Lungenkrebs: Genprofil ermöglicht personalisierte Therapie

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Unter anderem werden Krebszellen anhand ihrer Form, ihrer Zellkerngröße und der Anzahl ihrer Zellkörperchen in unterschiedliche Subtypen unterteilt. Quelle: vitanovski/fotolia.com

01.11.2013  - 

In einer Studie mit 5000 Lungenkrebspatienten ist es Kölner Genomforschern gelungen, Genveränderungen zu identifizieren, die eine genauere Klassifizierung der Krebstypen zulassen. Das wichtigste Ergebnis: Die Genomanalysen der Tumore zeichnen ein schärferes Profil des jeweiligen Subtypen. Auf dieser Grundlage haben die Forscher maßgeschneiderte Therapien entwickelt, welche die Lebenserwartung der Patienten deutlich steigern konnten. Ihre von Bund und Land geförderte Studie haben die Wissenschaftler im Fachmagazins Science Translational Medicine (2013, Bd. 5, S209ra153) veröffentlicht und kürzlich auf dem weltgrößten Lungenkrebskongress in Sydney präsentiert.

Über einen Zeitraum von drei Jahren analysierten die Kölner Forscher die Genome von 5000 Lungenkrebspatienten aus Nordrhein-Westfalen und fanden zahlreiche Gen-Varianten, die neue Angriffspunkte für Therapien darstellen. Den Algorithmus für die bioinformatische Filterung des so entstandenen Daten-Katalogs lieferten sie gleich mit. Anhand dieser Informationen lassen sich Patienten genau charakterisierten Untergruppen zuteilen, deren Behandlung je nach genetischem Profil personalisiert angepasst werden kann. Diese Art der Genom-basierten Diagnostik empfehlen die Kölner Wissenschaftler nun grundlegend für die Diagnosesicherung. „Viele Patienten haben unmittelbar von den neuen Erkenntnissen und personalisierten Therapieempfehlungen profitiert“, betont Roman Thomas, Leiter der Abteilung Translationale Genomik an der Universität zu Köln.

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Neuordnung einer alten Systematik

Die Unterscheidung der Lungenkrebs-Typen wird bislang anhand histologischer Untersuchungen des Lungengewebes vorgenommen. Der sogenannte „großzellige Lungenkrebs“ galt bis dato als eine Variante des sogenannten „nichtkleinzelligen Lungenkrebses“. Durch die Gentypisierung stellten die Lungenforscher jedoch fest, dass dieser Krebstyp zumeist anderen bestehenden Untergruppen spezifischer zugeordnet werden kann. „Diese Erkenntnis könnte die Diagnose ,großzelliger Lungenkrebs’ auf Dauer überflüssig machen und damit die Klassifizierungssystematik der Erkrankung verändern“, sagt Reinhard Büttner, Direktor des Instituts für Pathologie der Uniklinik Köln.

Personalisierte Therapie verlängert Leben

Auf Grundlage dieser präziseren Unterscheidung der Krebstypen setzten die Forscher personalisierte Behandlung für genetisch definierte Untergruppen von Patienten ein. Im Mittel lebten diese Patienten bis zu zwei Jahre länger als jene, die einer klassischen Chemotherapie unterzogen wurden, betont Jürgen Wolf, Ärztlicher Leiter des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) an der Uniklinik Köln. Bei den genetischen Veränderungen handelte es sich um die EGFR-Mutation und die ALK-Translokation. Mit einem dem genetischen Profil des Tumors angepassten Therapieverfahren gelang es den Ärzten, das Leben der Patienten mit der ALK-Translokation durchschnittlich um 15 Monate zu verlängern. Im Falle der EGFR-Mutation waren es sogar 24 Monate im Vergleich zu den bereits zugelassenen Behandlungen mit Tyrosinkinase-Inhibitoren. Die Forscher empfehlen nun, die Genom-basierte Diagnostik für die Diagnosesicherung einzusetzen. „Da wir auch bei anderen Tumor-Erkrankungen ähnliche Erkenntnisse gewonnen haben, werden wir die genetischen Untersuchungen schon bald auf alle Krebspatienten ausweiten“, so Wolf.In Folge 105 der Kreidezeit geht es um die verschiedenen Arten der Mutationen, erklärt von Jan Wolkenhauer.Quelle: biotechnologie.tv

Neue Hoffnung für Betroffene

Insgesamt fanden die Forscher bei 55% der Patienten mindestens eine onkogenetische Veränderung, die für personalisierte therapeutische Behandlungen in Frage käme. Manche davon seien bereits in der klinischen Entwicklung, heißt es in der Veröffentlichung.  „Das bedeutet, dass schon heute für die Hälfte der Lungenkrebspatienten Hoffnung auf neue Therapieangebote besteht“, betont Wolf.

Um an Probenmaterial von 5000 Patienten heranzukommen, kooperierten die Uniklinik und die Universität Köln mit niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern in NRW. Die Studie entstand von 2010 bis 2013 im Rahmen zweier Projekte: Das „Netzwerk Genomische Medizin (NGM)“ und das „Clinical Lung Cancer Genome Project (CLCGP)“ werden durch die BMBF-Förderinitiative NGFN-Plus und das PerMed.NRW-Programm gefördert.

© biotechnologie.de/bs

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