Debatte um PID geht in entscheidende Phase

Am 7.Juli steht die entscheidende Bundestagsdebatte zur Regelung der PID an. Noch ist der Ausgang offen. Die Parlamentarier können zwischen drei Gesetzesentwürfen entscheiden. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Am 7.Juli steht die entscheidende Bundestagsdebatte zur Regelung der PID an. Noch ist der Ausgang offen. Die Parlamentarier können zwischen drei Gesetzesentwürfen entscheiden. Quelle: Deutscher Bundestag/ Simone Neumann

29.06.2011  - 

Eine schwierige bioethische Debatte soll am 7. Juli ein Ende finden - zumindest aus politischer Sicht. Noch vor der Sommerpause wird der Bundestag über eine gesetzliche Regelung zur Präimplantationsdiagnostik abstimmen. Drei Gesetzesentwürfe stehen den Abgeordneten zur Auswahl. Einer davon will die PID strikt verbieten, ein weiterer Entwurf spricht sich für den Embryonen-Check im Reagenzglas aus. Zwischen den Pro und Contra-Anträgen liegt ein Vorschlag, der die PID nur dann erlauben will, wenn das akute Risiko einer Fehl- oder Totgeburt besteht. Einzelheiten diese Mittelwegs wurden erst kürzlich leicht abgeändert. Welcher Entwurf sich durchsetzt, ist noch völlig offen. 172 der 621 Abgeordneten sind offenbar noch unentschlossen. Bis zuletzt werben die Initiatoren der drei Entwürfe für ihre Vorschläge.

Noch vor der Sommerpause müssen sich die Bundestagsabgeordneten in einer umstrittenen bioethischen Debatte entscheiden: Soll die Auswahl von Embryonen mit Erbguttests künftig erlaubt sein oder nicht? Die Diskussion über eine Neuregelung der Präimplantationsdiagnostik (PID) war nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Leipzig vor einem Jahr in Gang gekommen. Der BGH hatte geurteilt, die PID sei nach dem 1991 in Kraft getretenen Embryonenschutzgesetz nicht grundsätzlich untersagt (mehr...). Damit wurde der Gesetzgeber in die Pflicht genommen, eine neue Regelung zu finden. Der Fraktionszwang im Plenum ist - wie bei bioethischen Debatten üblich - aufgehoben, die Bundestagsabgeordneten entscheiden allein nach ihrem Gewissen.

In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir, wie durch die PID Krankheiten bei Embryos entdeckt werden können.Quelle: biotechnologie.tvIn den vergangenen Monaten haben sich nun drei fraktionsübergreifende Parlamentarierlager herausgebildet, die jeweils eigene Gesetzesentwürfe vorgelegt haben. Bis zuletzt wurde an den Papieren gefeilt, um noch möglichst viele der 172 Abgeordneten, die sich noch nicht per Unterschrift auf einen Entwurf festgelegt haben, auf die eigene Seite zu ziehen.

Die Befürworter: PID-Zentren und Ethikkommission

Nach dem Gesetzesentwurf Pro-PID soll der Test eingeschränkt und für begrenzte Fälle erlaubt werden. Bisher haben 215 Abgeordneten diesen Antrag unterzeichnet. Zu den Initiatoren zählen Ulrike Flach (FDP) und Peter Hintze (CDU). Sie plädieren dafür, die PID im Einzelfall erst nach dem positiven Votum einer Ethikkommission an zugelassenen Zentren zu ermöglichen. Und zwar nur bei Paaren, die die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder bei denen mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. "Einer Frau Wissen über den Embryo vorzuenthalten, führt zur Schwangerschaft auf Probe", argumentiert Flach und versichert, auch die Befürworter öffneten nicht "alle Türen der PID". Geplant seien nur Ausnahmen bei grundsätzlichem Verbot. Erst kürzlich wurde der Gesetzentwurf auf Antrag der Gruppe noch einmal präzisiert: Demnach soll die Bundesregierung "durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates" die Anzahl und Zulassungsvoraussetzungen der PID-Zentren regeln. In der Rechtsverordnung sollen ferner die Details "zur Einrichtung, Zusammensetzung, Verfahrensweise und Finanzierung der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik" bestimmt werden. Zu den Befürwortern zählen etwa Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

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Die Gegner: Striktes Verbot

192 Abgeordnete um die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, und Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sprechen sich bislang in ihrem Gesetzesentwurf für ein striktes Verbot der PID aus. Viele Anhänger dieses Entwurfes befürchten, dass auch eine begrenzte Zulassung einen Dammbruch zur Folge hätte und Eltern mit behinderten Kindern rechtfertigen müssten. Sie warnen vor einer Zukunft mit Designer-Babys und Ausweitung der Tests auf andere Merkmale wie das Geschlecht der Kinder. "Lassen Sie uns gemeinsam verhindern, dass Menschen zu Richtern werden über lebenswertes und unlebenswertes Leben", so Günter Krings (CDU). Auch dieser Entwurf erhält über alle Fraktionen hinweg Zustimmung, so haben sich bislang unter anderem Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) zum strikten PID-Verbot bekannt.

Der Mittelweg: PID bei hohem Fehlgeburtsrisiko erlauben

Eine weitere Abgeordnetengruppe um Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), René Röspel (SPD) und Priska Hinz (Grüne) will das Verfahren "grundsätzlich" verbieten, in Ausnahmefällen aber "für nicht rechtswidrig" erklären. Die Fälle, in denen das gelten soll, wurden nun nochmals präzisiert. Eine PID soll demnach nur dann möglich sein, wenn die erbliche Vorbelastung der Eltern "mit hoher Wahrscheinlichkeit" eine Schädigung des Embryos erwarten lässt bzw. ”die mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Tot- oder Fehlgeburt führt“. Eine Passage, wonach eine PID auch erlaubt sei, wenn das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit im ersten Lebensjahr stirbt, wurde indes aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Eine solche Frist ließe sich medizinisch nicht hinreichend begründen, erläuterte die Röspel-/Hinz-Gruppe nach einer Expertenanhörung im Forschungsausschuss. Trotz seiner mittelnden Funktion hat dieser Gesetzesentwurf bislang die wenigsten Anhänger: Bisher haben sich 36 Abgeordnete per Unterschrift angeschlossen.

Die Unentschlossenen: Um sie wird geworben

Eine große Gruppe im Parlament hat sich noch für keinen der drei Entwürfe entschieden. Insgesamt 172 Abgeordnete gilt es noch zu überzeugen. Mit ihren Änderungen in letzter Sekunde versuchen alle drei Gruppen, noch neue Anhänger zu gewinnen. Unterdessen haben auch Mediziner und Naturwissenschaftler offiziell Stellung bezogen. Erst kürzlich haben sich die wissenschaftlichen Akademien klar auf die Seite der PID-Befürworter geschlagen (mehr...). Auch die Bundesärztekammer hat sich für eine Zulassung der PID in engen Grenzen ausgesprochen. In einem beim 114. Ärztetag Ende Juni verabschiedeten Memorandum heißt es, die PID solle nur Paaren angeboten werden, für deren Nachkommen ein hohes Risiko einer familiär bekannten und schwerwiegenden, genetisch bedingten Erkrankung besteht. Insgesamt gehen Experten davon aus, dass in Deutschland etwa 200 Paare pro Jahr Gebrauch von der PID machen würden.

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