Gendiagnostik: Gesetz regelt Umgang mit genetischen Daten

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Vorgeburtliche Genanalysen sind nach dem Gendiagnostikgesetz nur noch erlaubt, wenn es um Krankheiten geht, die dem Embryo direkt schaden könnten. Quelle: Roche

02.02.2010  - 

Das Gendiagnostikgesetz ist am 1. Februar in Kraft getreten. Acht Jahre, nachdem im Bundestag die Forderung nach einer Regelung genetischer Tests aufkam, gibt es nun eng abgesteckte Grenzen für den Umgang mit Informationen aus dem menschlichen Erbmaterial. Oberste Richtschnur ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen. Genetisches Tests sind somit nur nach Zustimmung erlaubt. Eltern, Arbeitgeber und Versicherungen dürfen nur in Ausnahmefällen einen Blick ins Erbgut anderer unternehmen. Zudem legt das Gesetz Qualitätsanforderungen an eine genetische Untersuchung fest.



Am 1. Februar sind umfassende Bestimmungen zum Umgang mit sensiblen genetischen Daten wirksam geworden. Dem vorausgegangen waren jahrelange parlamentarische Beratungen. Schon im Jahr 2002 war erstmals die Forderung aufgekommen, genetische Tests zu reglementieren. Mit den Stimmen der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD wurde das "Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen" schließlich am 24. April 2009 im Bundestag verabschiedet. Große Teile des Regelwerks sind nun in Kraft getreten.

Gendiagnostikgesetz

Der Inhalt des "Gesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen" ist im Bundesgesetzblatt vom 4. August 2009 veröffentlicht worden.

Zum vollständigen Text als pdf: hier klicken

Das sogenannte Gendiagnostikgesetz will zwei entgegengesetzte Bedürfnisse vereinbaren. Zum einen soll der Missbrauch sensibler genetischer Daten oder eine Diskriminierung aufgrund der DNA-Ausstattung verhindert werden. Zum anderen soll es jedem Einzelnen möglich sein, mehr über sich und sein Erbgut zu erfahren. Zusammenfassen lässt sich das im Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Dazu gehören sowohl das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu kennen (Recht auf Wissen) als auch das Recht, diese nicht zu kennen (Recht auf Nichtwissen). Mit dem Gendiagnostikgesetz werden die Bereiche der medizinischen Versorgung, der Abstammung, des Arbeitslebens und der Versicherungen sowie die Anforderungen an eine gute genetische Untersuchungspraxis geregelt.

Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken dürfen nur Ärzte vornehmen, nachdem sie die Betroffenen umfassend beraten haben. Lightbox-Link
Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken dürfen nur Ärzte vornehmen, nachdem sie die Betroffenen umfassend beraten haben. Quelle: Takeda Pharma

Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken in engen Grenzen erlaubt

Grundsätzlich dürfen genetische Untersuchungen nur durchgeführt werden, wenn die betroffene Person damit einverstanden ist. Kann sie das nicht selbst bestimmen, muss die genetische Untersuchung einen medizinischen Nutzen mit sich bringen. Unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann eine Analyse auch veranlasst werden, wenn ein Familienmitglied davon profitieren könnte. Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken müssen von einem Arzt durchgeführt werden. Dieser soll, und das wird im Gesetz besonders betont, auch eine umfassende Beratung leisten. Nicht nur bei der Diagnose bestehender Krankheiten, sondern vor allem bei denjenigen Untersuchungen, die eine Vorhersage für ein Erkrankungsrisiko erlauben, etwa bei ungeborenen Kindern. Hier ist eine Beratung vor und nach der Beratung vorgeschrieben.

Die Entstehung des GenDG

Bis das Gesetz in Kraft treten konnte, dauerte es mehrere Jahre. Hier die letzten Stationen des GenDG:

Bundeskabinett stellt Eckpunkte für ein Gendiagnostikgesetz vor

Gesundheitsministerium legt Entwurf für Gendiagnostikgesetz vor

Bundeskabinett billigt Entwurf für Gendiagnostikgesetz

Einigung bei Gendiagnostikgesetz

Vorgeburtliche genetische Untersuchungen sind nur erlaubt, wenn damit das Risiko für eine Erkrankung bestimmt wird, die den Embyro direkt oder kurz nach der Geburt betrifft. Die genetische Disposition für Krankheiten, die erst im Erwachsenenalter ausbrechen können, darf nicht bestimmt werden. Bei ungeborenen Kindern sind zudem reine Geschlechtsbestimmungen untersagt. Sie könnten zur Auslese führen, so die Befürchtung. Stellt der Arzt bei einem aus medizinischen Gründen vorgenommenen Test aber das Geschlecht fest, kann er es der Frau auf Wunsch nach Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche mitteilen. Weiterhin erlaubt bleiben pränatale Untersuchungen auf Behinderungen, wie die Ultraschalluntersuchung der Nackenfalte hinsichtlich des Down-Syndroms.

Unabhängige Kommission beim Robert-Koch-Institut

Heimliche Vaterschaftstests sind verboten und werden mit bis zu 5000 Euro bestraft. Eine Überprüfung der Abstammung darf nur mit Zustimmung des Kindes und des jeweiligen Elternteils durchgeführt werden. Ein vorgeburtlicher Vaterschaftstest kommt nur bei einer Schwangerschaft nach sexuellem Missbrauch oder einer Vergewaltigung in Frage und muss von einem Arzt vorgenommen werden. Bei anderen Verstößen sind bis zu 300 000 Euro Strafe möglich.

Gendiagnostikkommission

Bei der Umsetzung dews Gendiagnostikgesetzes soll eine am Robert-Koch-Institut beheimatete Fachkommission eventuelle auftauchende Detailfragen beantworten.

zur Gendiagnostik-Kommission: hier klicken

Arbeitgeber dürfen von ihren Angestellten oder Bewerbern grundsätzlich keine genetischen Tests verlangen.  Auch darf der Arbeitgeber die Ergebnisse einer im anderen Zusammenhang vorgenommenen genetischen Untersuchung nicht erfragen, entgegennehmen oder verwenden. Wenige Ausnahmen gibt es beim Arbeitsschutz, wenn zum Beispiel getestet werden soll, ob der Arbeitnehmer wegen einer genetischen Veranlagung allergisch auf eine Substanz am Arbeitsplatz reagieren könnte. Ähnlich wie Arbeitgeber dürfen auch Versicherungen nicht auf genetische Daten zurückgreifen. Allerdings darf die Versicherung bei hohen Versicherungssummen ab 300.000 Euro die Ergebnisse bereits vorgenommener Untersuchungen verlangen, um Betrugsversuche aufzudecken.

Nach § 23 des Gendiagnostikgesetzes wurde beim Robert Koch-Institut eine unabhängige Expertenkommission eingerichtet. Diese interdisziplinär zusammengesetzte Gendiagnostik-Kommission soll Richtlinien zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik, insbesondere zur Beurteilung genetischer Eigenschaften, zur Qualifikation von Personen zur genetischen Beratung, zu den Inhalten der Aufklärung und der genetischen Beratung, zur Durchführung von genetischen Analysen sowie an genetische Reihenuntersuchungen erstellen. Der Kommission gehören neben Sachverständigen aus den Bereichen Medizin, Biologie, Ethik und Recht auch Vertreter und Vertreterinnen und Mitglieder von Patienten-, Verbraucher- und Behindertenverbänden an. Die konstitutierende Sitzung hat am 30. November 2009 stattgefunden.

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