Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft: Was bringt's?

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Wo genau das Potential digitaler Technologie für die Biotech-Branche liegt, darüber soll auf der neunten Berlin Conference am 12. Februar diskutiert werden. Quelle: Blickpixel / Pixabay (CC0)

14.12.2015  - 

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine neue Kooperation zwischen Life Science- und IT-Firmen vermeldet wird. Doch was bringen IT- oder webgestützte Technologien tatsächlich für Biotech- und Pharmafirmen? Diese Frage steht im Mittelpunkt der neunten Berlin Conference „Digital Health Solutions“, die von der BIOCOM AG am 12. Februar 2015 in der französischen Botschaft veranstaltet wird. Bis zu 150 Experten aus ganz Europa werden erwartet.

Ob Forschung oder klinische Studien, ob Produktion oder Vermarktung – immer häufiger holen sich Biotech- und Pharmafirmen IT-Spezialisten an ihre Seite, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Viele Großkonzerne der IT- und Elektronikbranche – ob sie Microsoft, Google oder SAP heißen – bieten maßgeschneiderte Dienstleistungen für die Gesundheitswirtschaft an.

Berlin Conference: Digital Health Solutions
Alle Infos zur Veranstaltung sowie Programmübersicht: hier klicken

Google nimmt Diabetes ins Visier
Erst im August dieses Jahres  ist zum Beispiel die französische Pharmafirma Sanofi eine strategische Kooperation mit dem US-Internetriesen Google eingegangen. (Mehr Infos zur Kooperation: hier klicken) Die IT- und Webspezialisten wollen mit Sanofi daran arbeiten, bessere Möglichkeiten für Patienten und Ärzte zu entwickeln, die für die Behandlung der Krankheit bestimmenden Informationsquellen zu sammeln, zu analysieren und zu verstehen.  Diabetes ist steht dabei ganz oben auf der Agenda. Inzwischen hat Google eigens Google Life Sciences gegründet, das seit dieser Woche den neuen Namen Verily trägt. Als Global Leader Integrated Care, Diabetes & Cardiovascular bei Sanofi wird François Nicolas in Berlin berichten, welche Chancen sich für Pharmafirmen durch digitale Technologien im Patientenmonitoring bei klinischen Studien oder zur Therapiebegleitung ergeben.

Chiphersteller Qualcomm als neuer Partner für die Life Sciences
Der Schweizer Pharmakonzern Novartis wiederum hat Anfang 2015 für Aufsehen gesorgt, als eine enge Kooperation mit dem Chiphersteller Qualcomm verkündet wurde.  (Mehr Infos zur Kooperation: hier klicken) Gemeinsam soll in vielversprechende Startups investiert werden, darüber hinaus nutzt Novartis eine Qualcomm-Plattform zur Analyse von Daten aus klinischen Studien. Welche Potentiale sich aus Sicht von Qualcomm für Biotech- und Pharmafirmen ergeben, darüber wird Thomas Olesen von Qualcomm Life, Europe in Berlin sprechen.

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Leichterer Zugang zu klinischen Studien für Patienten
Ebenfalls zu Gast bei der Berlin Conference ist auch Roland Brus, der als Gründer der niederländischen Biotech-Firmen Crucell und Galapagos auf eine lange Erfahrung in der Biotech-Branche zurückblicken kann. Als Geschäftsführer von myTomorrows hat sich Brus nun ebenfalls dem Thema Digital Health verschrieben. In den vergangenen drei Jahren hat er eine webbasierte Plattform aufgebaut, die Patienten und Ärzten einen Überblick darüber verschafft, welche Therapiekandidaten sich derzeit in klinischen Studien der Phase II oder III befinden. „Aufbauend auf den größten internationalen Datenbanken zu klinischen Studien filtern wir die wichtigsten Informationen und machen sie für alle leicht zugänglich“, so Brus.

