Biomediziner räumen fünf Leibniz-Preise ab

Die Leibniz-Preisträger im Bereich Biowissenschaften 2013. Von links oben: Ivan Dikic, Frank Glorius, Peter Hegemann, Erika von Mutius, Vasilis Ntziachristos <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Leibniz-Preisträger im Bereich Biowissenschaften 2013. Von links oben: Ivan Dikic, Frank Glorius, Peter Hegemann, Erika von Mutius, Vasilis Ntziachristos Quelle: privat, Montage: biotechnologie.de

06.12.2012  - 

Jährlich im Spätherbst sorgt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für Spannung unter Deutschlands Spitzenforschern. Der Grund: Die Preisträger des hochrangigsten Forschungspreises, den die deutsche Wissenschaft zu vergeben hat, werden bekannt gegeben. Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis geht 2013 an elf Wissenschaftler, vier davon kommen aus den Lebenswissenschaften, je drei aus den Naturwissenschaften und den Geistes- und Sozialwissenschaften. Eine Preisträgerin ist Ingenieurin. Aus 135 Vorschlägen hat der Hauptausschuss der DFG zwei Wissenschaftlerinnen und neun Wissenschaftler für die hochdotierte Auszeichnung ausgewählt. Wie 2012 forschen auch 2013 fünf Ausgezeichnete im Bereich Biomedizin: der Zellbiologe Ivan Dikic, der Chemiker Frank Glorius, der Biophysiker Peter Hegemann, die Epidemiologin Erika von Mutius und der Biomediziner Vasilis Ntziachristos. Die Leibniz-Preise werden am 19. März 2013 in Berlin verliehen.

Was haben Erika von Mutius, Ivan Dikic, Peter Hegemann und Vasilis Ntziachristos gemeinsam? Über diese vier neuen Leibniz-Preisträger 2013 hat biotechnologie.de in den vergangenen Jahren bereits berichtet. Genau wie der organische Chemiker Frank Glorius gelten sie als führende Köpfe in ihren jeweiligen Fachgebieten, die von der optischen Bildgebung über die Kinderheilkunde bis hin zur Katalyseforschung reichen. Jetzt honoriert auch die DFG die wissenschaftlichen Verdienste der Forscher: Die Ausgezeichneten erhalten je ein Preisgeld von 2,5 Millionen Euro. In dieser Größenordnung gibt es keine vergleichbaren Auszeichnungen in der Grundlagenforschung in Deutschland. Seit 1986 hat die DFG bereits 335 Top-Wissenschaftler mit dem Preis ausgezeichnet, darunter auch 38 Frauen. Sechs Leibniz-Preisträger erhielten später einen Nobelpreis. Anlässlich der Bekanntgabe der Ausgezeichneten strich DFG-Präsident Matthias Kleiner die hohe Qualität der in diesem Jahr eingereichten Vorschläge heraus: „Wir hätten durchaus noch den einen oder anderen Preis mehr vergeben können.“ Obwohl wie 2012 insgesamt wieder elf Forscherpersönlichkeiten geehrt wurden, gibt es 2013 aber nur zehn Preise. Zwei Wissenschaftler teilen sich einen Preis zur Hälfte mit je 1,25 Millionen Euro.
 
Hier die fünf Leibniz-Preisträger 2013 aus der Biomedizin im Kurzporträt:
 
Ivan Dikic (46), Biochemie/Zellbiologie, Universität Frankfurt am Main 
Ivan Dikic gehört bereits seit geraumer Zeit zu den international führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der molekularen Onkologie und der zellulären Signalweiterleitung. Er forscht vor allem zum Signalmolekül Ubiquitin, das beim Abbau von nicht mehr leistungsfähigen oder nicht mehr benötigten Zellproteinen eine entscheidende Rolle spielt. Mit diesen und anderen Arbeiten leistete Dikic entscheidende Beiträge zum besseren Verständnis grundlegender zellulärer Prozesse wie der DNA-Reparatur oder der angeborenen Immunität oder der von ihm erstmals beschriebenen sogenannten „selektiven Autophagozytose“. So fand Dikic unter anderem heraus, dass Autophagie auch bei der Abwehr einer Salmonellen-Infektion eine Rolle spielt (mehr...). Ivan Dikic ist kroatischer Staatsbürger. Er studierte in Zagreb Medizin, arbeitete als Postdoktorand an der New York University und in Uppsala/Schweden. Ab 2002 war Dikic zunächst Professor für Biochemie an der Universität Frankfurt, seit 2009 ist er Direktor des dortigen Buchmann Instituts für Molekulare Lebenswissenschaften und des Instituts für Biochemie II. 

