BIO-Europe 2014: Geburtstagsfest in Hessen
05.11.2014 -
Mit 3.200 Teilnehmern aus 54 Ländern und 18.000 Partnerings hat die diesjährige BIO-Europe ihre Bedeutung für die Branche erneut unterstrichen. Vom 3 bis 5. November wurde in Frankfurt zudem der 20. Geburtstag der wichtigsten europäischen Biotech-Konferenz gefeiert.
Die drei Tage im Herbst sind inzwischen ein fester Termin der meisten Biotech-Chefs in Europa: In diesem Jahr hatte die Hessen Trade & Invest GmbH die BIO-Europe ins neue Messegelände von Frankfurt am Main geholt. Die Hessen freuten sich über eine im Vergleich zum Vorjahr in Wien (mehr...) gestiegene Zahl der One-to-One-Meetings und die hohe Beteiligung internationaler Besucher. Während draußen riesige Baugruben vom Aufbau eines ganz neuen Messeviertels zeugten, wurde drinnen emsig an neuen Partnerschaften und Finanzierungen gewerkelt – in Zeiten von auslaufenden Patenten auf der Pharmaseite und hoffungsvollen Technologien in der Biotech-Branche gewinnen Konferenzen wie diese immer mehr an Bedeutung.
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Vor zwanzig Jahren: Partnering im Labor
Dass dies vor zwanzig Jahren noch gänzlich anders aussah, berichtete Anna Chrisman vom Veranstalter EBD Group in ihrer Eröffnungsrede: Bei der ersten BIO-Europe in Hannover vor genau zwanzig Jahren gab es lediglich 96 Besucher und 60 Meetings, gepartnert wurde über ein Whiteboard, getroffen wurde sich in leeren Laborräumen. „Das soziale Event damals war ein Besuch im lokalen Casino“, erzählte Chrisman.
Heute bringt es die Veranstaltung auf mehr als 3.000 Besucher, darunter alle wichtigen Pharmafirmen. Die in Darmstadt ansässige Merck Serono war mit ihrer bisher größten Mannschaft auf einer BIO-Europe vertreten. Der Leverkusener Pharmakonzern Bayer nutzte die BIO-Europe wiederum, um eine millionenschwere Kooperation mit dem Wagniskapitalfinanzierer Versant Ventures anzukündigen. Insgesamt 25 Millionen Dollar fließen in den fünften Fonds der US-Amerikaner, die seit 2008 auch einen Sitz in der Schweiz haben. Insgesamt 250 Millionen Dollar Volumen werden für den Fonds insgesamt angepeilt. „Wir sind einer der wenigen Investoren, die auf beiden Seiten des Atlantiks agieren“, sagte Tom Woiwode bei der Vorstellung der Partnerschaft in Frankfurt. Aus seiner Sicht ist die europäische Biotech-Branche derzeit nicht schlecht aufgestellt, gerade im privat finanzierten Bereich. „In Bezug auf Übernahmen und Deals sehe ich keinen Unterschied zu den USA“, so Woiwode.
Pharmafirmen unter Druck
Damit wächst das Selbstbewusstsein der Biotech-Firmen. „Weil es Exit-Alternativen gibt, können wir wieder größere Deals beobachten“, berichtet Jack Nielsen vom dänischen Investor Novo Ventures. Pharmafirmen indes stehen zunehmend unter Druck – ihre Blockbuster-Patenten laufen vielfach aus, große US-amerikanische Biotech-Firmen sichern sich weitere Marktanteile im lukrativen Markt der Biotech-Präparate. Gab es in früheren Jahren eine gewisse Arroganz von Seiten der Pharmaindustrie, so hat sich dieses Verhalten inzwischen komplett gewandelt. „Wir setzen auf gegenseitiges Vertrauen und Verhandlungen auf Augenhöhe“, betonte Andreas Busch, Leiter Global Drug Discovery bei Bayer, in der Plenardiskussion. Die Leverkusener interessieren sich insbesondere für frühe Kooperationen mit Start-ups und hoben die Bedeutung der Vernetzung von Biotechnologie und Medizintechnik, etwa in Bezug auf den Einsatz von Apps hervor. Erst vor wenigen Monaten wurde ein Inkubator in Berlin eröffnet, der sich diesen Themen besonders widmen soll (mehr...).
Strittig unter Experten: Wird die europäische Biotech-Branche aufholen?
Neben den Partnerings wurde die Veranstaltung aber auch für reichlich Diskussionen und Erfahrungsaustausch genutzt. Matthias Kromayer von MIG-Fonds sorgte sich um die Risikoscheuheit der Europäer – insbesondere der Deutschen. Manch einer forderte gar einen pan-europäischen Technologieindex für börsennotierte Biotech-Firmen in Europa, um die kritische Masse zu erhöhen. Beklagt wurden fehlende Analysten durch den Rückzug der Banken aus der Biotech-Finanzierung und die geringe Zahl spezialisierter Investoren. Ob sich das jemals ändern würde, darüber herrschte keine Einigkeit. Erfolgsgeschichten werden gebraucht – und womöglich kann einer der BIO-Europe-Besucher genau diese sein. Angesichts der jüngsten Börsengänge in Amsterdam und Zürich sowie gepaart mit den jüngsten Ankündigungen neu aufgelegter Wagniskapitalfonds gaben sich die meisten Besucher der BIO-Europe verhalten optimistisch, was die Zukunft betrifft.
Geburtstagsparty mit Champagner
Anlässlich des 20jährigen Jubliäums ließen es sich die Veranstalter nicht nehmen, in Frankfurt für zusätzliche Partystimmung zu sorgen. Am Abend des ersten Tages gab es Champagner und Schokotorte für alle – im Anschluss ging es mit einer festlichen Dinner Reception in der Frankfurter Jahrhunderthalle weiter. Am Ende des dritten Tages wiederum wurden Brezeln und Bier an blau-weißkarierten Tischen gereicht – der bayerische Biotech-Cluster BioM wird vom 2. bis 4. November 2015 nächster Gastgeber der BIO-Europe sein.