Curt Beck: Leichtgewichte aus Holz

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Der Geschäftsführer des Dresdner Start-ups Lignotube, Curt Beck, hat eine Technologie entwickelt, um aus edlem Furnier Holzrohre herzustellen. Quelle: Curt Beck

22.06.2016  - 

Ob zum Möbelbauen, Dämmen oder Anheizen: Holz ist vielfältig einsetzbar. Die starre teils spröde Struktur des uralten Materials ist jedoch bis heute für Konstrukteure eine Herausforderung, die den industriellen Einsatz begrenzt. Curt Beck hat diese Grenze mit Hilfe eines neuartigen Verfahrens überwunden. Der Dresdner Verfahrenstechniker entwickelte eine neuartige Wickeltechnologie, um aus edlem Furnier Holzrohre herzustellen. Als Geschäftsführer des Start-ups „Lignotube “ sind Beck und sein Geschäftspartner, der Designer Robert Taranczewski, seit 2013 unterwegs, um die leichtgewichtigen und stabilen Furnierrohre auf den Markt zu bringen. Mit ihrem Design-Fahrrad nemus CAJALUM konnten sie zeigen, dass edles Gehölz nicht nur schön aussieht, sondern auch stabil und in der Herstellung nachhaltig ist.

Mit seinen 32 Jahren befindet sich Curt Beck buchstäblich auf dem „Holzweg“ –  das aber im besten Sinne des Wortes.  Denn das uralte Material inspirierte den gebürtigen Dresdner zu einer Idee, die dem Rohstoff neues Leben einhauchen soll. „Es ist und bleibt das älteste Konstruktionsmaterial, das der Mensch schon seit Jahrtausenden nutzt.  Diese starke Verknüpfung find ich so reizvoll“, unterstreicht Beck.  In Dresden geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen, blieb der Holz-Enthusiast seiner Heimatstadt auch während des Studiums treu. An der Technischen Universität studierte er von 2003 bis 2009 im Fachbereich Verfahrenstechnik  Holztechnik und entdeckte dabei seine Leidenschaft für das uralte Material: „Ich finde Holz altert einfach nicht. Man kann es immer wieder neu erfinden und neu verwenden.“

Holz in neue Form bringen

Während seiner Diplomarbeit zum Thema Wickeltechnologie kam Beck die Idee, Holz in neue Formen zu bringen. Er war überzeugt, dass mit der richtigen Technologie  mehr als nur Platten und Vierkante aus dem Material herauszuholen sind. Mit der gleichen Beharrlichkeit, mit der Beck bis dato als Kanute kraftvoll und ausdauernd Richtung Zielgerade gesteuert ist, feilte der Holztechniker während seiner wissenschaftlichen Arbeit im Labor der TU Dresden erfolgreich an einem Verfahren, um Rohre aus Holz herzustellen.

Die Lignotubes gibt es in verschiedenen Furnierhölzern. Auch Farbspiele sind möglich.Lightbox-Link
Die Lignotubes gibt es in verschiedenen Furnierhölzern. Auch Farbspiele sind möglich.Quelle: Lignotube

„Die Beharrlichkeit und Ausdauer eine Idee durchzusetzen, auch wenn Steine im Weg liegen, ist die wichtigste Erfahrung aus dem Sport“, sagt Beck.  Nach 15 Jahren Wassersport suchte der angehende Diplomingenieur parallel zur Arbeit im Labor auch sportlich eine neue Herausforderung und wechselte 2008 zum Triathlon. Auch hier zahlte sich das harte Training aus und wurde mit einer Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2011 in Hawai belohnt. Der Dresdner kam zwar ohne Medaille, aber mit reichlich Erfahrung zurück. „Für mich war das ein sehr schönes Erlebnis, um mich auszutesten.“

Mit dem Ehrgeiz eines Sportlers plante der Dresdner auch seine berufliche Karriere. Die von ihm entwickelte Technologie zur Herstellung von Holzrohren ebnete ihm den Weg in die Selbstständigkeit. Noch fehlte eine konkrete Anwendung, um Becks Holzrohre einem Praxistest zu unterziehen. Als sich 2010 sein Weg mit dem des Designers Robert Taranczewski kreuzte, wurde die Idee geboren, ein Fahrrad mit den neuartigen Holzrohren zu konstruieren. „Wir beide haben eine Affinität zu Fahrrädern. Robert hat alte Räder gesammelt und bei mir gehört Fahrradfahren zum Triathlon dazu“.

