Chemische Peilung: Mit Nanokapseln auf Tumorjagd

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Das Immunofluoreszenzbild zeigt Nanopartikel, die an Endothelzellen gebunden sind. Die roten Partikel werden orange, wenn sie an den grün markierten Caveolae andocken. Quelle: Julia Voigt / Prasad Shastri

13.02.2014  - 

Krebs ist eine tückische Krankheit: bösartigen Zellen breiten sich ungehindert im Körper aus und trotzen der körpereigenen Abwehr. Um sich entwickeln zu können, ist der Tumor dabei auf eine ständige Nährstoffzufuhr angewiesen. Nun haben Freiburger Forscher einen neuen Weg gefunden, mit Wirkstoff gefüllte Nanokaspeln gezielt an solche Blutgefäßzellen zu schicken und so die gierigen Krebszellen verhungern zulassen. Über ihre Erkenntnisse berichten sie im Fachjournal PNAS (2014, Online-Vorabveröffentlichung).

Um die nur wenige hundert Nanometer große Wirkstoffpille an die Blutgefäßzelle zu schicken, haben die Forscher geladene Polymere mit der passenden Fettlöslichkeit verwendet. Die winzige Kapsel erkennt damit den Zelltyp allein anhand ihrer biophysikalischen Eigenschaften. „Das Besondere an unserer Entdeckung ist, dass zum ersten Mal eine Zelle angepeilt wird, ohne auf das biomolekulare Liganden-Rezeptor-Prinzip zurückzugreifen”, sagt Prasad Shastri, Direktor des Instituts für Makromolekulare Chemie und Mitglied das Exzellenzclusters BIOSS an der Universität Freiburg.

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Chemische Kontaktadresse

In der Krebstherapie werden bereits Nanopartikel verwendet, um Medikamente an Tumorzellen zu liefern. Über das Blut erreichen die winzigen Kapseln die Krebszellen. Um ihre Wirkung zu entfalten, müssen die Pillen allerdings gezielt zu den Zellen gelangen und von ihnen absorbiert werden. Bisher haben Forscher Biomoleküle auf der Oberfläche der Nanopartikel platziert, welche dann an Proteine auf der Zielzelle andocken. Die Rezeptoren wirken hier wie eine „biologische Postleitzahl“. Tumore, die sich im Körper ausbreiten, verändern auf der Oberfläche der Zellen jedoch die Zusammensetzung der Rezeptoren – und damit ihren Adress-Code. Um die Medikamenten-Kapseln trotzdem präzise verschicken zu können, fertigten die Freiburger Forscher nun Partikel an, welche die Zellen in der Innenwand der Blutgefäße, sogenannte Endothelzellen, biophysikalisch anpeilen. Den Wissenschaftlern geht es vor allem um die in den Endothelzellen ablaufenden Transportprozesse. Auf diesen Zellen sind besonders viele sogenannte Caveolae zu finden, spezielle Fettstrukturen auf der Zellmembran. Sie sind einige der vielen Tore ins Innere der Zellen.

Nanopille lässt Tumor verhungern

Shastri und sein Team entdeckten, dass Nanopillen, die mit Lipiden und negativ geladenen Polymeren ausgestattet sind, bevorzugt durch diese Tore hindurchschlüpfen. Noch ist unklar, wie die geladenen Polymere den Partikeln den Zutritt ermöglichen. Shastri ist aber „zuversichtlich, dass dank dieser Methode und mit weiterer Forschung ein völlig neuer Ansatz der Anlieferung von Wirkstoffen entstehen kann“. „In dem wir die Endothelzellen angreifen, aus denen diese Blutgefäße bestehen, hungern wir den Tumor aus und erledigen ihn in einem Aufwasch“, sagt der Co-Autor der Studie Jon Christensen, der an Metastasen forscht.

© biotechnologie.de/bb

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