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Mehr auf biotechnologie.de

Förderung: Leibniz-Preise 2012 für fünf Biowissenschaftler

Menschen: Erika von Mutius: Sucht die Stecknadel im Stall

Menschen: Vasilis Ntziachristos: Die nächste Generation der Bildgebung

Frank Glorius (40), Molekülchemie, Universität Münster 
Mit gerade 40 Jahren ist Frank Glorius einer der weltweit bedeutendsten Experten der Organischen Katalyseforschung. Dies gilt speziell für das Gebiet der Aktivierung von C-H-Bindungen. Mit diesen können gezielt Bindungen zwischen Kohlenstoffatomen erzeugt werden, was für den Aufbau komplexer organischer Moleküle, etwa für Pharmazeutika oder Pflanzenschutzmittel, aber auch bei Komponenten für neue Materialien oder für die Ernährung essenziell ist. Frank Glorius studierte Chemie in Hannover und am Max-Planck-Institut (MPI) für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr. Nach der Promotion in Basel forschte er zunächst in Harvard und erneut am Mülheimer MPI. Mit nur 32 Jahren wurde er Professor für Organische Chemie in Marburg, 2007 folgte er dem Ruf nach Münster. 

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Gottfried Wilhelm Leibniz Preis

Der Leibniz-Preis wird seit 1986 jährlich vergeben, seit Beginn des Programms sind mehr als 300 Leibniz-Preise vergeben worden.

Zu allen Preisträgern 2013 auf der DFG-Webseite: hier klicken

Peter Hegemann (57), Biophysik, Humboldt-Universität zu Berlin
Peter Hegemann kann als der Begründer eines der dynamischsten aktuellen Forschungsfelder in den Lebenswissenschaften angesehen werden: der Optogenetik beziehungsweise Neurophotonik. Ausgehend von frühen eigenen Forschungen an der einzelligen Grünalge Chlamydomonas wies Hegemann als erster nach, dass die unterschiedlichsten Zelltypen durch Licht „schaltbar“ sind, sobald sie mit einem bestimmten Lichtrezeptor-Protein – dem Kanalrhodopsin-2-Protein – ausgestattet sind. Seine – oft gemeinsam mit Karl Deisseroth aus Stanford – entstandenen Arbeiten können auch zur Therapie von neuronalen Krankheiten, die auf einer Beeinträchtigung von Sinneszellen beruhen, oder von Autismus und Schizophrenie beitragen. Nach dem Studium der Chemie in Münster und München promovierte Peter Hegemann am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, bevor er als Postdoktorand an die Syracuse University nach New York ging. Nach Stationen in München und Regensburg ist er seit 2005 Professor für Experimentelle Biophysik an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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Erika von Mutius (55), Kinderheilkunde, Allergologie, Epidemiologie, Klinikum der Universität München 
Die Medizinerin Erika von Mutius hat grundlegende Erkenntnisse über die Entstehung und damit auch für die Behandlung von Lungenerkrankungen im Kindesalter erzielt. Ausgehend von klinischen Beobachtungen hat sie groß angelegte epidemiologische Studien durchgeführt, die klare Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Krankheitsentstehung gezeigt haben. Ihre vielleicht wichtigsten Untersuchungen galten dem allergischen Asthma bei Kindern, dessen Häufigkeit seit etwa 30 Jahren ebenso kontinuierlich wie deutlich zunimmt. So hat Mutius zum Beispiel Hinweise gefunden, dass eine größere Vielfalt an Umweltmikroorganismen wie zum Beispiel auf Bauernhöfen gegen Asthma schützt (mehr...). Erika von Mutius´s Heimat als Wissenschaftlerin wie als Ärztin ist die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und das dortige Dr. von Haunersche Kinderspital, wo sie – unterbrochen von einem Forschungsstipendium an der University of Arizona in Tuscon/USA – von der Facharztausbildung für Pädiatrie über die Tätigkeit als Oberärztin und in leitenden Ambulanzfunktionen bis zur Habilitation alle wichtigen Stationen absolvierte. Seit 2004 ist sie Professorin für Pädiatrie an der LMU.

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Vasilis Ntziachristos (42), Biomedizinische Bildgebung mit optischen Methoden, Technische Universität München 
Vasilis Ntziachristos wird für seine Beiträge zur optischen Bildgebung ausgezeichnet. Mit ihnen hat er sowohl die Grundlagenforschung als auch die Möglichkeiten der Patientenbehandlung wesentlich beflügelt. In der Grundlagenforschung gilt sein besonderes Interesse der nicht-invasiven Anwendung optischer Verfahren wie der Fluoreszenz in größeren Strukturen oder im gesamten Körper von Säugetieren und dies auch noch als Ganzkörperbildung im dreidimensionalen Kontext. Hier konnte Ntziachristos sehr zielgerichtet neue tomografische Verfahren und die sogenannte Multiprojektionsillumination entwickeln, die auch quantitatives theoretisches Modellieren in Geweben erlaubte. Auch lässt sich die Photonenbildgebung mittlerweile nutzen, um Tumorgrenzen in endoskopischen und offenen Eingriffen zu zeigen und bösartiges Gewebe trennscharf zu entfernen (mehr...). In Griechenland geboren, studierte Vasilis Ntziachristos in Thessaloniki und promovierte an der University of Pennsylvania in Philadelphia. Danach war er als Assistant Professor in Harvard tätig. Seit 2007 hat er eine Professur für Biologische Bildgebung an der Technischen Universität München inne und ist zudem Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung am Helmholtz Zentrum München. 

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