Praxistest für Holzrohre

Mit einem EXIST-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums in der Tasche legten die beiden Dresdner schließlich im Jahr 2012 los. In einem kleinen Raum in der Dresdner-Johannstadt bauten die beiden Sachsen den Prototypen ihres Holzfahrrads.  Die größte Herausforderung dabei: Die Holzrohre mit den Rahmenteilen aus Aluminium zu verbinden. „Das Fahrrad war ein gutes Beispiel. Da konnte man zeigen, dass es stabil und leicht ist sowie gut ausschaut.“ Sie nannten ihre neuartigen Leichtbaurohre Lignotubes und gründeten 2013 das Start-up „Lignotube“, um die neuartige Technologie weiter voranzutreiben.

Die Entwickler vor dem Designfahrrad nemus: Curt Beck und sein Geschäftspartner Robert Taranczewski Lightbox-Link
Die Entwickler vor dem Designfahrrad nemus: Curt Beck und sein Geschäftspartner Robert Taranczewski Quelle: Lignotube

Wickeltechnologie garantiert Reproduzierbarkeit

Für die Herstellung der Rohre werden Beck zufolge vorwiegend europäische Hölzer wie Esche und Eiche verwendet. Aus moralischen und ethischen Gründen verzichten sie auf tropische Hölzer.  Das Holz, in hauch dünne Bögen von etwa einem halben Millimeter Stärke geschnitten, wird Lage für Lage um einen Wickelkern gewickelt und dabei miteinander verklebt. Die daraus entstehenden „Lignotubes“ sind dünnwandig Rohre und damit leicht aber gleichfalls stabil. „Die Stabilität kommt zum einem aus der Verklebung und zum anderen aus der Geometrie des Holzes“, erklärt Beck. Außerdem kann die Wandstärke der Rohre je nach Anwendung angepasst werden. Auch die übliche „Quelleigenschaft“ des Holzes hält sich bei dem Furnierholz in Grenzen. Der entscheidende Vorteil aber ist: mit Hilfe der von Beck entwickelten Technologie sind Eigenschaft und Maße des Holzrohres jederzeit reproduzierbar.

Neue Holzprodukte mit Mehrwert schaffen

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Damit sind die „Lignotubes“ nicht nur für Möbelbauer oder Lampenhersteller interessant.  Sie könnten auch eine Alternative zu Alu-, Kunststoff- und Metallrohren sein und in Sportgeräten oder Musikinstrumenten eingesetzt werden. Trotz der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten geht es den Jungunternehmern aber um einen sinnvollen Einsatz. „Man muss nicht alles aus Holz machen. Wir wollen neue Produkte schaffen, die einen Mehrwert gegenüber dem massiven Vollholzstab bieten“, betonen sie. Inzwischen werden die Lignotubes nicht nur im eigenen Designfahrrad eingesetzt, das 2013 mit dem Red Dot Design Award und 2014 mit dem Deutschen Designpreis in Silber ausgezeichnet wurde. Auch als stilvolle Hängelampe überzeugen die edlen Holzrohre.

Viereckprofile aus Holz im Visier

Noch stehen die Macher von Lignotube jedoch am Anfang. Ihre Produkte sind im oberen Preissegment angeordnet und anspruchsvollen Liebhabern vorbehalten. Die Erfindung aus Sachsen kommt insbesondere bei Kunden in Skandinavien, den Beneluxstaaten und Italien gut an. Als nächstes will Curt Beck das Material Holz noch weiter ausreizen und zukünftig nicht nur runde Rohre, sondern auch Viereckprofile aus Furnierholz fertigen. „Die Vision ist, dass das Holzrohr weltweit bekannt und als Standardprodukt bei der Konstruktion verwendet wird“, so Beck nicht ohne Ehrgeiz.  Die Vorteile der Technologie für die industrielle Fertigung liegen auf der Hand: „Wenn die Technologie ausgebaut ist, dann kann sie preisgünstiger sein. In unserem Holzrohr steckt wesentlich weniger Energie als in einem Stahl- oder Alurohr. Denn wir verwenden den Rohstoff Holz pur und erhalten damit den CO2-Speicher.“

Für seinen Sport bleibt dem Geschäftsmann derzeit nur wenig Zeit, nicht wegen der Firma. Im Mai ist Beck erstmals Vater geworden. Doch so die Zeit da ist, zieht es ihn zum Training in die Dresdner Heide. Das von ihm gebaute Designfahrrad bleibt dafür aber im Keller. „Das ist ein Sammlerstück und wird nur zu bestimmten Anlässen genutzt. Der ideelle Wert ist einfach zu hoch.“

Autorin: Beatrix Boldt

© bioökonomie.de/bb

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