Umgang mit Compassionate Use verbessern
Vor zehn Jahren sei so ein Service technisch nicht möglich gewesen, betont der Biotech-Experte. Brus geht es vor allem darum, die Kommunikation zwischen Biotech-Firmen, Ärzten und Patienten zu erleichtern und adressiert zugleich ein wichtiges Thema: Compassionate Use. Denn noch bevor neue Therapien für den offiziellen Einsatz am Patienten zugelassen sind, dürfen sie bereits von Ärzten unter strenger Kontrolle genutzt werden.  „Wir haben die ersten Jahre damit verbracht, zu verstehen, welche Regeln in welchem Land gelten“, berichtet Brus gegenüber biotechnologie.de. Über seine Plattform können Biotech- und Pharmafirmen Early-Access-Programme für ihre Produktkandidaten in klinischen Studien vereinbaren. Ärzte wiederum erhalten alle nötigen wissenschaftlichen Daten, die zu den derzeit laufenden Studien vorliegen. „Patienten sind heute informierter denn je“, sagt Brus. „Sie gehen zu klinischen Kongressen, twittern die neuesten Ergebnisse aus Studien und manchmal erhalten die Firmen am Tag darauf tausende Anfragen von Patienten.“ Brus will den Firmen dabei helfen, damit professionell umzugehen und auf diese Weise auch Einnahmen zu erzielen, die die Firmen für die weitere klinische Entwicklung ihrer Therapien nutzen können. „Compassionate Use ist ein komplexes Thema. Richtig gemanagt, ist es sowohl für die Firmen als auch für die Patienten eine Win-win-Situation.“  Motiviert wurde die Firmengründung durch die Krebserkrankung seines eigenen Vaters. „Weil ich aus der Branche war, wusste ich über aktuelle Studien Bescheid. Mit der Plattform will ich dieses Wissen nun allen Patienten und Ärzten zur Verfügung stellen.“

Die Investmentgesellschaft von Dietmar Hopp hat weitere Millionen in die Tübinger Molecular Health investiert.Lightbox-Link
Die Investmentgesellschaft von Dietmar Hopp hat weitere Millionen in die Tübinger Molecular Health investiert.Quelle: Artida - fotolia

Mit Big Data Nebenwirkungsprofil neuer Therapien bestimmen
Wie neueste IT-Technik dazu beitragen kann, die klinische Forschung und Entwicklung  zu verbessern, darüber wollen sich die Experten in Berlin ebenfalls austauschen. Denn inzwischen gibt es eine Reihe von Unternehmen, die mit neuartigen Big-Data-Lösungen in den Markt streben. Zu ihnen gehört auch der Bio-IT-Spezialist Molecular Health, die erst kürzlich eine neue Finanzierungsrunde vermelden konnten (mehr...) und deren Firmengründer Friedrich von Bohlen auf der Konferenz zu Gast sein wird.  Die Firma hat unter anderem die Software Safety Map entwickelt, mit der sich – aufbauend auf dem Wissen verschiedenster Datenquellen wie Literatur oder bisheriger klinischer Studien – Nebenwirkungen von neuen Medikamentenkandidaten bestimmen lassen. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat sich bereits die Lizenz der Software gesichert und inzwischen ist man dabei, auch erste Verträge mit der Pharmaindustrie zu schließen. Für Ärzte hält die Heidelberger Firma wiederum eine Technologie parat, die ihm die individuell beste Krebstherapie für Patienten vorschlägt.

Von der Bio-IT-Forschung zum Produkt
Einblicke in die Bio-IT-Forschung am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam sowie am französischen Institut national de recherche en informatique et en automatique (INRIA) wird es auf der Konferenz ebenso geben. So arbeiten die Forscher um Matthieu Schapranow am HPI sehr eng mit Firmen aus der Pharma- und Biotechindustrie zusammen, um die Auswertung großer Datenmengen in der medizinischen Forschung zu vereinfachen. Dies gilt zum Beispiel für die Krebsmedizin: Schapranow hat unter anderem an der Entwicklung von Tools wie dem HANA-Oncolyzer der IT-Firma SAP mitgearbeitet. Auch am französischen INRIA steht die anwendungsorientierte Forschung im Vordergrund. Das Zentrum gehört zu den Topadressen der französischen IT-Szene. Welche Technologien mit Relevanz für die Life Sciences bereits entwickelt wurden, darüber wird der Technologietransfer-Experte Philippe Gesnouin vom INRIA berichten.

Rolle von Patent- und Datenschutz bei E-Health-Awendungen

Welche Aspekte rund um Patentschutz, Datenschutz und gesetzliche Vorgaben zu beachten sind, wird ebenfalls in einer Session auf der Veranstaltung beleuchtet. IP-Experten aus Deutschland, Frankreich und den USA werden hierzu Fallbeispiele vorstellen und Licht ins Dunkle der unterschiedlichen  Rahmenbedingungen bringen. Zu den Sprechern in dieser Session gehört unter anderem Jürgen Meier von Vossius & Partner sowie Jean-Baptiste Mozziconacci, Strategiedirektor am französischen Patentrechtsinstitut INPI (Institut national de la propriété  industrielle). Zum Abschluss der Konferenz stehen wiederum neue Geschäftsideen mit Fokus auf Digital Health im Vordergrund. Insgesamt fünf Startups aus Europa werden sich vor einer Jury aus Finanz- und IT-Experten präsentieren.

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© biotechnologie.de/sw

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