänien mit geschätzten 125.000 Hektar. Diese Zahlen liegen allerdings weit über den von der Regierung angegebenen 88.000 Hektar. Zudem gilt hier ab 2007 ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen. Des Weiteren verzeichnet der Report in fünf weiteren EU-Ländern einen Anstieg im gv-Anbau: Spanien, Tschechische Republik, Portugal, Deutschland und Frankreich.
Wie in den anderen europäischen Ländern auch, konzentriert sich der Anbau in Deutschland auf Maispflanzen, die ein zusätzliches Gen aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (bt) enthalten. Dadurch sind sie in der Lage, einen Eiweißstoff zu produzieren, der spezifisch die Larven des Schädlings Maiszünsler bekämpft. Im Dezember 2005 hat das deutsche Bundessortenamt erstmals drei Sorten dieses sogenannten Bt-Maises für den Anbau in Deutschland zugelassen. Vorher wurde er außerhalb von wissenschaftlichen Freisetzungsversuchen lediglich im Rahmen eines Praxis- oder Erprobungsanbaus oder bei Sortenversuchen angebaut. Aus diesem Grund hat sich die Anbaufläche für Deutschland im Jahr 2006 nach Angaben des Standortregisters des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) etwa verdreifacht: von etwa 340 Hektar im Jahr 2005 auf rund 950 Hektar mit insgesamt 106 Standorten.
Tabelle 2: Anbau von gentechnisch verändertem Mais (Mon 810) in Deutschland im Jahr 2006
Bundesland | Anzahl der Standorte | Größe der Fläche |
Brandenburg | 31 | 443 ha |
Mecklenburg-Vorpommern | 14 | 238 ha |
Sachsen | 14 | 230 ha |
Bayern | 15 | 5,4 ha |
Sachsen-Anhalt | 8 | 18 ha |
Baden-Württemberg | 7 | 4,6 ha |
Nordrhein-Westfalen | 6 | 0,5 ha |
Niedersachsen | 4 | 6,9 ha |
Schleswig-Holstein | 2 | 210m2 |
Hessen | 3 | 133m2 |
Rheinland-Pfalz | 1 | 1650m2 |
Thüringen | 1 | 1400m2 |
Gesamt | 106 | 946,7 ha |
Quelle: Standortregister des BVL (Stand: Dezember 2006)
Die größte Fläche weist im Bundesländervergleich dabei Brandenburg auf. Hier verzeichnet das Standortregister des BVL an 31 Standorten rund 440 Hektar mit gentechnisch veränderten Maispflanzen. An zweiter Stelle folgt Mecklenburg-Vorpommern, dann Sachsen und Sachsen-Anhalt. Im wissenschaftlichen Bereich hat sich Zahl der Freisetzungsversuche von 51 auf 53 kaum verändert und wie im Vorjahr konzentrierten sich die meisten auf gentechnisch veränderte Kartoffeln. Die Anbaufläche zu Forschungszwecken belief sich auf rund 90 Hektar. Einzige Neuerung des Jahres 2006 waren erste Versuche mit gentechnisch veränderten Weizen und Gerste.
Wie Landwirtschaftsminister Horst Seehofer auf der Grünen Woche in Berlin mitteilte, soll sich das Bundeskabinett noch im Februar mit der seit langem geplanten Änderung des Gentechnik-Gesetzes befassen. Hierin sollen die bisher strikten Haftungsregeln im Falle von Verunreinigungen gelockert werden. Dies soll jedoch nach Aussage des Ministers ein Ausnahmefall bleiben. In der Diskussion ist unter anderem der Mindestabstand zwischen konventionellem Anbau und gentechnisch veränderten Pflanzen. Seehofer deutete an, dass dieser im Maisanbau bei 150 Metern liegen soll. Dies stößt im Koalitionspartner SPD offenbar auf wenig Zustimmung. So sprach sich der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, in der Berliner Zeitung für mindestens 300 Metern aus, die zwischen konventionell bewirtschafteten Feldern und solchen mit gv-Pflanzen liegen sollen.