Masernvirus jagt Tumorstammzellen
09.01.2013 -
Erstmals ist es gelungen, Krebsstammzellen mit Hilfe von Viren gezielt auszuschalten. Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen konnten mit umprogrammierten Masernviren Tumore bei verschiedenen Tiermodellen teils vollständig zurückdrängen. Über ihre Forschungsergebnisse berichten die Molekularmediziner im Fachjournal Cancer Research (2012, Online-Vorabveröffentlichung).
Tumore sind Zellwucherungen, die oft aus einem Mix verschiedener Zellen bestehen. Diese entarteten Zellen können unterschiedlich gut bekämpft werden. Krebsstammzellen gelten hier als besonders widerspenstig: Sie sind durch Chemo- und Strahlentherapie schlecht zu bekämpfen und gelten Verursacher von Metastasen. Aus diesem Grund sucht die Wissenschaft nach einem wirkungsvollen Rezept, den Krebsstammzellen den Garaus zu machen.
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Mit dem Masernvirus gegen Tumorstammzellen
Ein Forscherteam unter Leitung von Christian Buchholz, Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Biotechnologie und Gentherapie des Paul-Ehrlich-Instituts, konnte nun einen Durchbruch im Kampf gegen Tumorstammzellen verkünden. Mit Hilfe bestimmter Masernviren konnten die Molekularmediziner unterschiedlichste Tumore im Wachstum einschränken und teilweise sogar komplett verdrängen. Dazu modifizierten sie ein Masernvirus, welches normalerweise für Impfungen genutzt wird. Dieses infiziert nun nur noch spezielle Zellen, die ein spezielles Protein namens CD133 auf ihrer Zelloberfläche tragen – ein charakteristisches Merkmal von Krebsstammzellen. In einem ersten Versuch konnten die Forscher nachweisen, dass der veränderte Invasor in einem Zellgemisch nur Zellen mit CD113-Markern infiziert.
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Tumor teilweise vollständig zurückgebildet
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) testeten sie anschließend die Wirksamkeit der Viren gegen Karzinome in Mäusen. In allen untersuchten Tumoren, darunter etwa Leber- oder Darmkrebs, führte das Virus zu einem deutlichen Rückgang des Tumorwachstums oder zu einer vollständigen Unterdrückung der Wucherung. „Im Fall des Leberkrebses führte es sogar zu einer vollständigen Rückbildung des Tumors“, erläutert Buchholz. Auch die Wirksamkeit eines anderen Masernvirus, das weniger spezifisch wirkt und bereits in klinischen Studien erforscht wird, wurde übertroffen: „ Wir waren überrascht, dass das CD133-spezifische Virus eine mindestens ebenso gute Wirksamkeit gegen Tumore aufwies wie das Standardvirus“, so Buchholz.
Tumore verlieren Immunität
Auch andere Zellen des Körpers tragen das CD133-Protein auf ihrer Oberfläche. So könnten etwa hämatopoetische Stammzellen, die für die Blutbildung sorgen, ebenfalls von den Tumorjägern überfallen werden. In Versuchen stellte sich aber heraus, dass diese verschont werden; Sie haben eine angeborene Immunität gegen die Masernviren entwickelt. Tumorzellen verlieren diese Eigenschaft häufig, so dass das Virus einzig dem Wachstum der Krebsstammzellen entgegenwirken kann. Ein weiterer Vorteil: Da sich das Masernvirus nach dem Krebszellbefall weiter vervielfältigt, verstärkt sich der Effekt der Therapie noch zusätzlich.
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